KAPITEL I
SCHWANGERSCHAFT
Wenn es mir auch (1973-74) nicht möglich war, Schwangerschaftsverläufe und ihre Riten selbst zu beobachten, so stimmen doch die ausführlichen und unabhängigen Berichte von vier Informanten (G. Achaw, L. Amoak, R. Asekabta, A. Akanbe) so stark überein, dass die unten aufgezeichneten Beschreibungen nicht weit von der Norm abweichen dürften. Da jedoch alle vier Informanten aus dem Raum Wiaga-Sandema stammen, könnten besonders für den südlichen Teil des Bulsalandes (Fumbisi, Kanjaga u.a.) noch lokale Varianten zu finden sein.
1. ZEUGUNG UND UNFRUCHTBARKEIT
Eine Schwangerschaft entsteht nach Bulsa-Auffassung nur durch Geschlechtsverkehr, und zwar kann ein einziger Beischlaf schon für die Schwängerung ausreichen. Nach alter Auffassung wird das Kind aus dem Samen des Mannes gebildet, die Frau gibt dem neuen Lebewesen nur Wärme und andere notwendige Lebensbedingungen.
Kinder können nur durch Verkehr mit lebenden Personen gezeugt werden. Allerdings ist Schwängerung durch Ahnen (kpilima puuk) möglich, und der Bauch der Frau schwillt an wie bei einer echten Schwangerschaft. Die Ahnenschwangerschaft kann jedoch nie zu einer Geburt führen. Medizinisch gesehen handelt es sich hier nach Aussage des Krankenpflegers G. Achaw wohl um Bauchwassersucht (Ascites).
Früher glaubte man, dass, abgesehen von der Impotenz des Mannes, nur die Frau unfruchtbar sein kann. Heute kann es vorkommen, dass {36} sich beide Ehepartner gegenseitig die Schuld geben, wenn der Kindersegen trotz durchgeführten Geschlechtsverkehrs ausbleibt.
Gebiert eine Frau keine Kinder, so geht ihr Gatte zum Wahrsager (baano, Pl. baanoba). Dieser kann als Ursache etwa einen der folgenden Gründe herausfinden:
1. Es gibt äußere Gründe für die Unfruchtbarkeit der Frau, z.B. eine feindliche oder missgünstige Umgebung, wenig wohlgesinnte Geister oder Ahnen, Hexerei, Schadenzauber usw. In diesen Fällen kann durch Abwehrzauber, Bestrafung der Schuldigen, Opfer oder Neugründung eines Hauses die ersehnte Erstgeburt herbeigeführt werden.
2. Die Frau ist körperlich unfruchtbar. In diesem Fall kann gewöhnlich nichts mehr getan werden, um eine Geburt herbeizuführen, wenn auch mancher Gatte versuchen mag, durch Opfer an die Ahnen oder durch bestimmte Mittel das Schicksal umzugestalten. Eine Frau wird gewöhnlich erst dann an ihre eigene körperliche Unfruchtbarkeit glauben, wenn sie mit mehreren Männern zusammengelebt hat und bei nachgewiesener Fruchtbarkeit des Mannes keine Kinder bekommen hat.
3. Die wena [Endnote 1] der beiden Ehepartner stimmen nicht überein . So erklärt sich auch die Tatsache, dass unfruchtbare Frauen gerne ihren Ehepartner wechseln, um schließlich doch noch den richtigen Partner für ihr wen zu finden, wenn auch eine Frau nie wegen Unfruchtbarkeit von ihrem Mann entlassen werden darf.
Zieht eine unfruchtbare Frau es vor, bei ihrem Mann zu bleiben, so kann sie ein Mädchen (doglie) aus ihrer Verwandtschaft kommen lassen und später ihrem Mann zur Frau geben, um dann selbst über die Kinder dieses Mädchens eine gewisse Oberaufsicht auszuüben [Endnote 2].
Ist es offenkundig, dass die ausbleibende Schwangerschaft auf die Impotenz des Gatten zurückzuführen ist, so kann dieser einen klassifikatorischen Bruder bitten, den Beischlaf mit der Frau zu vollziehen. Obwohl dieses Verhalten allgemein geduldet wird, ist das Verhalten der beiden doch kabong, die schlimmste Form eines Ehebruchs (s.u.) und das Hühnchen-Ritual (kabong-fobka) muss in regelmäßigen Abständen durchgeführt werden. Als Vater (pater) im sozialen Sinn gilt später der rechtmäßige Gatte.
Unfruchtbarkeit gilt besonders für die Frau als Schande und bringt ihr einen Statusverlust ein. Auch Frauen mit Schulbesuch empfinden Kinderlosigkeit oft als unerträgliche Schmach. Eine junge in Takoradi wohnhafte Frau schämte sich lange, in ihr Heimatdorf Sandema zurückzukehren, da sie als einzige unter ihren früheren Mitschülerinnen noch keine Kinder hatte. Obwohl sie ihren Mann liebte {37}und es keinerlei Streit gab, verließ sie ihn und heiratete einen Mann, der schon von einer anderen Frau viele Kinder hatte. Als sie wiederum nicht schwanger wurde, verließ sie ihn auch und lebt nun allein. Sie beschließt ihre aufgezeichnete Lebensgeschichte mit den folgenden Sätzen:
… I [Endnote 3] all the time talk to them (my friends) to help me, how I may get a child. Some of them say I should try to keep with a different tribe and see what will come. Since I don’t have a child, I think my future may be miserable, because, when I grow old, I may have no one to help me… Because of this I don’t visit my school mates, who were my friends in school. This present time I only think how I will get a man who can get me pregnancy to have a child in the future.
Die Erzählerin verschweigt, dass unfruchtbare Frauen häufig – besonders wenn andere Frauen ihres Mannes Kinder haben – für Unglücksfälle im Haus verantwortlich gemacht werden und leicht der Hexerei bezichtigt werden, da sie angeblich aus Neid den glücklicheren Frauen Schaden zufügen wollen.
Nach M. Arnheim aus Gbedema wird die Leiche einer kinderlosen Frau durch die Hinterwand des Gehöfts zum noai-boka Ritual hinausgetragen (va nanggaang jo, ‘durch den nanggaang eintreten’. Die Wand muss zu diesem Zweck an einer Stelle niedergerissen werden (nag parik jo, ‘die Außenwand einschlagen und passieren’). Nach dem noai-boka Ritual wird die Leiche durch den Haupteingang wieder ins Gehöft getragen. Das Loch in der Hinterwand wird sofort wieder verschlossen.
2. SCHWANGERSCHAFT UNVERHEIRATETER FRAUEN
Wird ein Mädchen schwanger, ohne dass sie verheiratet ist, so wird man ihr schnell einen Gatten besorgen, den sie noch vor der Geburt des Kindes heiratet. In dem polygamen System der Bulsa bereitet es keine Schwierigkeiten, einen Mann für das schwangere Mädchen zu finden, und voreheliche Geburten sind wohl in der traditionellen Gesellschaft recht selten.
Die neuere Zeit, in der ein Großteil aller Kinder eine Schule besucht, hat Gelegenheiten für neue Komplikationen geschaffen. Schwangere Schülerinnen verlassen gewöhnlich die Schule und auch die Eltern sind oft über eine solche Schwangerschaft erzürnt, nachdem sie während der Schulzeit auf die Arbeitskraft des Mädchens verzichtet haben und vielleicht von einer modernen Karriere ihrer Tochter geträumt haben.
Nach einer Heirat werden in rechtlicher, wirtschaftlicher und religiöser Hinsicht keine Unterschiede zwischen den leiblichen Kindern des Vaters und dem Kind der schwangeren Braut gemacht. Das vorehelich gezeugte männliche Kind kann später den Ahnen des Gatten der Mutter opfern, es kann Hausherr (yeri-nyono) werden und in vollem {38} Maße erben. Falls die schwangere Frau in ein Häuptlingshaus geheiratet hat, kann ihr Sohn sogar Häuptling werden.
Kommt ein Kind zur Welt, bevor die Mutter einen Mann geheiratet hat, so bleibt das Kind bei den Eltern der jungen Mutter und wird auch von diesen versorgt. Hiermit erlöschen auch alle Rechtsansprüche des Vaters (genitor) an dem Kind. Heiratet die Mutter, so bleibt das Kind meistens, wie es mir auch in einigen Fällen bekannt ist, im Elternhaus der Mutter, obwohl die Möglichkeit besteht, dass der neue Gatte es als sein Kind “adoptiert”. Über die rechtliche Stellung eines solchen Kindes, dessen Zeuger mit Sicherheit nicht der Gatte der Mutter ist, konnte ich keine ganz klaren Auskünfte bekommen, da sich oft der “pater” auch als “genitor” ausgibt. In letzterem Fall genießt das Kind natürlich die vollen Rechte eines ehelichen Kindes. In der Praxis haben solche vorehelich gezeugten und geborenen Kinder nicht das gleiche Ansehen wie ehelich gezeugte und sind mitunter, besonders bei Streitigkeiten, dem Spott ihrer Halbgeschwister aufgesetzt.
3. ERKENNUNG UND VERKÜNDIGUNG DER SCHWANGERSCHAFT
Den Bulsa-Frauen sind die üblichen Symptome für eine einsetzende Schwangerschaft bekannt: Ausbleiben der Menses, Morgenkrankheit, Schwindel, Anschwellen der Brüste und des Bauches, Dunkelfärbung der Brustwarzen, Änderung des Appetits und der Essgewohnheiten usw. Erst wenn die Menstruationen drei Monate lang ausbleiben, benachrichtigt der Gatte einige erfahrene Frauen, die die “Schwangere” untersuchen und das Ergebnis dem Gatten, nicht aber der Schwangeren selbst mitteilen. Die der Schwangerschaft verdächtigte Frau kann auch unter irgendeinem Vorwand von der Mutter ihres Gatten zu ihrem eigenen Elternhaus geschickt werden, und man überlässt es den Frauen dieses Hauses, die Schwangerschaft festzustellen. Wird eine Schwangerschaft vermutet, so geht der Gatte (nach anderen Informationen kann es auch der Vater des Gatten sein) zum Wahrsager. Dieser findet folgende Dinge heraus:
1.Ist die Frau wirklich schwanger?
2.Welche Frau soll bei vorhandener erster Schwangerschaft die Zeremonie des Wasserschüttens (poi-nyatika, Endnote 3a) ausführen? {39}
3. (eventuell:) Welche besonderen Tabus hat die Schwangere zu beachten?
Sobald der Gatte wieder zu Hause ist, opfert er seinen Ahnen Hirsewasser. Dann informiert er den Gatten der Frau, die die Zeremonie des Wasserschüttens (poi-nyatika oder logi-nyatika) ausführen soll, und man legt auch den Tag fest. Die benachrichtigte Frau stammt immer aus der Linie des Gatten der Schwangeren, gewöhnlich ist es eine Schwester (seltener eine Nichte) dieses Gatten [Endnote 3b]. Sie muss selbst verheiratet sein und außerhalb ihres elterlichen Hauses leben. Die Schwangere darf vom Ergebnis des Wahrsagerbesuches und den Verhandlungen mit den Verwandten nichts erfahren.
Am Vorabend des festgesetzten Tages kommt die Schwester des Gatten zu fortgeschrittener Stunde, oft gegen Mitternacht, und hält sich den Augen der Schwangeren verborgen. Sie hat sich vorher bereits die erforderlichen rot-schwarzen Hüft- und Halsschnüre und eine schwarze Kalebasse [Endnote 3c] besorgt, die vorher nie gebraucht worden sein darf. Oft schon auf ihrem Weg zum Gehöft schöpft die “Schwester” aus einem Fluss, der auch in der Trockenzeit nicht austrocknet, etwas Wasser. Sie darf nur einmal schöpfen, auch wenn sie danach merkt, dass es zu viel oder zu wenig Wasser ist. Auf ihrem Weg zum Gehöft der Schwangeren darf sie keinen Tropfen Wasser verschütten, denn das würde eine Fehlgeburt anzeigen (oder bewirken?). Auf das Wasser legt sie einige Blätter (cham-vaata) eines jungen Schibutterbaumes (Butyrospermum parkii). Sie kann am Gehöfteingang vom Gatten der Schwangeren empfangen werden, der ihr dann auch den Schlafplatz der Schwangeren zeigt. Einige Informanten berichten, dass der Gatte zwar eingeweiht ist, gewöhnlich aber bei der nächtlichen Ankunft seiner Schwester schon neben seiner Frau liegt. Kein anderer darf bei diesem Ritual anwesende sein.
Die “Schwester” geht auf die Schlafstelle zu und sagt dreimal: Ma yaaka ni miena (Ich liebe euch alle). Nach der vereinzelten Aussage eines Informanten aus Sandema-Kobdem sagt sie: N nyati fu puuka (Ich verkünde deine Schwangerschaft). Dann schüttet sie rasch das Wasser aus der Kalebasse in drei Güssen auf die Schlafende [Endnote 4], wirft auch die leere schwarze Kalebasse auf sie und versucht, schnell zu entkommen, denn wenn sie von der Schwangeren gesehen wird, muss sie (die “Schwester”) sterben. Nach anderen Informationen (R. Asekabta) ist {40} auch das Leben der Schwangeren und ihres Gatten gefährdet. Die erwachte Ehefrau täuscht Unkenntnis der Sachlage vor, beschimpft die Wasserschütterin und versucht, sie zu fangen. Diese hat sich jedoch schon längst in einem anderen Teil des Gehöfts in Sicherheit gebracht.
Am nächsten Tag in der frühen Morgendämmerung (nach L. Amoak um 4.30 Uhr) kommt die “Schwester” zu dem Schlafraum der Schwangeren, klopft an die Wand und ruft dreimal den Namen der Schwangeren mit dem Zusatz:
Nyin peelim, ate n pon fi zuku ate fu. Jinla de ate ku a cheng, fi ka nipok kpak yogla. Komm heraus, damit ich deinen Kopf für dich schere. Ab heute bist du eine alte Frau.
Hierauf rasiert ein Haarschneider, den man für diese Uhrzeit hat kommen lassen, den Kopf der Frau, die zum ersten Mal schwanger ist, völlig kahl, und die “Schwester” legt ihr die rot-schwarze [Endnote 5] Schnur mehrfach um die Hüften und eine ebensolche um den Hals. Nun sagt man der Schwangeren, dass sie schwanger ist, und jeder kann in ihrer Anwesenheit ihre Schwangerschaft erwähnen. Sieht man eine Frau mit den rot-schwarzen Hüft- und Halsschnüren, so kann man sie beschimpfen und ihr alles auf den Kopf zusagen [Endnote 6].
Für die Wasserschütterin und den Haarschneider bereitet der Gatte T.Z. (Hirsebrei) und ein Perlhuhn. Den Rest des Perlhuhns nimmt die “Schwester” mit anderen Geschenken (z.B. Kolbenhirse) und der schwarzen Kalebasse mit nach Hause. Der Rest des Huhnes ist für ihren Gatten bestimmt.
Als Kenkenni, die Frau meines Assistenten Danlardy, schwanger wurde, ging sie mit ihrer Schwiegermutter, einem Perlhuhn und einer Portion Hirsebrei (saab) von ihrem Haus im Zentrum von Wiaga nach Adeween Yeri (oder Asik Yeri), dem traditionellen Gehöft der Familie ihres Gatten in Badomsa. Obwohl das Ehepaar gewöhnlich in einem Bett schläft, schliefen die Eheleute in der folgenden Nacht auf einer Strohmatte und waren nur mit dem freien Ende dieser Decke zugedeckt. Vorher hatte man schon Adeweenlie, eine Tochter von Danlardys VaBr bestellt. Nachts, als die Eheleute eingeschlafen waren, sprenkelte sie Wasser, in dem die Blätter des Schibutterbaums schwammen, viermal über Kenkenni. Den Rest des Wassers schüttete sie über ihre Füße. Am nächsten Morgen wurde der Kopf Kenkennis völlig kahl geschoren. Den mitgebrachten Hirsebrei teilten sich Kenkenni und Adeweenlie. Die Kleidung, die Kenkenni zu diesem Zeitpunkt trug, musste sie Adeweenlie schenken. Auch das Kind, das später aus dieser Schwangerschaft geboren wurde, “gehörte” Adeweenlie.
Es kann vorkommen, dass die für die Zeremonie des Wasserschüttens vorgesehene Verwandte durch Krankheit oder eine Reise verhindert ist. Sie kann dann durch eine andere Frau vertreten werden. Ein Schulabsolvent aus Sandema-Kalijiisa hatte für das poi-nyatika seiner schwangeren Frau die Tochter des Bruders seines Vaters vorgesehen, die auch Schulabsolventin und Christin ist [Endnote 7] . Da diese jedoch krank wurde, führte ihre Schwiegermutter aus Kobdem diese Zeremonie aus. Alle Rechte über das erstgeborene Kind liegen jedoch bei der etwa 25jährigen Schulabsolventin.
{41} Drei Tage (bei einem Jungen ) bzw. vier Tage (bei einem Mädchen) nach der Geburt des ersten Kindes wird die Wasserschütterin vom Gatten der jungen Mutter über die Geburt informiert. Sie schickt der Wöchnerin etwas Salz, Dawadawa und eine neue Kalebasse, aus der das Kind später trinken soll.
Ist das erstgeborene Kind ein Mädchen, so wird es oft schon in sehr jungem Alter, aber stets nach der Entwöhnung, als doglie [Endnote 8] in das Haus der Wasserschütterin geschickt. Ist das Mädchen herangewachsen, so wird es gewöhnlich von seiner Vatersschwester deren Gatten zur Frau gegeben. Ist das erstgeborene Kind ein Junge, so beschafft die Vatersschwester ihm einen kleinen Holzbogen (biliok tom) mit einem Pfeil, die ein Hinweis dafür sein sollen, dass er einmal Eigentümer eines Hauses sein wird. Heutzutage bekommt der Junge auch ein Stück Tuch als Geschenk. Dafür ist er später verpflichtet, seiner Tante zu helfen, wenn diese ihn anfordert. Sobald der Junge laufen kann, gibt man ihm diese Waffen zum Spielen.
4. TABUS UND VERHALTENSVORSCHRIFTEN
Sofort nach der Verkündigung der Schwangerschaft treten für die Schwangere eine ganze Reihe von Vorschriften auf, die man nur mit Einschränkung als Tabus bezeichnen kann, da sie auch von den Praktizierenden oft nur als medizinische Vorsichtsmaßnahmen bezeichnet werden.
a) Speiseverbote
Als Grund für die folgenden Speiseverbote wird oft angegeben, dass durch den Genuss dieser Speisen das Kind im Mutterleib zu dick wird und dadurch die Geburt schwieriger wird. Andere Nahrungsmittel, z.B. “kalte” Dinge, können dem Kind und der Mutter direkt schaden.
Folgende Speisen sind für die Schwangere verboten:
frisches Fleisch (getrocknet erlaubt),
frischer Fisch (getrocknet erlaubt),
Eier (Während wenigstens in früherer Zeit der Genuss von Eiern {42} des gewöhnlichen Huhns allen Frauen verboten war, ist der Schwangeren auch der Genuss von Perlhuhneiern verboten),
Milch,
“kalte” Nahrung oder Nahrung vom Vortage,
einige Gemüsearten (?).
Honig (Nach Genuss von Honig wird die Nase des Kindes die Geburt blockieren. Auch nach der Geburt bis zur Entwöhnung des Kindes isst die Frau keinen Honig [Endnote 9].
Kurz vor der Geburt darf die Schwangere auch keine Erdnüsse mehr essen. An Getränken darf sie nur Wasser zu sich nehmen, das durch einen Aschefilter (katuak) gelaufen ist und dadurch einen bitteren Geschmack gewonnen hat [Endnote 10]. Deshalb wird es oft mit vinegar (Essig) übersetzt (Buli: kaam oder katuak). Aus diesem bitteren Wasser bereitet man den Schwangeren zusammen mit grünen Blättern, Dawa-Dawa, Salz und Pfeffer eine Suppe, die auch den Namen katuak trägt und zusammen mit Hirsebrei (T.Z.) zur Hauptnahrung der Schwangeren und der Wöchnerin gehört. Die Suppe katuak wird auch ohne besonderen Anlass von der ganzen Familie gegessen; sie soll ein gutes Mittel gegen Magenschmerzen sein. Mir wurde jedoch vor meinem Einzug in ein Bulsa-Gehöft von christlichen Missionaren dringend vom Genuss dieser Suppe abgeraten, da sie für Europäer nur schwer verträglich sei.
b) Sichtverbote
Gleich nach der Verkündigung der Schwangerschaft geht der Gatte zum Elternhaus seiner Frau und bittet seinen Schwiegervater, zum Wahrsager zu gehen. Nach anderer Information kann der Gatte oder der Vater des Gatten auch selbst den Wahrsager besuchen; mitunter kann die Frage nach den tabuierten Personen gleichzeitig beim ersten Wahrsagerbesuch vor der Verkündigung der Schwangerschaft gestellt werden. Der Wahrsager findet jedenfalls heraus, welche lebenden oder verstorbenen Personen die Schwangere nicht sehen darf. Entdeckt er, dass die Frau z.B. den bogluk eines Vorfahren ihres Gatten nicht sehen darf, so nimmt man einen großen Strohdeckel (sampowuuk, Pl. sampowuuta), wie sie zum Abdecken der Getreidespeicher verwendet werden, und verdeckt damit den bogluk des Ahnen (siehe Foto). Nach Auskunft eines Informanten ist es gewöhnlich der verstorbene Urgroßvater in patrilinearer {43} Abstammung, seltener der Großvater (patrilinear) der Schwangeren, deren bogluta sich natürlich im Gehöft der Eltern der Schwangeren befinden. Ein anderer Informant behauptet, dass es immer der Ahne ist, der im Kinde wiedergeboren wird, aber auch diese Auskunft konnte nicht durch andere Berichte erhärtet werden.
Im Gehöft Asik Yeri (oder Adeween Yeri) darf eine (auswärts) verheiratete Frau den Ahnenschrein ihres VaVaVa (Adeween) seit ihrer Schwangerschaft nicht sehen. Dieses Tabu galt auch noch, nachdem sie schon zwei Kinder geboren hat. Bei Besuchen in ihrem Elternhaus wird der wen-Stein des Schreins mit einigen Strohhalmen verdeckt (siehe Foto).
Von den lebenden Personen scheinen besonders häufig andere Frauen des Gatten der Schwangeren unter das Sichtverbot zu fallen. Eine solche Frau kann etwa für die Zeit der Schwangerschaft in ihr eigenes Elternhaus zurückkehren. Ist die tabuierte Person ein Mann, so bleibt die Schwangere meistens in ihrer Abteilung des Gehöftes und wird diese nur durch einen Hinterausgang über die Mauer verlassen, um ihre Notdurft zu verrichten. Darf die Schwangere eine Person ihres Elternhauses nicht sehen, so wird sie gewöhnlich dieses Haus nicht aufsuchen, während es sonst durchaus üblich ist, dass die Schwangere eine längere Zeit in ihrem Elternhaus zubringt, auch wenn das Kind nicht dort geboren werden soll.
Da es die Auffassung gibt, dass das ungeborene Kind durch die Augen der Mutter schaut, ist es nicht eindeutig, ob die hier behandelten Sichtverbote Tabus der Mutter oder des Kindes sind. Falls von der Schwangeren eins dieser Tabus missachtet wird, so kann dies zu ihrem Tod oder zum Tod des ungeborenen Kindes fuhren.
c) Verhaltensvorschriften für die Schwangere
Obwohl die Schwangere bis kurz vor der Geburt ihre täglichen Arbeiten verrichtet, rät man ihr, sich körperlich etwas zu schonen, z.B. nicht zu laufen oder zu tanzen, weil dieses zu einer Frühgeburt führen kann. Sie soll möglichst ihre Knie gestreckt halten. Deshalb darf sie nicht zu häufig auf einem Stuhl sitzen, sondern soll sich mit gespreizten Beinen auf den Boden setzen. Nachts darf sie nur auf der rechten oder linken Seite schlafen, nicht auf dem Bauch oder dem Rücken. Das Tragen von Stöckelschuhen wird auch von Mütterberatung der Krankenstationen verboten. Geschlechtsverkehr mit ihrem Gatten bis etwa zum 7. oder 8. Monat ist der Schwangeren nicht nur erlaubt, sondern wird sogar empfohlen, da hierdurch eine leichte Geburt bewirkt wird.
Die Schwangere darf über kein Blut gehen und bei keiner Geburt helfen. Totengedenkfeiern darf sie zwar besuchen, darf dort aber keine Geschenke verteilen [Endnote 11].
{44} Wenn der Bauch der Schwangeren angeschwollen ist, soll sie häufig am Mörser stampfen, weil dies als eine Art Gymnastik angesehen wird.
d) Vorschriften für den Gatten
Der Gatte der Schwangeren muss während der Schwangerschaft folgende Vorschriften einhalten:
1. Er darf bei der Jagd bestimmte wilde Tiere nicht töten. In den unveröffentlichten Feldnotizen von R. Schott werden als wilde Tiere, die unter dieses Verbot fallen, aufgeführt: Buschkuh, Büffel, Schwein, Löwe und Leopard. Falls der Mann einer Schwangeren doch ein solches Tier getötet hat, wird er versuchen, die “Schuld” auf einen anderen Schützen zu schieben. Anderenfalls würde das Kind bei der Geburt sterben [Endnote 12].
2. Der Gatte darf keine neue Lehmhütte bauen. Bei Zuwiderhandeln wird die Frau selbst während der Geburt sterben [Endnote 13].
3. Er darf keine Geschenke bei Bestattungsfeiern geben.
4. Er darf den Eltern seiner Frau keine Geschenke machen. Hierzu gehören auch Zahlungen, die mit der Heirat verbunden sind, z.B. das “Schließen des Tores” (nansiung lika). Wenn der Gatte während der Schwangerschaft das “Tor schlösse”, so würde er nach R. Schott [Endnote 14] damit das Kind im Leibe seiner Frau einschließen.
5. Er darf keine Arbeiten im Elternhaus seiner Frau verrichten. Die Tabus des Gatten sind automatisch mit der Ausführung der Frau nach der Geburt aufgehoben.
Ein Teil dieser Verbote und Vorschriften lässt sich durch den zwischenzeitlichen (Übergangs-) Zustand der Schwangeren erklären. Bei Zahlungen (z.B. für die nansiung lika) ist nicht sicher, ob diese Zahlungen für eine noch kinderlosen Ehefrau oder eine Mutter verrichtet werden sollen. Dieses Dilemma wird durch die Tabuisierung aller Zahlungen in diesem Zustand neutralisiert.
5. SCHWANGERSCHAFTSZEREMONIEN NACH HÄUFIGEN FEHLGEBURTEN
Hat eine schwangere Frau vorher mehrere Fehlgeburten gehabt, so kommt dieselbe Frau, die während der ersten Schwangerschaft die poi-nyatika Zeremonie ausgeführt hat, noch einmal in das Gehöft und legt ihr nach Feststellen der Schwangerschaft eine ungefärbte Hüftschnur um die Hüften. (Die Zeremonie des Wasserschüttens fällt diesmal fort).
Falls später eine Tochter geboren wird, so trägt sie auch eine Zeitlang, mitunter bis zu ihrer Beschneidung, eine ungefärbte Hüftschnur {45} und sie ist ihrer Vatersschwester vielleicht noch stärker verbunden als das Mädchen, das nach einer ersten Schwangerschaft geboren wird. Wenn sie den Gatten ihrer Vatersschwester oder den von dieser ausgesuchten Mann nicht heiraten will, kann sie zu ihren Eltern zurücklaufen. Sie muss aber während ihrer eigenen Schwangerschaft im Hause der Vatersschwester sein {46}.
ENDNOTEN (SCHWANGERSCHAFT)
1 Zum Begriff des wen: s. Verzeichnis einiger Buli-Begriffe, S. {392}.
Wenn die wena der beiden Ehepartner nicht übereinstimmen (wena kan siagi) oder sich nicht vertragen, zwingen sie die Personen durch Konflikte, Krankheiten, Unglücksfälle usw., sich voneinander zu trennen.
2 Das Mädchen nimmt die Stellung einer doglie ein. Vgl. Verzeichnis einiger Buli-Begriffe, S. {388}. Diese Einrichtung wurde ausführlich beschrieben und analysiert von B. Meier 1992, 1997 und 1999.
3 In den englischen Zitaten aus Bulsa-Lebensläufen wurde die Rechtschreibung eingebessert, fehlerhafter Ausdruck blieb erhalten, soweit der Satz verständlich ist, andernfalls werden in Klammern Berichtigungen oder Erklärungen gegeben. Teile der Lebensläufe zu diesem Thema wurden 1997 (S. 68-74) von F. Kröger veröffentlicht.
3a Nyati 1. erkennen, 2. verkünden. Die Wurzel nya bedeutet “sehen”, poi 1. Bauch, 2. Schwangerschaft (synonym mit puuk?).
3b Als VaSw trägt diese Frau die Verwandtschaftsbezeichnung ko (klassifik. “Vater”).
3c Nach einer Information aus Gbedema sollte es eine Noppenkalebasse sein.
4 Das dreimalige Wasserschütten in einer Zeremonie, an der nur Frauen teilnehmen, kommt unerwartet, da die Vier gewöhnlich als “weibliche Zahl” betrachtet wird.
5 Im Gegensatz zu den gewöhnlich getragenen lila-schwarzen Hüftschnüren zeigen die hier benutzten ein sattes Rot. Die Hüftschnur wird vierfach (weibl. Prinzip) um die Hüften der Frau gelegt.
6 Obwohl dies Verhalten zur erstmals schwangeren Frau an Scherzverhältnisse (Buli: ale chaab leka, oder gbiera) erinnert, wird es von mehreren Informanten nicht als “joking relationship” bezeichnet, da sich hier nur gute Bekannte und Verwandte ein solches Benehmen für eine begrenzte Zeit erlauben dürfen.
7 Dies geschah angeblich ohne Wahrsagerbefragung.
8 Hausgehilfin einer verheirateten Frau aus ihrer eigenen Linie. Von einer doglie wird gewöhnlich erwartet, dass sie auch den Gatten der älteren Verwandten später heiratet. Vgl. S. 258 f.
9 Information durch R. Schott, Unveröffentlichte Feldnotizen 1966/67.
10 Das Wasser läuft von einem Tontopf, der mit Asche aus verbranntem Hirsestroh gefüllt ist, durch ein kleines Loch in einen zweiten Tontopf. Vgl. Ethnograph. Sammlung des Seminars für Völkerkunde Münster. (Die Sammlung befindet sich seit 2016 im Forum der Völker Werl)
11 Information durch R. Schott, Unveröffentlichte Feldnotizen 1966/67, S. 219 f.
12 Ibd. S. 219 f.
13 Ibd.
14 Ibd., S. 21: “…otherwise you have closed the child inside the woman’s stomach.”
KAPITEL II
GEBURT
l. GEBURTSVORGANG
[Endnote 1]
Kinder werden meistens im Hause ihres Vaters geboren. Wenn die Mutter jedoch im Hause ihres Gatten häufiger Fehlgeburten hatte oder wenn im Hause des Gatten keine geeigneten Frauen sind, die behilflich sein können, kann die Geburt (biam) auch im Elternhaus der Frau stattfinden.
Falls die Schwangere nicht von der einsetzenden Geburt an einer anderen Stelle überrascht wird’, findet die Geburt gewöhnlich im dachlosen Küchenraum (gbanglong [Endnote 1a], Pl. gbanglongta) statt, da hier Blut, Geburtswasser und Waschwasser durch das Abflussloch (voong, Pl. voongsa) in der Außenwand abfließen können. Zu diesem Zweck gräbt ein Hausbewohner hinter dem Abflussloch des gbanglong ein Loch, das kurz nach der Geburt wieder zugeschüttet wird. Außenstehenden ist es streng verboten, über das abfließende Wasser und das Loch zu schreiten.
Ayarik aus Zuedema berichtet von einem Fall, in dem ein Ahne mit Hilfe einer Schlange den Geburtsort angegeben hat. Eine Schlange kam in sein Gehöft und kroch zielsicher auf den dayiik des Gehöftes zu. Sie wurde als Ahne identifiziert, der in dem Kind wiedergeboren werden sollte. Sie blieb noch vier Tage nach der Geburt eines Mädchens in diesem Raum und verschwand dann wieder.
Bei Einsetzen der Wehen geht der Hausherr (yeri-nyono) zum Wahrsager, um sich zu erkundigen, ob während der Schwangerschaft etwas falsch gemacht wurde, und eventuell muss er einem seiner Ahnen noch ein Huhn oder Hirsewasser opfern. Wenn die Geburtswehen beginnen, werden alle Kinder aus dem Innenhof der gebärenden Frau getrieben. Besonders wichtig ist es, dass das zuletzt geborene Kind (patiero) der Frau sich nicht in der Nähe aufhält. Auch die Männer, besonders der Gatte, entfernen sich. Der Gatte der Gebärenden wird manchmal sogar angehalten, das Gehöft zu verlassen.
Nach Auskunft der Krankenschwester Margaret aus Gbedema ist die Gebärende bis zum Erscheinen des Kopfes noch von männlichen und weiblichen Verwandten und Freunden (nongta) umgeben. Sobald der Kopf erscheint, müssen alle Männer, Jugendlichen und Kinder den Ort verlassen.
Die Frau sitzt in einer “Hockstellung” (?) mit gespreizten Beinen auf dem Boden, ihre Hände berühren hinter ihr den Boden oder werden von Frauen gehalten. Vor ihr sitzt die eigentliche Hebamme (poi-yigro) [Endnote 1b]. Nachdem man die Gebärende angewiesen hat “Presse so als ob du fäzieren wolltest”, drückt eine Helferin ihren Anus nach innen, sodass ihre ganze Energie in den Vaginalbereich geht (andere Information: “…damit das Baby den richtigen Weg findet”). Auch ein Aufreißen des Anus wird so verhindert. Wenn der Kopf erscheint, wird das Baby nicht (wie es in Krankenhäusern geschieht) aus der Geburtsöffnung herausgezogen, sondern man fährt mit dem Pressen (ngusi) und Drücken fort.
Nach der vollzogenen Geburt wird der Kopf des Babys durch Druck und Massage geformt (fi tag biika zuk, ‘man massiert den Kopf des Kindes’), wie es dem Schönheitsideal entspricht. Bis zu acht Tagen nach der Geburt kann diese Formung erfolgen und wird auch mitunter im Krankenhaus von einer Angehörigen vollzogen.
Es ist bekannt, dass man die Plazenta nicht an der Nabelschnur herausziehen sollte, da diese so abbrechen kann. Falls auch nur ein Stückchen der Nachgeburt im Leibe der Frau bleibt, so ist ihr Leben in Gefahr. Die Nabelschnur wird nach dem vollständigen Erscheinen der Plazenta mit einem Messer abgeschnitten, das vorher an einem Feuer ausgeglüht wurde (Der Grund hierfür, eine Desinfektion, ist den meisten Ausführenden nicht bekannt.
Berichte über den Geburtsvorgang durch andere (meistens männliche) Informanten entsprechen dem oben dargestellten, sind aber nicht so detailliert [Endnote 1c]. Wie R. Schott [Endnote 2] erfahren hat, ist die Gebärende schon nach dem ersten Einsetzen der Geburt so erschöpft, dass sie oft schon alle weiteren Anstrengungen aufgibt, wenn gerade erst der Kopf des Kindes herausgekommen ist. Möglicherweise ist diese Erschöpfung auch durch schmerzlindernde Medizin mitverursacht. E. Haaf [Endnote 3], der selbst Arzt am Krankenhaus von Bawku war, hat für die Kusasi festgestellt, dass diese Medizin oft aus einem Wurzeldekokt von Aloe barteri [syn. Aloe buettneri, Sukkulente Pflanze) besteht. Sie kann nach Haaf die Wehen frühzeitig einleiten, aber auch eine vorzeitige Erschöpfung des Uterus herbeiführen.
Bei den Bulsa wird nach der Geburt die Nabelschnur etwa 5-10 cm vom Nabel des Kindes von der Hebamme abgebunden und mit dem Messer oder einer Rasierklinge abgeschnitten. Ein Informant aus Fumbisi sagt, dass bei einem Mädchen die verbleibende Nabelschnur eine Länge von vier Knoten, bei einem Jungen von drei Knoten hat. Wenn später das Stückchen Nabelschnur am Körper des Kindes verfault und abgefallen ist, wird die Nabelwunde, d.h. der Nabel, mit Schibutter (kpaam) und heißem Wasser behandelt und massiert. Die abgefallene Nabelschnur wird in eine leere Nussschale (jigsi-kpak) des Schibaumes gesteckt.
Im Inneren des dalong, in Wiaga ist es meistens der Ahnenraum [Endnote 4] über dem Ausgang kratzt man ein kleines Loch in die innere Lehmwand, steckt die Nuss mit der Nabelschnur hinein und verschmiert es wieder mit feuchtem Lehm, so dass sich noch ein kleiner Buckel aus der Wand abhebt. Gerade bei der letzten Tätigkeit darf kein Kind zuschauen.
Die Schnur oder Faser, mit der die Plazenta abgebunden wurde (siek oder eine schwarz-rote pak-Schnur) wird in einem der beiden zamonguni-Pfeiler am Gehöfteingang aufbewahrt.
Die Plazenta (koalima) [Endnote 5] und der längere Teil der Nabelschnur werden – ebenso wie Frühgeburten – hinter dem Abfallhaufen (tampoi, Pl. tampoa) des Hauses begraben. Nach L. Amoak werden Plazenta und Nabelschnur von weiblichen Neugeborenen im westlichen, von männlichen im östlichen Teil des Abfallhaufens begraben. Hierzu legt man sie in einen Tontopf (cheng bimbili, Pl. cheng bimbilisa), dessen Boden man durchlöchert hat und der als Ganzes in zwei Teile zerlegt wurde [Endnote 6]. Die Plazenta wird mit zerbrochenen Kalebassenstückchen bedeckt. Zwei Frauen, die bei {48} der Geburt geholfen haben, tragen den Topf mit der Plazenta zum tampoi, wobei sie die beiden Topfhälften zusammendrücken, damit die Nachgeburt nicht herausfällt. Vorher hat ein Mann hinter dem tampoi ein Loch gegraben, in dem die Plazenta “beigesetzt” wird. Ein Informant aus Fumbisi-Kasiesa berichtete, dass dort die Nachgeburt nicht in einem Topf, sondern zusammen mit der Spreu gedroschener Hirse im tampoi begraben wird. Nach der Beisetzung waschen sich der Junge, der das Loch gegraben hat, und die Frau, die die Nachgeburt beerdigt hat, das Gesicht aus einer Kalebasse mit Wasser.
Wenn später hinter dem Abfallhaufen Korn angebaut wird, isst kein Hausbewohner, dessen Nabelschnur und Plazenta dort begraben ist, von dem Korn. Es kann für Fremde, eingeheiratete Frauen oder für die Hühner verwendet werden [Endnote 7].
Der Gatte der Gebärenden ist während der Geburt meistens äußerst aufgeregt und nach der erfolgreichen Geburt sehr glücklich, aber er gibt sich Mühe, seine Gefühle nicht zu zeigen. Wenn sich bei der Geburt Komplikationen ergeben, läuft er zum Wahrsager, um zu erfahren, ob etwas falsch gemacht wurde, und er muss vielleicht den erzürnten Ahnen opfern. Bei ernsten Komplikationen muss er allerdings annehmen, dass seine Frau ihm vielleicht einen sexuellen Fehltritt verschwiegen hat. Vor dem Ascheblasen (pobsika) darf er das Kind und dessen Mutter nicht sehen {49}.
Ergänzungen zum Geburtsvorgang 2021:
Der Geburtsvorgang und nachfolgende Behandlungen wurden in der 1. Auflage dieses Buches nur nach Informantenaussagen geschildert. Auch in den folgenden Jahren bis zu meiner letzten Feldforschung bei den Bulsa (2011) habe ich niemals einen Geburtsvorgang direkt beobachten können. Aber häufig wurde ich unmittelbar nach einer geglückten Geburt gerufen und konnte alle postnatalen Vorgänge und Behandlungen aus nächster Nähe beobachten. Diese sollen hier in verkürzter Form aufgezählt werden.
Geburten in Anyenangdu Yeri, Badomsa
26.1.89 Awunlie, die Schwiegertochter Anamogsis, gebärt ein Mädchen
5.7.94 Ayabalie, die damals jüngste Frau Anamogsis, gebärt einen Jungen (s.u.)
5.3.05: Anamogsis Schwiegertochter Assibi (Kasena) gebärt ein Mädchen
7.3.05: Anamogsis Schwiegertochter Esi gebärt einen Jungen
Von den vier beobachteten postnatalen Aktivitäten konnte am ausführlichsten die von Ayabalie beobachtet und dokumentiert werden (s.u.).
Geburten in Akanming Yeri, Badomsa
11.12.88 Eine Frau aus einem anderen Gehöft Badomsas gebärt in Akanming Yeri einen Jungen. Die Frau hatte diesen Geburtsort gewählt, weil in ihrem eigenen Gehöft keine geeignete Geburtshelferin zur Verfügung stand. Die Hebammendienste wurden von Akanmings ersten Frau ausgeführt.
Geburten in Wiaga-Sichaasa
4.12.88 In einem Gehöft Wiaga-Sichaasas hat eine Frau Zwillinge geboren.
17.7.89 In einem (anderen) Gehöft Sichaasas wurden Zwillinge geboren
Mein Gehöftherr Anamogsi ist im Besitz einer Geburtsmedizin (biam-tiim), die nicht nur im eigenen Gehöft angewandt wird. Besonders in schweren Fällen, z.B. bei Zwillingsgeburten oder wenn die Plazenta nicht herauskommen will, wird er oder in einer seiner kundigen Söhne mit der Medizin in das Haus der Wöchnerin gerufen. Ich konnte ihn bei drei dieser Besuche begleiten.
Geburt in Yisobsa
7.5.89 Nach einer Geburt wird Anamogsis Sohn gerufen, um die Nachgeburt zu entfernen.
Die vier in Anyenangdu Yeri beobachteten postnatalen Aktivitäten ähneln sich in einem so starken Maße, dass ich mich hier auf ein Ereignis beschränken kann.
Am Abend des 5. Juli 1994 gebar Ayabalie, die damals jüngste Frau Anamogsis, einen Jungen. Bei meiner Ankunft saß sie auf dem Boden eines Badezimmer (nying-soka-dok) und zeigte mir sofort ihr Kind, das sie auf den Armen hielt. Die Nabelschnur war schon durchschnitten und die Plazenta entfernt.
Die Hebamme Agoalie (meine Köchin) bohrte bei meiner Ankunft gerade mit einem spitzen Messer ein Loch in einen dunklen bimbili-Topf, der hier bi-yaam genannt wurde. Eine andere verheiratete Frau holte einen offenen Korb gefüllt mit Hirsespreu (chaff), das man gebraucht hatte, um Blut vom Boden aufzusaugen.
Die Frauen (außer Ayabalie) und ich zogen nun zum Abfallhaufen (tampoi), wo mein Assistent Yaw (ein Enkel Anamogsis) mit einer Hacke ein etwa 40 cm tiefes Loch für den Topf mit der Plazenta gegraben hatte. Auf das Tongefäß schüttete man die blutige Spreu und darüber Asche vom tampoi. Alle traten nun mit den Füßen die Füllung fest und wuschen sich über der Grabstelle Hände, Füße und das Gesicht. Kinder des Gehöfts, die bei all diesen Handlungen versuchten, sich der Grabstelle zu nähern wurden weggetrieben.
Kurz nach 20 Uhr saß Awunlie, eine Schwiegertochter Anamogsis, mit dem Kind auf den Beinen im Baderaum. Aus einem Topf mit heißem und kalten Wasser mischte sie in einen dritten Topf das Badewasser zu einer angemessenen Temperatur. Mit Kernseife wurde der Kopf, Körper und Schluss Penis und Gesäß des Babys gewaschen. Das Kind hatte nur einige Male beim Bad geweint, sonst war es völlig ruhig.
Die bereits auf etwa 10 cm verkürzte Nabelschnur band Awunlie mit einer in Wasser eingeweichten siek-Faser (von der Schote einer Dawa-dawa Frucht) an der Haut ab. Das abgebundene Stück wird später von selbst abfallen. Den Nabel riebAwunlie mit trockenen, zerbröselten Blättern der kleinen bogta-Pflanze ein. Ayabalie holte eine Matte und breitete sie im Innenraum eines Viereckbaus aus. Hier schlief sie und das Baby in der Nacht.
Zwei Tage später, kurz vor 6 Uhr morgens, wurde ich zum Ritual des Ascheblasens (pobsika, s.u.) geholt. Eine erste pobsika hatte gleich nach der Geburt zwischen dem Baby und dem nächstältesten Kind (patiero) stattgefunden. Ayabalie und ihr Kind befanden sich noch in dem Viereckbau, dessen Tür verschlossen war, als Aleeti, ein in rituellen Belangen kundiger Sohn Anamogsis, mit einem Kieselstein ein kleines Stückchen medizinischer Holzkohle in einer Topfscherbe, etwa 1/2 Teelöffel Schibutter hinzufügte und alles vermischte. Das Ascheblasen fand, ähnlich wie es unten im Gehöft Asekabtas (Sandema) beschrieben wird, durch die halb geöffnete Tür statt, wobei Awunlie ihm die Augen zuhielt.
Danach gingen Aleeti und Ayabalie zum Vorhof (pielim) des Gehöfts. Aleeti zog einen Hirsehalm aus dem Strohdach des kusung und reichte ihn Ayabalie. Diese legte den Rest der weißen pobsika-Asche auf einen Ahnenschrein (Aluechari?).
Zurück im Innenhof, setzte sich Ayabalie mit ihrem Baby wieder auf die Matte im Innenraum des Viereckbaus. Aleeti brachte mit der schwarzen Salbe kleine Kreuze an folgenden Stellen von Ayabalies Körper an [Endnote 7a]: 1. an beiden Füßen (zwischen großem und nächstem Zeh?), 2. auf der Stirn, 3. an den Händen. Anschließend wurde das Baby an den gleichen Körperstellen gesalbt.
Mit dem Rest der Medizin malte Aleeti schwarze Kreuze an folgenden Stellen des Innenhofes:
1. Über der Tür des Eingangs des Viereckbaus (innen),
2. Über der Tür des Eingangs des Viereckbaus (außen),
3. Über den Eingang des Badezimmers, wo die Geburt stattgefunden hatte (außen),
4. Über dem Eingang der Offenküche,
5. Über dem Eingang eines Rundbaus mit Flachdach im gleichen Innenhof,
6. Über dem Eingang eines Kegeldachhauses im gleichen Innenhof,
7. Über dem zementierten Eingang zum Innenhof (Innenseite).
Am 31. Juli 1994 führte eine etwa 12jährige, unverheiratete Tochter des Hauses das Baby zum ersten Mal aus dem Gehöft heraus zum pielim. Hiernach fanden keine weiteren Geburtsriten statt.
Die übrigen im Anyenangdu Yeri beobachteten Geburtsriten wichen nur in unbedeutenden Details von den oben geschilderten ab. Dem am 7. März geborenen Sohn Aleetis wurde ein kleiner Bogen mit einem Holzpfeil geschenkt (nähere Informationen über dieses Ritual siehe unten). Der neugeborenen Tochter von Anamogsis Sohn Awentemi stach eine Frau zum späteren Tragen von Ohrringen Löcher in beide Ohrläppchen. Dieser Brauch ist natürlich optional und vielleicht für diesen Zeitpunkt nach der Geburt auch nicht sehr alt.
Bei Awunlies Geburt fungierte Akawai, die älteste Tochter Anamogsis, die auch das poi-nyatika Ritual bei der Schwangeren durchgeführt hatte, als Hebamme. In den meisten Gehöften, aber nicht in Anyenangdu Yeri, ist die Hebammen-Arbeit für eine Tochter des Hauses, tabu.
Wie bereits erwähnt, werden die Dienste Anamogsis als Besitzer der biam-tiim über seine eigene Sektion hinaus bei Geburten mit besonderen Problemen in Anspruch genommen.
Am 4. Februar 1988 begleitete ich Atoa, einen Sohn Anamogsis, als er in Sichaasa eine Frau behandeln sollte, die Zwillinge geboren hatte. Bei unserer Ankunft saß die Wöchnerin auf dem Boden eines Viereckbaus. Vor ihr lag die blutige Plazenta, die noch über die Nabelschnur mit den beiden Kindern verbunden war.
Eine große, nicht ganz neue Kalebassenschale ohne Noppen wurde mit frischem Wasser gefüllt, und Atoa warf ein kleines Bündel tinangsa-Medizin hinein.
Er befeuchtete mit diesem Wasser seine Hand und bestrich damit das Haar, die Stelle zwischen den beiden Brüsten und den Rücken der Wöchnerin. Der Rest des Wassers wurde aufgehoben. Dann drückte Atoa den noch dicken Bauch der Frau und eine helle, blutige Masse kam heraus.
Eine ältere Frau, wahrscheinlich die Hebamme, holte ein berindetes Stück Holz des Schibutterbaumes und schnitt hierauf mit einer Rasierklinge die Nabelschnur in einem Abstand von 5-10 cm vom Bauchnabel ab. Es kam hierbei etwas Blut, und das Baby, das bisher ruhig war, schrie etwas. Die Nabelschnur und die Plazenta legte man in einen mittelgroßen cheng-Topf, der im Boden bereits ein Loch hatte. Mit Hirsespreu und Sand wurde die Blutlache vor der Frau aufgesogen und in eine große Kalebassenschale deponiert. Mit der Kalebasse und dem cheng-Topf zogen Atoa, die Hebamme, ein junge Helferin und ich zum Fuße des tampoi, wo bereits ein etwa 16jähriger Bursche mit der Hacke ein Loch gegraben hatte. Der Tontopf, jetzt mit einer Keramikscherbe bedeckt, wurde hineingestellt und mit Erde und der blutigen Spreu bedeckt. Die Hebamme und der junge Mann zertrampelten mit ihren Füßen die Kalebassenschale und legten die Scherben über den cheng-Topf mit der Spreu und füllten den Rest mit Erde (oder Asche vom tampoi?) auf.
Aus einer Noppenkalebasse mit klarem Wasser wuschen sich die Hebamme, die junge Helferin und der Gräber die Finger. Dann fassten sie sich an die Hand und tanzten um die Grabstelle eine Art “Ringelreihen” (gokta). Dieser Tanz drückte die Freude über die gelungene Geburt aus, war jedoch nicht obligatorisch.
Als Atoa und ich abfahren wollten, rief man uns zurück zur pobsika. Nur das unmittelbar vor den Zwillingen von derselben Mutter geborene Kind wurde hierzu in den Raum der Wöchnerin geholt. Ein Mann hielt ihm (ihr?) die Augen zu und blies selbst die Asche in Richtung der Frau.
Nach einigen Tagen kamen Abgeordnete des Sichaasa-Gehöftes nach Anyenangdu Yeri, um sich mit einem Huhn zu bedanken und noch mehr Medizin zu erwerben. Weitere Opfer mit Hirsebier wurden auch später in Sichaasa dargebracht, ohne dass ich diese beobachten konnte.
Bisher wurden hier nur gelungene Geburten mit einer reibungslos entfernten Plazenta beschrieben. Am 7. Mai 1989 wurde jedoch Anamogsi (bzw. sein Sohn Atoa) in ein Yisobsa Gehöft gerufen, da es Probleme bei Entfernen der Plazenta gab. Als Atoa und ich gegen 7 Uhr in dem Gehöft ankamen, saß die Wöchnerin im dalong vor einem Abflussloch (voong), und vor ihr befand sich eine große Blutlache. Es fiel mir sofort auf, dass ihre Hautfarbe eine grau-braune Tönung hatte, denn sie hatte viel Blut verloren.
Atoas erste rituell-medizinische Handlungen ähnelte denen in Sichaasa (s.o.), d.h. er legte sein Medizinbündel in eine Kalebasse mit klarem Wasser und schüttete das Wasser (vier mal?) in mehreren Güssen über den Kopf der Frau, gab ihr davon zu trinken und rieb ihren Bauch mit dem Wasser ein. Das Baby erhielt eine ähnliche Behandlung. Dann rieb und presste Atoa den Unterleib der Frau heftiger und zog leicht an der Nabelschnur. Es kam aber nur klares Wasser heraus und die Frau übergab sich. Ich fuhr zur Krankenstation der katholischen Missionsstation Wiaga und bat dort um Hilfe. Man war dort sehr verärgert, weil sie immer dann um Hilfe gebeten werden, wenn eine medizinische Behandlung schon misslungen war. Sie lehnten daher einen Besuch im Gehöft ab. Daraufhin holten wir Anamogsi selbst. Er spuckte leicht in die Hände und hielt hiermit den Kopf der Frau, während andere die Medizinwurzeln kochten. Die vorhergehenden Prozeduren wiederholte sich: Überschütten des Kopfes, Trinken, Reiben und Pressen des Bauches. Anamogsi klopfte auch mit der Kalebasse auf den Kopf der Wöchnerin. Man brachte Hirsebrei mit Erdnusssauce für die Frau, den sie auch ganz verzehrte.
Als gegen 12.00 Uhr noch keine positive Veränderung eingetreten war, transportierte ich die Frau, ihren Gatten und das Kind, das noch immer an der Nabelschnur hing, hinten auf einem Pick-up zur katholischen Krankenstation. Dort trennte man zwar die Nabelschnur durch, deutete aber an, dass jetzt nur noch das Krankenhaus Navrongo helfen könne. Ich müsse allerdings damit rechnen, dass die Frau unterwegs stirbt. Obwohl meine Autobatterie sehr schwach war, lasse ich mich zu einer Fahrt überreden. In Sandema nehme ich allerdings noch Stefan Völker, einen deutschen Krankenpfleger mit. Im Krankenhaus von Navrongo ist die Ärztin zunächst unabkömmlich, aber eine Schar von Schwesternschülerinnen und Schwestern ließen es auf einen Versuch ankommen. Nach einigen Minuten hörte ich aus dem Operationssaal einige laute Schreie. Die Schwestern hatten die Plazenta erfolgreich manuell entfernt. Die Frau und das Baby, sowie ihr Gatte als potentieller Blutspender, blieben noch einige Tage im Krankenhaus. Später erschien der glückliche Gatte in unserem Gehöft Anyenangdu Yeri. Anamogsi erhielt die volle Bezahlung für seine Arbeiten. Danach brachte man mir und Anamogsi je ein dunkles Huhn und eine Ziege als Geschenk.
2. HÜFTSCHNÜRE UND AMULETTE
a) Schnüre
Bei einer Normalgeburt werden dem neugeborenen Kind oft noch am gleichen Tag von der Mutter einfache, schwarz gefärbte, geflochtene Faserschnüre um Hals, Handgelenke und Fußgelenke gelegt. Die Schnüre erinnern an einen dünnen europäischen Bindfaden. Falls eine Schnur zerrissen ist, wird sie ohne Aufheben von der Mutter ersetzt. Erst wenn das Kind etwas laufen kann, werden die Faserschnüre durch eine dünne aus Gräsern geflochtene Hüftschnur ersetzt, die Jungen im Hirtenalter (etwa ab fünf Jahren) später gegen einen dickeren aus acht und mehr Strängen geflochtenen Grasring austauschen. Diese Grasringe sind ungefärbt hell, schwarz-weiß oder schwarz-rot. Heutzutage tragen viele Bulsa-Jungen auch Lederhüftschnüre (chia-poala), oft mit eingeschlossenen ZaubermitteIn (tiim, Pl. tiita). Sie dürften jedoch, wie wohl die meisten farbigen Lederarbeiten, auf Frafra-Einfluss zurückzuführen sein. Falls ältere Jugendliche und Männer überhaupt noch einen Hüftring tragen, wird dieser aus Leder sein und gewöhnlich Zaubermittel enthalten. Mädchen tragen ihr ganzes Leben lang dünne Strohschnüre (miik, Pl. miisa) um die Hüften, die im Normalfall schwarz-lila gefärbt sind [Endnote 8]. Dass sie bei Mädchen genau viermal um die Hüften geschlungen sein müssen, entsprach nicht immer meinen Beobachtungen.
Bei einer Frühgeburt erhält der lebende Junge oder das lebende Mädchen am 3. bzw. 4. Tag eine besondere Schnur, die hosenträgerähnlich vom Kleinkind getragen wird (vgl. Abb. 7). Auf der Brust, unterhalb der Brustwarzen, wird dem Kind ein kreisrunder Klecks gesiebter, schwarzer, schlammiger Erde (bagta) aufgetragen, die man am Körper antrocknen lässt. Beim Bad gibt man acht, dass sich die Erde nicht auflöst. Die Erde soll das Kind gesund erhalten und vor allem das Atmen erleichtern. Die Schnüre und die Erde bleiben etwa einen Monat.
Nur selten sieht man eine Hüft- oder Halsschnur von Kleinkindern ganz ohne Zauber- und Heilmittel (tiim, Pl. tiita). Zu den häufigsten Anbringseln an der Schnur gehört die guli-Medizin (Pl. gula), die auch sinsan-kuna oder sinsan-gula genannt wird. Die hohlen Pflanzenteile können leicht – oft in {50} Verbindung mit einigen Perlen – auf der Hüftschnur aufgereiht werden. Diese Medizin soll gegen Magenbeschwerden helfen, jedoch lassen die Namen der Medizin (sinsam = Urin, guli vielleicht verwandt mit guli = sich übergeben) auch auf andere Wirkungsmöglichkeiten schließen.
Lamisi, der am 23.3.89 geborene Sohn des Gehöftherrn Ayomo (Abasitemi Yeri) trug am 5.4.1989 um beide Handgelenke und um den linken Fuß lila paksa-Ringe, um den Hals eine dickere, aus vielen Strängen geflochtene Schnur, auch aus lila paksa-Gräsern, und um die Hüften eine gedrehte Faserschnur (nicht aus paksa-Gras). Diese und die Halsschnur waren durch eine weitere Schnur verbunden. Nach Ayomo soll diese Schnurkonstruktion vorbeugend dazu dienen, dass der Hals nicht einknickt.
b) Amulette
Bei Wurmkrankheiten verwendet man zwei kleine Eisenamulette, die vom Schmied angefertigt werden, aber auch – ebenso wie die guli– Medizin – auf dem Markt käuflich sind. Die Amulette haben die folgende Form:
Das kanaadi-Amulett, das andere Informanten auch ngiri bage (Hals-Horn) nennen, wird stets von Jungen und Mädchen am Hals getragen und stellt nach L. Amoak angeblich einen Wurm dar. Das neantik– oder nientik-Amulett (nienti = strecken) wird von Kindern beiderlei Geschlechts an der Hüftschnur getragen und stellt angeblich das vor Schmerz gekrümmte Rückgrat des Kindes dar.
Im Rückgrat vermutet man auch die Würmer. Häufig werden Zweifel geäußert, ob die Krankheitssymptome, die das Tragen der Amulette erfordern, durch Würmer verursacht werden, und manche Bulsa sprechen von Rheumatismus. An der therapeutischen Wirkung dieser Amulette zweifeln aber auch manche Schulabgänger nicht. Meine erste Vermutung, dass es sich bei diesen Amuletten, die stets zusammen getragen werden, um männliche (kanaadi) und weibliche (nientik, neantik) Sexualsymbole handelt, konnte nicht durch Nachfragen bestätigt werden {51}.
Amulette können an einer Schnur um den Hals getragen oder auf einer Hüftschnur aufgereiht werden. Amulette oder “Jujus” werden von erwachsenen Frauen häufiger um den Hals, von Männern eher an der Hüftschnur getragen. Ledertäschchen ohne Zaubermittel, um den Hals getragen, sind in neuerer Zeit auch bei Männern als Modeschmuck beliebt.
Die Anzahl der Amulette, die von Kleinkindern getragen werden können, ist groß und kaum überschaubar. Bei den meisten dieser Amulette hat wohl das Material selbst oder eine in diesem inhärente Kraft eine heilende und vorbeugende Wirkung, ohne dass eine Beopferung notwendig wäre. Die im folgenden beschriebenen Amulette stellen sicherlich nur eine kleine Auswahl dar.
• Ein weißes Muschelamulett muss getragen werden, wenn sich das Baby nach dem Brustsaugen oder Wassertrinken erbricht.
• Das tinang-bage ist ein Wurzelstück, das mit einem Faden um den Hals befestigt wird, sodass das zylindrische Holz eine horizontale Lage einnimmt. Solche Amulette findet man recht häufig an den alten Terrakotten, wie sie zum Beispiel bei den Koma im Südwesten der Bulsa ausgegraben wurden. Es können Wurzelstücke verschiedener Pflanzen mit verschiedenen Heilwirkungen sein. Der Gehöftherr Ayomo (Abasitemi Yeri) sucht unter einer Wegekreuzung nach solchen Wurzeln, wobei die Baumart keine Rolle spielt. Die meisten Kinder seines Gehöfts tragen ein solches Amulett.
• Das waaung-piak oder waaung-kieri Amulette besteht aus einem Stück Affenfell und/odere Waranhaut und soll gegen einen steifen Nacken helfen.
• Eine oder mehr Münzen an einem Halsband sollen wohl für Wohlstand sorgen.
• Aufgereihte röhrenförmige sinsanguli-Stückchen helfen gegen Magenbeschwerden (siehe oben und Abbildung 5)
• Wie unten (II,5e) beschrieben wird, legt man Kindern, die bei Neumond geboren wurden, ein metallenes Mondamulett (chiik) um den Hals. Es gibt jedoch auch andere Anlässe für das Tragen eines solchen Amuletts. In Anyenangdu Yeri trug ein kleines Kind zwei Mondamulette, weil angeblich bei der Geburt zwei Monde am Himmel standen.
3. MUTTER UND KIND NACH DER GEBURT
a) Nahrung der Mutter
Am Abend nach der Geburt macht man für die Mutter einen Brei aus Rispenhirse (zamonta), der den Namen biik siuk (des Kindes Nabel) trägt. Die Mutter verwahrt eine Handvoll des Breis und gibt ihn allen Kindern des Gehöfts zu essen.
In den ersten Wochen nach der Geburt soll die Frau vor allem viel heißes Wasser mit Mehl der Rispenhirse trinken, da hierdurch die Milchproduktion angeregt wird. Kaltes Wasser, kalte Speisen und andere Getreidearten als Rispenhirse sind ihr in den ersten Wochen verboten. Der Wöchnerin bereitet man die oben (S. 42) erwähnte katuak-Suppe, außerdem rät man ihr, viel Perlhuhnfleisch zu essen.
b) Verhalten und Zustand der Mutter
Einige Wochen nach der Geburt soll sich die junge Mutter noch schonen und man gebraucht für sie die Bezeichnung pu-kogi (kogi oder kong, schwach). So soll sie z.B. nicht selbst kochen und möglichst keine weiten Wege, z.B. zum Markt, machen. Bis zur Entwöhnung des Kindes nach drei bis vier Jahren soll die Frau keinen Geschlechtsverkehr haben. Wird die Frau vor dem dritten Jahr wieder schwanger, so muss sich vor allem ihr Gatte das Gespött der Leute gefallen lassen, dass er seiner Frau keine Zeit für die Aufzucht des Kleinkindes gegeben hat. Wird sie jedoch erst nach drei oder mehr Jahren wieder schwanger, so spricht man von einer ‘Pferdegeburt’ (wusum-biam).
c) Das Stillen
Obwohl schon mitunter vor der Geburt Milch in den Brüsten produziert wird, stillt die Mutter drei Tage lang nach der Geburt ihr Neugeborenes nicht. Sie presst selbst die entstandene bittere Flüssigkeit aus ihren Brüsten oder hält die Brüste so, dass diese von selbst herausfließt.
Wenigstens früher erstreckte sich die Stillzeit bis zur Geburt des nächsten Kindes, d.h. sie betrug etwa drei Jahre. Für das letzte Kind war sie oft viel länger, sodass sie selbst ein Kind, das ohne Frühstück zur Schule gehen wollte, noch einmal die Brust reichte. Man glaubte, dass durch das Stillen ein besonders enges Verhältnis zwischen Mutter und Kind entsteht.
Es gibt kein echtes Tabu, dass nicht auch andere Frauen des gleichen Gatten ihr Kind stillen (z.B. wenn die eigene Mutter eine Reise ohne Kind macht), jedoch sind viele junge Mütter misstrauisch und befürchten, dass diese dem Kind aus Neid Schaden zufügen. Gelegentlich nimmt auch die Mutter des Ehemanns das Kind ihrer Schwiegertochter an die Brust, und geschieht dieses häufig, soll sich angeblich sogar wieder Milch in den sonst leeren Brüsten bilden.
d) Das Kinderbad
Das Bad eines Kindes unmittelbar nach der Geburt und später konnte ich in mehreren Gehöften beobachten, ohne wesentliche Unterschiede dabei festzustellen.
Das erste Bad nach der Geburt wird wohl meistens nicht von der jungen Mutter, sondern der Hebamme (poi-yigroa) oder einer älteren Frau des Gehöfts durchgeführt, die zuvor auch die Wöchnerin (heutzutage mit Kernseife) abgewaschen hat.
Damit das Badewasser die richtige Temperatur hat, mischt die Frau fast kochendes Wasser und kaltes Wasser aus zwei verschiedenen Tongefäßen in einem dritten. Nach einer Information aus Akanming Yeri (Badomsa) wird dem ersten Bad nach der Geburt im ganzen Bulsaland etwas Hasenkot beigesetzt, um einem Husten des Kindes vorzubeugen.
Die Hebamme oder ältere Frau sitzt auf einem kleinen Hocker (zukpaglik) und setzt das Kind auf ihr rechtes Bein. Vor dem Bad gibt sie dem Kind vom Badewasser zu trinken, indem sie es ihm mit ihrer rechten Hand einflößt (tugli).
In Abasitemi Yeri (Badomsa) rieb Alatinbe, die älteste Frau des Gehöftherrn, den Rücken des Kindes mit Schi-Öl ein und spülte es mit dem warmen Wasser wieder ab. Dann überschüttete sie dem Kopf des Kindes mit Wasser. Die Nase wurde intensiv gerieben und ausgepustet, indem sie in ein Nasenloch hineinblies [Endnote 8a]. Den Anus des Kindes reinigte sie besonders intensiv, indem sie ihn mit Öl einrieb und mehrmals ein nasses Tuch in den Anus drückte. Danach legte sie das Kind auf dem Rücken quer über ihre Beine, trocknete es so mit einem Tuch ab, hielte es hoch und bläst (zur Säuberung oder Trocknung?) in den Kinderenabel. Ein junges Mädchen reicht Alatinbe eine sehr kleine Kalebassenschale mit einer medizinischen Flüssigkeit, die sie aus einem bimbili auf dem Feuer geschöpft hatte. Bei der nun folgenden tuglika (die ich als einzige Tätigkeit nicht filmen durfte) lag der Kopf des Babys zwischen den Knien Alatinbes, die ihre rechte Hand mit Flüssigkeit aus der kleinen Kalebasse dem Kind einflößte (tugli). Das Kind prustete, d.h. es hatte sich wohl leicht verschluckt. Zum Schluss bekleideten Alatinbe und das junge Mädchen den Säugling mit einem Wollkleid [Endnote8b]. Danach brachte Alatinbe das Kind zur Mutter.
e) Verbote und Gebote für das Kind
Dem Kind dürfen etwa zwei Jahre lang die Haare nicht geschnitten werden. Neben der Muttermilch soll das Kind etwa ein Jahr lang nur Wasser trinken, in dem man Heilkräuter hat ziehen lassen. Das Kind soll auch nur Muttermilch der eigenen Mutter bekommen, auch wenn zufällig eine andere Frau des gleichen Gatten ein Kleinkind stillen kann. Man befürchtet, dass diese Frau leicht dem Kind Schaden zufügen kann.
Ein Mann, der Geschlechtsverkehr mit einer Witwe vor der Totengedenkfeier ihres Mannes hatte, darf das neugeborene Kind nicht sehen. Wenn er es doch aus Versehen sieht, spuckt er in die Hände und hält damit den Kopf des Kindes {52}.
4. ASCHEBLASEN (POBSIKA)
Anmerkung: Das Ritual des Ascheblasens (pobsika) wurde bereits im Zusammenhang der Beschreibung konkreter Geburtsvorgänge (Kap. II,1; Ergänzungen) erwähnt. Der folgende Text (aus der 1. Auflage) enthält allgemeine Bemerkungen über das Ritual des Ascheblasens und eine Beschreibung der einzigen pobsika vor 1978.
a) Pobsika nach der Geburt
Bald nach der Geburt, aber nicht immer am selben Tage, geht der Gatte der Wöchnerin zu seinen Schwiegereltern, um ihnen von der geglückten Geburt offiziell zu berichten. Er kann mit leeren Händen kommen; nur wenn die Frau während der Geburt gestorben ist, muss er ihnen Geschenke machen [Endnote 9]. Bei einer Benachrichtigung der Schwiegereltern, an der ich teilnehmen konnte, wurde außerdem schon beraten, wann die pobsika-Riten ausgeführt werden könnten. Diese sind zwar mit keinerlei Festlichkeiten verbunden und dauern nur einige Minuten, aber ihre Durchführung ist von großer Dringlichkeit und wird auch von vielen Christen streng beachtet.
Am Morgen des 13. August 1974 [Endnote 10] konnte ich an solchen Riten im Hause Asekabtas (Sandema-Abilyeri) teilnehmen. Robert Asekabta, ein Sohn des yeri-nyono Asekabta, wurde am 8. August zum erstenmal Vater, als ihm seine Frau T. in der Krankenstation der Weißen Väter in Wiaga eine Tochter gebar. Robert besuchte seine Frau T. in Wiaga, ohne dass im Krankenhaus irgendwelche Riten ausgeführt wurden. Sobald jedoch T. am Morgen des 13. August im Hause ihrer Schwiegereltern angekommen war, durften ihr Mann und ihr Schwiegervater sie nicht mehr bis zur Ausführung der pobsika-Riten sehen. Am späten Morgen näherte sich Robert dem Gehöft. Er hielt sich an der Hinterseite des Gehöftes versteckt (vgl. Abb. 8) und ließ durch ein Kind seine Ankunft melden.
Hieraufhin versteckte sich T. mit ihrem Kind und einer jungen Frau im dalong (hier ein großer Ovalbau), dessen Tür mit einer Strohmatte (tiok, Pl. toata) verschlossen wurde (Es darf keine Holztür sein!). Wir gingen in den Innenhof. Eigentlich sollte eine Frau von Asekabta Robert die Augen zuhalten, aber da diese gerade auf dem Felde war, wurde dies von Roberts älteren Schwester besorgt.
Robert hatte sich vorher aus einer Feuerstelle etwas Asche besorgt, die er in seiner linken Hand hielt. Nachdem man sich vergewissert hatte, dass Augen seiner Frau geschlossen waren und auch sie Asche in ihrer Hand hielt, wurde Robert von seiner Schwester mit verschlossenen Augen an die Eingangstür des dalong geführt. Die Schwester entfernte {53} die Matte (vgl. Abb. 9), und die beiden Eheleute bliesen die Asche in Richtung auf den anderen Partner. Wenn auch oft behauptet wird, bei einer weiblichen Geburt müsste man viermal blasen, bei einer männlichen dreimal, so wurde dies hier nicht eingehalten, jeder blies, bis seine/ihre Hand frei war.
Hiernach konnten die Partner ihre Augen öffnen. Robert betrat den dalong und nahm das Kind auf seine Arme, um es hierdurch als neuen Hausbewohner und als sein Kind zu akzeptieren. Obwohl T. auch christlich getauft war, mussten Robert und ich einen wütenden Wortschwall über uns ergehen lassen, denn sie glaubte wohl, dass durch meine Anwesenheit die Wirksamkeit der Zeremonie beeinträchtigt worden war.
Am Nachmittag kam Roberts Vater Asekabta von einer Totengedenkfeier heim. Er blies auch mit T. Asche, aber ganz ohne Helferin, da er es angeblich schon so oft getan hatte, dass er keine Hilfe brauchte. Dann nahm er auch am Eingang des dalong das Kind für kurze Zeit auf seinen Arm. Asekabta hatte nichts dagegen, dass ich zuschaute und fragte erstaunt, warum ich keine Fotos gemacht hätte.
Hiernach fuhren Robert und ich nach Balansa zum leiblichem Vater seiner Frau (ihre Mutter hielt sich im Süden Ghanas auf), um die Geburt offiziell anzukünden und ihn zum Hause Asekabtas zur pobsika abzuholen, aber er wollte lieber später kommen, vielleicht weil er meine Anwesenheit fürchtete. In seinem Haus befand sich auch die etwa dreijährige Tochter von T. aus einer vorehelichen Verbindung. Gleich nach der Geburt dieses Kindes hatte T. schon mit ihren eigenen Eltern (und denen des Vaters des Kindes?) Asche geblasen. Obwohl es üblich ist, dass nur bei dem erstgeborenen Kind einer Frau Asche geblasen wird, musste 1974 noch einmal geblasen werden, da es das erste Kind im Hause Asekabtas war. Bei T.’s nächstem Kind von Robert wird die pobsika-Rite jedoch nicht noch einmal durchgeführt. Am 20. August erfuhr ich, dass auch T.’s Vater und älteste Tochter im Hause Asekabtas mit T. Asche geblasen hätten. Ihre Mutter würde das Versäumte nachholen, sobald sie aus dem Süden zurück sei.
Wie mir mehrere Informanten bestätigt haben, müssen Sichtverbote der Schwangerschaftszeit und solche nach einer Geburt streng voneinander geschieden werden. Der tabuierte Personenkreis der Schwangeren {54} wird vom Wahrsager herausgefunden, und es scheinen besonders oft die wena von Ahnen zu sein, die von diesem Tabu betroffen werden. Nach der Geburt besteht ein gegenseitiges Sichttabu der Wöchnerin zu einem bestimmten Kreis lebender Personen, der schon vor der Geburt ohne Wahrsagerbesuch bekannt ist. Bis zur Geburt kann die Frau diese Personen ohne Einschränkung sehen.
Über die Frage, welche Personen diesem Kreis zuzurechnen sind, scheint jedoch keine allgemeine Klarheit zu bestehen, und es scheint auch örtliche Varianten zu geben. Einig ist man sich wohl allgemein, dass der Gatte der Wöchnerin zu diesem Kreis gehört, wenn auch ein Informant aus Sandema-Balansa behauptet, dass der Gatte nur Asche bläst, wenn er noch durch keine andere Frau vorher Vater geworden ist. Auch dass eine Wöchnerin mit ihren eigenen leiblichen Eltern Asche blasen muss, scheint die Auffassung der meisten Bulsa zu sein, jedoch halten es viele nicht für notwendig, dass die Frau auch mit ihren Schwiegereltern bläst, während andere Informanten aus verschiedenen Teilen des Bulsa-Landes (Sandema, Fumbisi) behaupten, dass die Frau auch mit ihrem nächstjüngeren Geschwister und dem nächstjüngeren Geschwister des Gatten Asche blasen muss.
Als Zeitpunkt der pobsika-Riten wird gewöhnlich der dritte bzw. vierte Tag nach der Geburt des männlichen bzw. weiblichen Kindes angegeben, aber das Beispiel im Hause Asekabtas (fünf Tage!) zeigt, dass man sich nicht immer genau daran hält, zumal, wenn die Geburt in einem Hospital stattfand. Viele Bulsa halten es in einem solchen Fall für notwendig, die pobsika-Riten schon im Krankenhaus zu vollziehen, bevor etwa der Gatte seine Frau dort zu Gesicht bekommt (vgl. Kap II,8; S. {64}).
Während des Ascheblasens sagen nach anderen Informationen die beiden Partner drei- bzw. viermal: N nya fu (Ich sehe dich). Von einigen Informanten wird behauptet, dass die junge Mutter gar nicht für sich selbst, sondern stellvertretend für ihr Kind Asche bläst. Für diese Ansicht spricht die Tatsache, dass pobsika nur ausgeführt wird, wenn das neugeborene Kind lebt.
Exkurs: Ascheblasen in anderen Situationen
Bawa, der Gehöftherr von Akanwari Yeri (Gbedema-Gbinaansa) durfte einem juik (Mungo-Schrein) kein Opfer darbringen, bevor er nicht mit einer Hündin, die gerade Junge geworfen hatte, das Asche-Ritual durchgeführt hatte. Die Hündin wurde in einen Raum (dok) eingesperrt und Bawa schob die Türmatte ein wenig beiseite und blies in den Raum. Hierbei waren seine Augen verschlossen, während der Hund ihn gefahrlos sehen durfte. Falls er den Hund gesehen hätte, wäre dieser gestorben, nicht aber Bawa, der durch eine Medizin geschützt war. Man sagte mir, dass dieses Sichttabu, das durch eine pobsika aufgehoben wird, wahrscheinlich nur in Akanwari Yeri ausgeführt wird. Es spielt hierbei sicher eine Rolle, dass Mungo und Hund als Todfeinde gelten.
Als in Badomsa der Gehöftherr Ayomo in meiner Anwesenheit eine Schnitzarbeit ausführte, unterbrach der bei Sonnenuntergang diese Tätigkeit, denn im Dunkeln dürfen keine handwerklichen Tätigkeiten mehr ausgeführt werden. Erst als er sich etwas weiße Asche aus einem Herd besorgt hatte und diese von der flachen Hand aus in Richtung Sonne geblasen hatte, durfte er seine Tätigkeit fortsetzen.
Prinzessin Marie Louise, die Enkelin der Königin Victoria, erwähnt in ihrem Reisetagebuch (1926: 116) für den Norden Ghanas ohne Angabe einer Ethnie das Ritual des Ascheblasens mit dem Mond (vgl. hierzu ein ähnliches Ritual der Bulsa ohne Ascheblasen, Kap II,5e):
…they take a little wood-ash, put it in the palm of their hand, and blow it towards the thread-like crescent, saying: „I saw you before you saw me.” This is to prevent their strength decreasing as the moon increases in size.
b) Ausführung des Kindes (Foto siehe Kapitel I)
Eng verbunden mit den Riten des Ascheblasens ist die “Ausführung” des Kindes aus dem Gehöft. Der Hauptgrund für Ausgangsbeschränkungen des neugeborenen Kindes ist wohl neben der körperlichen Konstitution das Sichttabu. Die Ausführung soll möglichst in den frühen {55} Morgenstunden (gegen vier Uhr) wohl nach dem Ascheblasen stattfinden, jedoch hält man sich nicht immer an diese Zeit. Auf die Frage, wer das Kind ausführt, erhielt ich die verschiedensten Antworten: eine verheiratete Frau aus der Linie des Vaters, die Frau, die auch die poi-nyatika-Rite vollzogen hat oder, nach L. Amoak, ein medicine man, den er hier pobsido [Endnote11] nennt. In Anyenangdu Yeri ist es immer eine Tochter des Hauses” (yeri lie). Das Kind wird auf den Armen des Trägers ohne besondere Zeremonien herausgeführt.
Die Zeremonie des Ausführen ist bei den Bulsa nicht stark ausgeprägt, und in vielen Häusern scheint sie gar nicht als selbstständiger Akt bekannt zu sein, sondern man sagt, dass nach dem Ascheblasen Mutter und Kind das Gehöft verlassen dürfen. Vielleicht wird die Ausführung nur deshalb von einigen Informanten als selbständige Rite erwähnt (und ausgeführt?), weil diesen Informanten bekannt ist, eine wie große Rolle die Ausführungsriten bei den Akan-Völkern Südghanas spielen.
Das neugeborene Kind darf von Vater und Mutter vor der Ausführung bzw. pobsika nicht als das eigene Kind bezeichnet werden. Man spricht von ihm nur als von “jenem Kind” und es erhält den Namen nichaano oder chaano (Fremdling) und wird oft auch Asampan oder Anpan genannt.
Am 31. Juli 1994 führte Adeboalie, die etwa achtjährige Tochter Anamogsis den am 5. Juli 1994 geborenen Sohn Ayabalies ohne irgendwelche zusätzlichen Riten aus dem Haus. Anamogsi erklärte mir, dass diese Handlung nur von einer Tochter des Hauses (yeri-lie) ausgeführt werden könne.
Eine weitere “Ausführung” beobachtete ich im Gehöft Akanguli Yeri (Wiaga-Napulinsa) kurz vor der segrika (s.u.) deines Mädchens. Es hatte zwar schon vorher das Gehöft den kusung vor dem Gehöft besucht, durfte aber erst nach der offiziellen Ausführung die eigene Sektion zum Beispiel für einen Marktbesuch verlassen. Die Ausführende war eine in Akanguli eingeheiratete Frau aus Guuta (also nicht eine yeri-lie wie in Badomsa). Nach der Ausfühung setzte sich die Frau mit dem Kind hintereinander auf alle Ahnenschreine vor dem Gehöft (Oder gehörte diese Handlung schon zur segrika?).
c) Schwarze Kreuze (Ergänzungen zu den konkreten Beschreibungen)
Während in Anyenangdu Yeri die pobsika, die Einsalbung von Mutter und Kind sowie die Anbringung der schwarzen Kreuze gewöhnlich von einem Sohn des Gehöftherren ausgeführt werden, erhielt ich andere Informationen, dass eigentlich jeder diese Riten ausführen kann. Auch der Gehöftherr von Anyenangdu Yeri erklärte mir, dass die Wöchnerin nicht mit dem Sohn des Gehöftherrn Asche bläst, sondern mit der Geburtsmedizin, aus deren verkohlten Wurzeln die Asche hergestellt wird.
In einem mir bekannten Fall wurden sie von der Mutter des jungen Vaters, die gleichzeitig auch die älteste Frau des Gehöfts (Ama) war, ausgeführt. Auch andere Gebäudeteile (Speicher, Mahlraum, Schlafräume anderer Kinder) können solche schwarzen Kreuze erhalten [Endnote 11a]. Sie sollen das Kind, aber auch die Mutter und andere Bewohner des Gehöfts vor bösen Geistern und Gespenstern schützen {56}.
5. AUSSERGEWÖHNLICHE ERSCHEINUNGEN BEI DER GEBURT
a) Zwillinge (yibsa; dark Buli: nisima siye, wörtl. ‘zwei Arme’)
Jede Zwillingsgeburt, auch wenn sich die Zwillinge als harmlos herausstellen, hat einen übernatürlichen Grund und wird gemeinhin als Übel betrachtet. Gleich nach der Geburt suchen die Eltern einen Spezialisten für Zwillingsgeburten (yibsa tebro) auf, der herausfindet, ob die Zwillinge harmlos oder bösartig sind, d.h. ob es sich etwa um kikita [Endnote 12] (Sing. kikiruk) handelt, um danach im Geburtshaus der Zwillinge rituelle Maßnahmen durchzuführen (s. Kap II,5b). Der yibsa tebro übernimmt die Bekämpfung bösartiger Zwillinge und führt bestimmte Zeremonien im Hause harmloser Zwillinge aus. Ohne Schutzmaßnahmen im Hause der Zwillingsgeburt muss die Mutter damit rechnen, wieder Zwillinge oder sogar Drillinge zu gebären [Endnote 12a]. Wenn einer von zwei überlebenden Zwillingen krank wird, versucht man, dies vor dem anderen Zwilling geheimzuhalten, indem man den Kranken an einen entfernten Platz schafft. Falls er stirbt, wird er vom yibsa tebro an einem geheimen Ort begraben, und die Grabstelle wird eingeebnet, so dass es unmöglich für den überlebenden Zwilling ist, das Grab zu entdecken. Diese Maßnahmen erklären sich aus der Auffassung, dass Zwillinge nicht nur gleiche Anlagen haben, sondern auch stets das Gleiche tun möchten, da ihre Seelen (chiisa) und wena gleich sind. Falls ein Zwilling stirbt, wird auch die Seele (chiik) des anderen Lust verspüren, den Körper für immer zu verlassen, wenn sie vom Tod des anderen Zwilling erfährt. So berichtet Ayarik aus Wiaga, dass seine Frau Zwillingsbrüder hatte, von denen einer einige Jahre nach der Geburt starb. Sogleich brachte man den überlebenden nach Kumasi und verlegte den Eingang des Gehöfts in Wiaga an eine andere Seite. Auch zur Zeit der Information wusste der etwa fünfjährige Junge in Kumasi noch nicht, dass sein Bruder tot war.
Als in dem Hause Amoaning Yeri (Sandema Yongsa) ein weiblicher Zwilling starb, brachte man seine Schwester nach Navrongo und verlegte den Haupteingang des Gehöftes vor der Rückkehr des überlebenden Zwillings.
Zwei überlebenden weiblichen Zwillingen ist es nicht nur wie allen anderen in der Geburt aufeinander folgenden Schwestern verboten, den gleichen Mann zu heiraten. Sie sollen auch nicht in das gleiche Gehöft {57} heiraten. Falls dies jedoch geschieht, müssen sie verschiedene Hauseingänge benutzen. Die Frau, die zuerst in das Haus eingeheiratet hat, wird den Haupteingang benutzen, die später verheiratete einen Hintereingang, d.h. sie wird das Gehöft über eine Mauer verlassen.
Eine rituelle Schutzmaßnahme findet nicht nur unmittelbar nach der Geburt statt, sondern sie kann auch jederzeit in Problemfällen wiederholt werden. In einem solchen Ritual (nipok gomsika, wörtlich ‘Behandlung der Frau’), an dem ich am 9. Februar 1989 in einem Gehöft Bachinsas teilnehmen konnte, bezogen sich alle Riten in erster Linie auf die Mutter von den etwa 6-7 Jahre alten Zwillingen, die in die rituellen Ereignissen nicht mehr als die anderen Teilnehmer einbezogen wurden. Ausführende der Riten waren zwei Söhne Anamogsis (Atoa, der Ältere und Abiisi), die eine größere Anzahl vom medizinischen Wurzelstücken (tinangsa) vom biam-tiim Schrein ihres Gehöfts in einer Plastiktüte mitgebracht hatten.
In der Mitte des Innenhofes (dabiak) der Frau (?) errichtete man einen Herd aus drei Steinen.
Der Gehöftherr schüttete etwas klares Wasser auf den Boden des Innenhofes und informierte seine Ahnen über das bevorstehende Ereignis. Atoa legte die Wurzelstücke auf den Boden, schnitt einem braunen Huhn auf einer Holzunterlage zwei Zehen ab und bestrich jedes Wurzelstück mit dem Blut des Huhns. Danach legte er den größeren Teil der Medizin in einen schwarzen bimbili-Tontopf, der mit klarem Wasser gefüllt war. Die Mutter der Zwillinge nahm ein Wurzelstück, wobei ihre Hand von einem männlichen Hausbewohner (ihrem Gatten?) geführt wurde. Bevor sie das Wurzelstück in den Topf mit Wasser warf, kreiste ihre Hand zusammen mit der Hand des Mannes dreimal um den Topfrand, die vierte Drehung führte die Frau alleine aus. Dieses Teilritual wurde dreimal von der Frau und dem Mann wiederholt, das vierte Mal führte die Frau es alleine aus. Dann schüttete Atoa auch die restlichen Wurzelstücke des großen Haufens in den Wassertopf. Nach einem kurzen Gebet opferte er diesem mit einem kpalabik-Deckel geschlossenen Medizintopf hintereinander zwei dunkle Hühner, ein Perlhuhn und Hirsebier (daam).
Die Wurzeln des kleineren Haufens füllte er in einen mit vielen Löchern versehenen keramischen Räuchertopf (ngoadi) und setzte ihn auf das Feuer des Dreisteineherds, um die Wurzeln zu verkohlen. Mitunter schüttete er eine Handvoll Wasser auf die zum Teil brennende Medizin.
Als erster trat der Gehöftherr (yeri nyono) an den Räuchertopf heran und hielt seine Hände über den Rauch und Dampf, der aus dem Topf aufstieg. Als nächstes wurde ich gebeten, das Gleiche zu tun. Am ausführlichsten bediente sich die Mutter der Zwillinge. Sie hielt Außen- und Innenflächen beider Hände, ihre Knie und Füße über den Rauch und beugte sich dann über den Topf, um den Rauch einzuatmen. Es folgten weitere Hausbewohner. Schließlich wurden auch die Zwillinge zu dieser Prozedur gezwungen.
Die verbleibenden verkohlten Wurzeln brachte die Zwillingsmutter als Vorratshaltung in einer Kalebassenschale in ihr Zimmer. Einige Männer (!) nahmen die geopferten Hühner aus um sie zu kochen. Zwei andere Männer (!) stampften in zwei Mörsern die Zutaten für zwei verschiedene Saucen: 1. buura (Kerne einer kalebassenartigen Frucht, Cucumeropsis edulis? Egusi; Neri) und tue (Bohnen), 2. ngmaana (Okro). Nachdem allen Anwesenden der Rest des Hirsebiers angeboten worden war, trat eine Pause für die Fertigstellung der folgenden Mahlzeit ein.
Gegen 11 Uhr wurden die Aktivitäten fortgesetzt. Auf einem neuen Hackenblatt rieb Atoa mit einem runden Reibstein einen Teil der verkohlten Medizinhölzer und setzte etwas Salz und Schibutter hinzu. Dem Tontopf mit der flüssigen Medizin opferte er in der Hofmitte (sunsung) klares Wasser, Hirsebrei mit Sauce und Fleisch von den drei Hühnern. Kleine Portionen Hirsebreis wurden mit der schwarzen, öligen Medizin beschmiert und von mehreren Teilnehmern (dem yeri nyono, der Zwillingsmutter, den beiden Opferern u.a.) gegessen.
Gegen 12 Uhr fand das allgemeine Essen statt: Hirsebrei mit drei verschiedenen Saucen (1. buura/tue, 2. ngmaana, 3. eine jum-goalik Fischsauce). Hiernach erfolgte die Fleischverteilung der drei geopferten Hühner nach festgesetzten obligatorischen Regeln (Ich bekam einen Perlhuhn-Schenkel).
Nach mehreren Dankesreden waren die rituellen Handlungen der nipok–gomsika abgeschlossen. Als Bezahlung nahmen Atoa und Abiisi folgende Gaben mit in das Gehöft Anyenangdu Yeri: den Großteil der drei geopferten Hühner, das neue Hackenblatt, das lebende braune Huhn (mit zwei fehlenden Zehen), eine Kalebassenschale Mehl, in dem vier kleine muusa-Halme steckten, einen cheng-bili Tontopf mit Schibutter. Bevor wir über die beiden tiila-Steigbäume (innen und außen) den Innenhof verlassen wollten, nahm der Gehöftsherr weiße Asche vom Dreisteineherd und streute etwas davon auf jede Stufe der beiden tiila.
In Anyenangdu Yeri fanden später noch Opfer an den Medizinschrein (biam-tiim) des Gehöftes statt (nicht beobachtet). Hier wurde unter anderem das braune Huhn mit den fehlenden Zehen geopfert. Die Schibutter wurde zur weiteren Medizin-Herrichtung verwandt, das Mehl an die Kinder des Gehöfts verteilt und die muusa-Halme nach einiger Zeit entsorgt.
b) Missbildungen und körperliche Besonderheiten
Folgende körperlichen Kennzeichen zeigen eine kikiruk-Geburt an:
1. deformierte Arme und Beine,
2. ein eigenartiger, verstellter Gesichtsausdruck,
3. eine Hasenscharte,
4. mehr oder weniger als fünf Finger pro Hand,
5. mehr oder weniger als fünf Zehen pro Fuß,
6. schon vorhandene Zähne,
7. Haare in den Achselhöhlen und an den Schamteilen,
8. andere Zeichen von Frühreife,
9. Blindheit,
10. Kleinwüchsigkeit.
Die Eltern suchen nach der Geburt eines solchen Kindes einen Medizinmann (kikiruk paro) auf [Endnote 13], der sich auf solche Fälle spezialisiert hat. Er gibt den Eltern eine Medizin, die sie dem Kind einflößen. Wehrt sich das Kind gegen diese Medizin, so handelt es sich um einen bösartigen Fall. Die Medizin bleibt im Zimmer des Kindes stehen, und der erkannte kikiruk wird weiterhin schreien, jede Nahrung verweigern und stark abmagern. Dann kommt der Medizinmann noch einmal, besprenkelt das Haus von innen und außen mit einer flüssigen Medizin, damit in Zukunft keine kikita mehr geboren werden.
An einem solchen Ritual mit anschließendem Begräbnis konnte ich in Wiaga teilnehmen [Endnote 13a]. Im April 1988 kam ein Familienvater aus Wiaga-Sichaasa zu einem mir befreundeten kikiruk-paro (Besitzer der biam-tiim, wörtlich Geburtsmedizin, die auch gegen kikita hilft). Er hatte folgendes Anliegen:
Seine Frau hatte Zwillinge geboren, von denen einer die Mutterbrust nicht annahm. Nachdem er die Zwillingsmedizin erworben und angewandt hatte, starb der Zwilling, und der Vater bat nun den Medizinmann, seinen Sohn zu begraben. Dieser stimmte nach anfänglichen Bedenken zu. Gegen 21 Uhr begaben sich drei seiner Söhne und ich in das Gehöft der Zwillingsgeburt. Der verstorbene Zwilling, der einen außergewöhnlich großen Kopf hatte, lag auf dem Boden eines Rundhauses. Der ältere Sohn besprenkelte den Zwilling und die Wände des Raums mit der mitgebrachten biam-tiim. Nachdem der Vater das Halsband des Kindes entfernt hatte, steckte der älteste Sohn das Baby mit dem Kopf zuerst in ein großes Tongefäß (samoaning). Der Vater zeigte uns einen einige hundert Meter entfernten flachen, trichterförmigen Ameisenbau der gusunguri Ameise (‘black ant’, driver ant? Dorylinae?) und zog sich dann zurück. Die drei Söhne gruben in den Ameisenbau ein Loch und setzten den Tontopf mit dem Baby hinein.
Vor dem Verschließen des Loches zerstörten sie mit ihren Grabgeräten den Tontopf, damit die Ameisen schneller in den Topf eindringen und den Leichnam zerstören konnten. Mit Hilfe eines Grasbesens (sie), der später auf dem Grab liegen blieb, besprenkelten die Söhne die ganze Grabstelle. Zurück im Gehöft des Zwillingsvaters, überreichte uns dieser die obligatorischen Geschenke/Bezahlungen: 1 Ziege, 1 schwarzes Huhn und alle Geräte, die wir gebraucht hatten (den Hackenspaten und die Medizinkalebasse). Die geschenkten Tiere opferte später der kikiruk-paro in seinem Gehöft der biam-tiim (Geburtsmedizin). Danach mussten seine drei Söhne und ich von der biam-tiim trinken. Sie war völlig geschmacklos.
Auch später noch können körperliche Besonderheiten einen Menschen als kikiruk identifizieren. In Sandema-Kalijiisa lebt ein (1973) etwa vierzigjähriger, unverheirateter Mann, der etwa 1,30 m groß ist, der allgemein als kikiruk angesehen wird. Wenn er sich in der Nachbarschaft zeigt, schlagen und vertreiben ihn die Leute, da man annimmt, dass er durch seine übernatürlichen Kräfte die Erträge der Nachbarfelder auf seine eigenen Felder zaubern kann {58}.
Einer meiner Informanten berichtet in seiner Lebensgeschichte, dass er in seiner Kindheit oft für einen kikiruk gehalten wurde, da er schon sehr früh wie ein alter Mann sprach, “unheimlich” viel aß und alles viel besser konnte als seine Geschwister. Nur das Laufen lernte er nicht, bis er etwa drei bis vier Jahre alt war. Erst als ein Mann mit einem Fahrrad zum Gehöft kam, erklärte er seiner Mutter, dass er laufen könne, falls er zum Fahrrad gehen dürfe, und mit sicherem Schritt ging er ganz selbständig zum Fahrrad, was für viele Zuschauer wieder ein Zeichen war, dass er wohl doch ein kikiruk war.
c) Harmlosere Erscheinungen
Kinder, die mit Körperhaaren geboren werden, nennt man kobta nurba (Sing. kobta nur). Sie sind jedoch keine kikita und stellen auch keine Gefahr für die Familie dar, wenn sie nicht etwa auch unter den Achselhöhle behaart sind.
Eine Steiß- oder Fußgeburt (tulimbaziik) gilt als unheilvoller, aber sie ist auch kein Anzeichen für eine kikiruk-Geburt. Man bringt den Ahnen Opfer dar und lässt einen besonderen Medizinmann kommen, bevor das Kind ausgeführt ist. Die Medizin wird in einem zerbrochenen Topf oder einer zerbrochenen Kalebasse gebracht und wird dem Badewasser der Mutter und des Babys zugegeben. Meine damals etwa 60jährig Köchin in Anyenangdu Yeri zeigte mir in ihrem Schlafzimmer einen kleinen aus Erde geformten Schrein, den ich für ihren persönlichen wen-Schrein gehalten hatte. Es war ein tulimbaziik-bogluk. Die Frau hatte vor vielen Jahren eine Steißgeburt (mit tödlichem Ausgang des Babys) und man errichtete danach diesen Schrein, dem (bis zur Menarche?) geopfert werden musste.
d) Kinder, die am selben Tag geboren wurden
Ein solcher Fall ist mir aus Sandema-Kalijiisa-Yongsa bekannt. Mein Informant G. Achaw wurde am selben Tag geboren wie sein Freund John aus einem Nachbarhaus, das zu Kalijiisa-Chariba gehört. Wenn in einem Haus geopfert wird, muss stets ein Teil des Opferfleisches in das andere Haus geschickt werden, obwohl die beiden gleichaltrigen Männer sich zur Zeit in Südghana aufhalten. Kommen sie jedoch zu einem Besuch zurück, so müssen sie über alle Opfergaben unterrichtet werden. Falls im Haus G. Achaws eine Totengedenkfeier stattfindet, muss G. Achaw im Hause seines Freundes schlafen, auch wenn John nicht anwesend ist. Natürlich soll er alle Veranstaltungen der Totengedenkfeier besuchen. Wenn die beiden Freunde nicht zur gleichen Sektion (Kalijiisa) gehörten und nicht gleichgeschlechtlich wären, bestände kein Heiratsverbot zwischen ihnen {59}.
e) Bei Neumond geborene Kinder
Wenn Kinder gerade am “Geburtstag” eines neuen Mondes geboren werden, besteht zwischen ihnen und dem Mond eine Wechselbeziehung. Die Eltern hängen einem solchen Baby ein metallenes Mondamulett und den Hals [Endnote 14] (s. Fig. 2). Nach der Namensgebung wird der Metallmond gewöhnlich an der gleichen Schnur wie das Namensgebungshorn [Endnote 15] getragen. Sobald das Kind sprechen kann, wird es angeleitet, bei neu beginnendem Mond auf die Plattform des Hauses zu steigen und je nach Geschlecht des Kindes dreimal oder viermal Asche in Richtung auf den sichtbaren Mond zu blasen. Jedesmal sagt das Kind dabei:
Chiika a baling bo, N.N. a biiyo. Der Mond soll dünner werden und N.N. (Name des Kindes) soll dicker werden.
Falls diese Handlung nicht durchgeführt wird, wird das Kind mager und schwächlich bleiben, nach anderen Informationen kann es auch eine Hautkrankheit bekommen [Endnote 16].
Gewöhnlich wird das beschriebene Ritual nach einigen Jahren nicht mehr ausgeführt. Ein alter Mann aus Kubelinsa, der auch bei Neumond geboren wurde, trägt ein solches Amulett jedoch bis ins hohe Alter, weil er sonst bei jedem Neumond krank wird.
Gewöhnlich wird das beschriebene Ritual nach einigen Jahren nicht mehr ausgeführt. Ein alter Mann aus Kubelinsa, der auch bei Neumond geboren wurde, trägt ein solches Amulett jedoch bis ins hohe Alter, weil er sonst bei jedem Neumond krank wird.
Auch ein Kind aus Anyenangdu Yeri trägt am Hals ein Amulett mit zwei Metallmonden, weil angeblich am Tag der Geburt zwei Monde am Himmel standen.
6. TOD UND BESTATTUNG VON KLEINKINDERN
[Endnote 16a]
Stirbt ein Kind bei oder kurze Zeit nach der Geburt, so sollen die Eltern nicht jammern, da sonst dieses Kind immer wieder geboren wird und von neuem stirbt. Nach meinen eigenen Erkundigungen werden alle Totgeburten und das erste lebendgeborene Kind, das kurz nach der Geburt stirbt, am Aschenhaufen (tampoi) begraben. Die folgenden Kinder werden in der Nähe des Gehöftes an einem Fußpfad, der zum Elternhaus der Mutter führt, beigesetzt.
Der Gehöftherr von Akanming Yeri hat alle verstorbenen Kleinkinder im Viehhof begraben lassen. Da die Gefahr der Zerstörung und Öffnung eines solchen Grabes durch Tierhufe groß ist, haben die Gräber eine Schachttiefe von etwa einem Meter und werden mit einem besonders schweren Stein bedeckt. Dem Gehöftherrn ist bewusst, dass Bulsa gewöhnlich ihre Kinder außerhalb des Gehöftes begraben.
R. Schott erhielt 1966/67 zwei nicht ganz übereinstimmende Mitteilungen von verschiedenen Informanten. Nach einer ersten Information [Endnote 17] wird das erste Kind, das einer Frau bei der Geburt stirbt, an der Hauswand bei der Küche (gbanglong) begraben, so dass die Frau es leicht noch einmal gebären kann. Verliert die Frau später wieder ein Kind bei der Geburt, so wird es am Weg zum Elternhaus der Mutter des Vaters beigesetzt. Das Grab wird von einem Totengräber (vayiak, Pl. vayaasa) {60} geschaufelt, und dieser Mann bestattet auch das Kind, ohne dass Hausbewohner an der Beisetzung teilnehmen.
Nach der zweiten Information R. Schotts [Endnote 18] wird das erste Kind, das kurz nach der Geburt stirbt, am Weg zum Elternhaus der Frau begraben. Kinder, die tot geboren werden und das zweite Kind, das kurz nach der Geburt stirbt, werden am Abfallhaufen (tampoi) beigesetzt. Alle folgenden Säuglinge werden im Viehhof begraben [Endnote18a].
Die Kinder werden mit ihrer Schlafmatte, falls sie eine solche schon haben, aber ohne Kleidung beerdigt. Als Beigabe bekommen sie eine Schinuss-Schale voll Muttermilch. Die Oberfläche des Kindergrabes wird gekennzeichnet durch ein Stück zerbrochener Hauswand, nach R. Schott [Endnote 19] auch durch einen Stein, jedenfalls nicht durch einen boosuk-Topf, wie es bei Erwachsenen üblich ist.
Kinder bis etwa vier Jahren bekommen nie eine Totengedenkfeier, wenn nach ihnen nicht ein anderes Kind geboren wurde, und auch wenn sie jüngere Geschwister haben, wird nur eine formlose Totengedenkfeier kurz nach der Beisetzung mit nur wenigen geladenen Gästen stattfinden.
Stirbt einem Mann und einer Frau zum ersten Mal ein Kind, so werden den Eltern je nach dem Geschlecht des Kindes am dritten (männlich) oder am vierten (weiblich) Tag nach dem Tode des Kindes die Kopfhaare geschoren. Als L. Amoaks fast zweijähriger Sohn Awenawie starb, wurden der Mutter Awenawies am dritten Tag im Hause des sin-yigma [Endnote 20] die Haare geschoren. Die Mutter hielt sich drei Tage in diesem Hause auf und erhielt danach vom sin-yigma ein Perlhuhn und Hirsemehl für den eigenen Verzehr. L. Amoak selbst hatte vorher schon Kinder anderer Frauen durch den Tod verloren und wurde daher nicht noch einmal geschoren. Ist einige Zeit nach der Rasur das Haar etwas nachgewachsen, so schneidet man von Ohr zu Ohr und von der Stirn zum Nacken etwa zwei cm breite Streifen (naa-vuuk, Pl. naa-vuuta, wörtlich “Kuhpfad”) kahl, die also auf dem Kopf ein Kreuz bilden. Bei dieser Gelegenheit werden von den Eltern Bohnenkuchen, ein dunkler Fisch (englisch ‘mud fish’, Buli: jum sobli), und Ziegenfleisch in einer zeremoniellen Mahlzeit (gaasika) gegessen. Der Verzehr dieser Speisen war den Eltern nach dem Tod ihres Kindes verboten {61}.
Während meiner Feldforschungen habe ich nur einmal den Tod und die Bestattung eines Kleinkindes beobachten können. Am 12. Oktober 1988 wurde ich von einer Mutter des Gehöfts Anyenangdu Yeri geholt. Sie zeigte mir, dass ihr einige Wochen (?) altes Kind Akanchainfiik schwer atmete und das Trinken an der Mutterbrust aber nicht das Trinken klaren Wassers verweigerte. Ihre Temperatur betrug 37°C. Ich fuhr sofort mit Mutter und Kind auf dem Rücksitz meines Mofa zur katholischen Krankenstation Wiaga. Die Krankenschwester war verärgert, dass die Mutter sie zu spät mit einem schwerkranken Kind aufgesucht hat. Sie hatte wohl eine schwere Brustinfektion (Lungenentzündung) und bekam zwei Injektionen und zusätzliche Medizin für die häusliche Behandlung. Nach einer kurzzeitigen Besserung starb Akanchainfiik am nächsten Morgen. Als ich um 7 Uhr aus einem Nachbargehöft zurückkam, saßen einige Männer aus Anyenangdu Yeri und aus Nachbargehöften an der äußeren Gehöftwand nicht weit vom Eingang (nansiung) unter einem notdürftig errichteten Schattendach. Es herrschte eine große Stille und alle notwendigen Äußerungen wurden mit leiser Stimme gesprochen, allerdings hörten man keine Klagen.
Anamogsi führte mich in das Wohnquartier der Mutter. Sie saß vor einem Raum, in dem mehrere ältere Frauen aus Anyenangdu Yeri und Nachbargehöften schweigend auf einer Bank saßen. Eine Nachbarfrau hielt das tote Kind auf ihrem Schoß. Man bat mich, noch einmal zu prüfen, ob Akanchainfiik wirklich tot war. Ich fühlte keinen Puls oder Herzschläge und das Kind war schon kalt. Anamogsi zeigte mir die Stelle im Viehhof, wo das Kind (nach seiner Ansicht) begraben werden sollte.
Vor dem Gehöft war der Nachbar und Totengräber Ansoateng damit beschäftigt, einen Spaten aus einem unbearbeiteten geraden Ast und einer Beilklinge herzustellen. Den Holzgriff einer alten Hacke verkürzte er für die Arbeiten in einem engen Grabschaft.
Ansoateng und zwei junge Helfer begannen am tampoi (Abfallhaufen, nicht im Viehhof!) mit der Ausschachtung des Grabes, als Anamogsi sie unterbrach und sie bat, an einer anderen Stelle zu graben, da er hier später einen kusung bauen wollte. Man wählte nun eine andere Stelle weiter vom Fuße des tampoi entfernt am Rande eines Hirsefeldes.
Alle männlichen Gäste (und ich) saßen weiterhin in einem Abstand von ca. 20 Metern vom Grab entfernt an der Gehöftwand. Anamogsi schickte mich zum Grab, weiß er wusste, dass ich gerne Einzelheiten über die Beerdigung sehen wollte. Das Grab war etwa 50 cm tief, der obere Durchmesser betrug etwa 30 cm, der runde Boden hatte einen Durchmesser von etwa 50 cm, d.h. der Schacht verbreitete sich nach unten. Neben den oben genannten Werkzeugen wurden auch zwei Kalebassen zum Ausschachten benutzt, wenn man hierfür nicht die bloßen Hände nahm.
Zwei Nachbarfrauen brachten nun den unbekleideten Leichnam Akanchainfiiks zusammen mit einem Blätterbüschel (wogta?) in einer kleinen Schlafmatte (tiak). Der Totengräber Ansoateng war von nun an die einzige tätige Person. Er riss dem toten Kind das Halsband, eine Armschnur und die Hüftschnur ab und legte alles zu den Blätterbüschel neben dem Grab. Ansoateng platzierte das Kind so in das Grab, dass der Kopf zum Süden zeigte, das Gesicht (zunächst) gegen Osten. Im Grab nahm er Manipulationen an den Fingern und Zehen des Kindes vor. Hatte er sie verdreht? Später sagte er mir, er hätte sie mit Wasser abgewaschen. Die Beine der Toten waren angehockt, die Hände lagen über den Ohren (damit keine Erde in diese eindrang). Schließlich legte Ansoateng das Kind mit dem Gesicht gegen Westen (Hatte er vorher einen Fehler gemacht?). Mit seinen Händen warf er Erde ins Grab und stampfte sie mit dem Holzende des dachoruk fest. Ein Helfer holte einen schweren Lateritstein, mit dem Ansoateng die Erde noch fester stampfte und gleichzeitig eine flache Vertiefung schuf. Er nahm den Stein und führte viermal mit ihm Kreisbewegungen über dem Grab durch, bevor er ihn in der Vertiefung fixierte.
Die beiden Kalebassen zerstampfte Ansoateng vollständig mit den Füßen und deponierte die Scherben, zusammen mit dem dachoruk und der Hacke westlich neben dem Grab. Die beiden Eisenklingen der Grabgeräte wurden später entfernt und ins Haus gebracht. Die abgerissenen Körperschnüre Akanchainfiiks und das Blätterbüschel legte Ansoateng östlich vom Grab auf den Boden und bedeckte alles leicht mit Erde. Die drei Totengräber wuschen sich genau über dem Grab die Hände und das Gesicht, Ansoateng auch die Beine und schütteten den Rest des Wassers auf das Grab.
An der äußeren Gehöftmauer dankten Gehöftbewohner in mehreren Reden den drei Totengräbern. Der Vater Akanchainfiiks kam hinzu. Er war sehr niedergeschlagen, zeigte aber keine Traueräußerungen.
Da Akanchainfiik das erste Kind war, das ihre Mutter durch Tod verloren hatte, wurde ihr nach einiger Zeit der Kopf geschoren (barisika, ‘Rasur’), wodurch eine Kreuzform auf dem Kopf entstand (Ich habe weder diese Prozedur noch das Resultat später gesehen, da die Mutter danach immer ein Kopftuch trug).
7. WIEDERGEBURT
Der Glaube an eine allgemeine Wiedergeburt ist bei den Bulsa wohl unterschiedlich verbreitet. Einige sagen halb scherzhaft, dass ein Kind wohl der wiedergeborene Großvater ist, wenn das Kind große Ähnlichkeit mit dem Verstorbenen hat. Andere glauben, dass in jeder Geburt ein Ahne wiedergeboren wird und dass der Wahrsager auch den Namen dieses Ahnen herausfinden kann. Der betroffenen Person gegenüber darf man dies aber unter keinen Umständen erwähnen.
Margaret Bawa berichtet, dass in Gbedema schwangere Frauen nicht wollen, dass ein sehr alter Mann hinter ihnen steht, da sie ihn leicht nach seinem Tode wiedergebären könnten (ngmani, ‘wiederkehren’). Solche Kinder sterben leicht und werden dann wiedergeboren. Kinder, die wiedergeborene Vorfahren sind, werden oft verwöhnt, man erspart ihnen zum Beispiel harte Feldarbeit. Wenn man sie beleidigt oder ihnen gegenüber erwähnt, dass sie eine Wiedergeburt sind, kann leicht ein Unglück geschehen, falls man dem reinkarnierte Ahnen nicht ein Sühneopfer darbringt. Mitunter werden auch lebende Greise mit neugeborenen Kinder in Verbindung gebracht. Wenn der alte Mann stirbt, stirbt auch das Kind.
Als in Wiaga-Tandem ein alter, sehr beliebter Mann starb, legte man vor seiner Beerdigung weiße Asche (buntuem) auf sein Kopfhaar. Kurze Zeit später wurde im gleichen Haus ein Kind geboren, das in der Mitte des Schädels weiße Haare hatte, während sie an den Seiten schwarz waren, genau wie man die Asche bei dem verstorbenen Verwandten gelegt hatte. Man legt dieses Ereignis als Beweis für eine Wiedergeburt aus.
Es besteht allgemein kein Zweifel daran, dass Kleinkinder, die sterben, später der gleichen Mutter wiedergeboren werden können. Gerade wenn eine Frau viele Fehlgeburten hintereinander hatte oder die Kinder im jungen Alter sterben, glaubt man, dass das Kind oder ein unbenennbarer böser Geist (ja-biok, wörtlich “eine böse Sache”) der Frau einen Schabernack spielt. Durch verschiedene Maßnahmen, z.B. eine spezielle Namensgebung [Endnote 21] oder durch besondere Narbenschnitte [Endnote 22] versucht man, diesem Spiel ein Ende zu bereiten. Es scheint wenigstens bei den Informanten nicht völlige Klarheit darüber zu herrschen, ob das Kind mit dem bösen Geist gleichzusetzen ist oder auch selbst ein Opfer dieses bösen Geistes ist. Wahrscheinlich trifft die letzte Annahme zu, denn eine Mutter wünscht nach einer Information, dass ihr ein verstorbenes Kind wiedergeboren wird.
Wenn gerade ein Kind gestorben ist, ergreift man Maßnahmen, um ein längeres Leben des nächsten Kindes zu bewirken. Kurz vor der Beerdigung dreht man dem toten Kind je einen Finger einer Hand über einen anderen, das gleiche auch bei den Zehen [Endnote 23]. Das nächstgeborene Kind wird mit dieser Fingern- und Zehenstellung zur Welt kommen und dann nicht wieder als Kleinkind sterben {62}.
Nach anderer Information (Akoasisi aus Siniensi) wird mitunter sogar dem nach mehreren Fehlgeburten lebend geborenem Kind ein Zeh umgedreht oder ein Zeh oder ein Finger abgeschnitten. Diese Verstümmelungen haben eine ähnliche Bedeutung wie das Schneiden von Narben nach Fehlgeburten [Endnote 24] und sollen auch ein Sterben dieses Kindes verhindern, da der “böse Geist” das verstümmelte Kind nicht wiedererkennt und in Ruhe lassen wird.
Als einer Frau in Wiaga-Tandem häufig Kinder starben, kam nach einer weiteren Geburt eine ausgeheiratete “Tochter des Hauses” zurück in ihr Elternhaus, legte das lebende Kind auf den Aschenhaufen (tampoi), und streute Asche vom tampoi auf das Kleinkind. Hiernach sollten der Frau keine weiteren Kinder mehr sterben. Möglicherweise wird in der letztgenannten Handlung eine Bestattung vorgetäuscht, um dem bösen Geist den Tod des Kleinkindes glauben zu lassen. Auch gibt es den Brauch, weiße Asche auf den Kopf des zuletzt gestorbenen Kindes zu streuen [Endnote 25].
Der vorgetäuschte Verkauf eines nach mehreren Fehlgeburten geborenen Kindes (kpi-le-ngman-jamdoa, ‘Gestorbener Wiederkehrer’) scheint bei den Bulsa nicht traditionell zu sein. In Accra habe jedoch wohl einige Bulsa dieses Ritual von anderen Ethnien übernommen zu haben. In einem bekannten Fall “verkaufte” eine Bulsa Frau ihr neugeborenes Kind in einem Korb an einen Zambarima-Mann und gab ihr den Namen Azambaring. Das Kind wird sofort der Mutter zurückgegeben, da es ja gestillt werden muss. Der Kaufpreis ist sehr gering, zum Beispiel drei Pesewas (sampoak), nach dem auch das Kind Asampoak genannt werden kann. Auch von Aussetzungen solcher Kinder im Busch (sagi) habe ich in Verbindung mit dem Namen Asagi gehört.
Die ausführlichste Information über Rituale und Bräuche nach einer Wiedergeburt erhielt ich durch Margaret Bawa (Gbedema). Sie schließen zum Teil von anderen gegebene Einzelinformationen ein. Wenn ein Kind zum 3. Mal stirbt, werden folgende Rituale oder ein Auswahl von ihnen vorgenommen:
• Ein Zeh wird über den anderen geschoben.
• Ein Zeh wird gebrochen und nach innen umgebogen.
• Roter Ton (junung, daluk) wird auf eine Stelle des Arms, Oberschenkels oder Gesichts geschmiert; bei einer Wiedergeburt werden diese Hautstellen heller sein.
• An einer Stelle werden die Kopfhaare ausgezogen; das Kind wird mit einer kahlen Stelle auf dem Kopf wiedergeboren.
• Auf eine Stelle der Kopfhaare legt man weiße Asche; an dieser Stelle wird das Neugeborene weißhaarig sein.
• Der obere Teil des Ohrs wird umgebogen.
Meistens wird es nicht notwendig sein, dem Kind noch zusätzlich abwertende Namen (Sklavennamen) zu geben.
Bevor eine Frau nicht das 3. Kind verloren hat, soll sie den Tod nicht beweinen, da das Kind sonst meint, es wäre sehr erwünscht und daher immer wiederkehrt. Nach dem Tod des 3. Kindes darf die Mutter weinen, da die Verstümmelungen mit Sicherheit wirken. Die Mutter meiner Informantin kannte keinen Fall einer kindlichen Wiedergeburt nach dem oben erwähnten Prozeduren. Nur wenn die Mutter mit dem ungeborenen Kind stirbt, wird der toten Frau das Kind aus dem Leib herausgepresst um zu sehen, ob es die oben angebrachten Markierungen oder Verstümmelungen besitzt. Wenn dieses zutrifft, waren die Markierungen die Todesursache, denn das Kind hätte nach der Geburt keine Möglichkeit mehr gehabt, noch einmal zurückzukehren.
8. EINSTELLUNGEN UND VERHALTEN DER SCHÜLERGENERATION
Den Schülern, Schülerinnen und Schulabsolventen wird oft nachgesagt, dass sie häufiger vorehelichen Sexualverkehr haben als ihre analphabetischen Altersgenossen. Es ist auch wenig umstritten, dass den meisten Schülern Verhütungsmaßnahmen bekannt und Verhütungsmittel zum Teil zugänglich sind. Eine Schwangerschaft wird oft nicht gewünscht, weil sie die Schul- oder Berufslaufbahn gefährdet. Trotzdem ist es der Wunsch der meisten Schüler, später eine große Familie mit vielen Kindern zu haben und auch für Schülerinnen bedeutet es eine unvorstellbare Schande, wenn sie sich später als unfruchtbar erweisen sollten [Endnote 26].
Abtreibungen sollen – wenn auch sehr selten – mitunter vorkommen, jedoch ist mir nur ein einziger Fall einer verheirateten Schulabsolventin {63} bekannt. Über ihre Motive konnten selbst Hausbewohner nichts Sicheres erfahren, jedoch nimmt man an, dass sie Angst vor der Geburt hatte. Keineswegs spielten emanzipatorische Gedanken eine Rolle, denn als Schülerin hatte sie sich der Exzision unterzogen und hatte mir noch kurz vor ihrem zweiten tödlichen Abtreibungsversuch einen Bericht von ihrer Exzision gegeben.
Weniger in ihrer Einstellung zur Geburt und zum Kindersegen unterscheidet sich die jüngere Generation von der älteren, sondern mehr in ihrer Einstellung zu den mit Schwangerschaft und Geburt verbundenen Einschränkungen, Verboten und rituellen Handlungen. Die oben [Endnote 27] aufgeführten Speiseverbote werden als grober Unsinn bezeichnet, und wie man im Hygieneunterricht gelernt hat, sollte man der Schwangeren gerade eiweißreiche Nahrung verabreichen.
Eine junge katholische Schulabsolventin berichtet jedoch, dass sie in ihrer Schwangerschaft nie Speisen vom Vortage genossen habe, alle andern Vorschriften aber nicht beachtet habe.
Die Zeremonie des Wasserschüttens, die der öffentlichen Verkündigung der ersten Schwangerschaft vorausgeht, wird von einigen Schulabsolventen noch durchgeführt. Gerne wird für die Durchführung dieser Zeremonie auch eine Verwandte mit Schulbildung herangeholt, da diese ja später einen großen Einfluss auf die Erstgeburt ausübt, wenn es sich um ein Mädchen handelt. Einige christliche Bulsa erkennen die Einsegnung der Schwangeren und die öffentliche Verkündigung der Schwangerschaft in der Kirche als vollen Ersatz für die traditionelle Zeremonie an und bezeichnen diese als Zeitverschwendung (waste of time). Gewöhnlich achtet man jedoch auch darauf, dass vor der kirchlichen Verkündigung die Schwangerschaft im Beisein der Schwangeren nicht erwähnt wird.
Das Datum und der Wochentag der Geburt wird vom schreibkundigen Vater sorgfältig aufgeschrieben, und auch mancher analphabetische Vater bittet heute einen Hausbewohner, das Geburtsdatum seines Kindes aufzuschreiben. In neuester Zeit wird auch die Registrierung aller Geburten im Health Centre [Endnote 28] von den Behörden gefordert [Endnote 29].
Falls der junge Vater mit Schulbildung die 2-3 Cedis (ca. 5 DM) für einen Krankenhausaufenthalt seiner Frau aufbringen kann, wird {64} seine Frau ihr Kind im Krankenhaus einer Missionsstation oder des Health Centre bekommen. Auch manche analphabetische Väter schicken ihre Frauen heute zur Geburt in das Krankenhaus.
Schwierigkeiten gibt es mitunter bei der Durchführung der Riten in den ersten Tagen nach der Geburt. Pobsika-Riten werden heute häufig im Krankenhaus durchgeführt, wenn der Gatte oder die Eltern zum ersten Mal das Krankenzimmer der Wöchnerin betreten. Die Asche wird oft von den Krankenschwestern aus ihrem eigenen Ofen besorgt, d.h. es handelt sich dann nicht um Asche von medizinischen Wurzeln.
Christliche Eltern lassen ihre Kinder taufen, jedoch verstreichen oft einige Monate oder Jahre, bevor dies geschieht. Es wäre einer Untersuchung wert herauszufinden, ob die Taufhandlung auch als Reaktion auf Krankheiten oder schwieriges Verhalten des Kindes ausgeübt wird, wie es bei der traditionellen Namensgebung oder dem wen-piirika-Ritual der Fall ist. Mit der Taufe ist natürlich eine christliche Namensgebung verbunden, wobei z.B. in Sandema der presbyterianische Missionar oder ein Katechist mehrere englische Namen vorschlägt und der Vater sich einen aussuchen kann.
Tötungen von “Feengeburten” (kikita) und Zwillingen werden besonders von christlichen Eltern, aber heute auch von den meisten nichtchristlichen Eltern abgelehnt, und manchen christlichen Eltern sind Zwillinge besonders willkommen. Trotzdem gibt es an manchen Schulen Kinder, die wegen ihrer Körperstatur oder wegen ihres Verhaltens von den übrigen Schülern als kikita angesehen werden. Keineswegs wird jeglicher Umgang mit ihnen gemieden, denn “es ist nicht ihre Schuld, dass sie kikita sind”, aber es kann auch keine herzliche Freundschaft aufkommen, da man oft im geheimen diese Schüler fürchtet. “Zwillinge sind heutzutage meistens harmlos”, sagte mir ein Schulabsolvent. Trotzdem kursieren in Schülerkreisen manche Geschichten über ein bösartiges Zwillingspaar, zwei Brüder, die nach Abbruch ihrer Schulausbildung heute im Süden leben. Auch scheint es noch häufig Zwillinge zu geben, die selbst nicht wissen, dass sie Zwillinge sind, und deren Geburtsdaten sich offiziell um 1-2 Jahren unterscheiden, oder die sogar als Kinder verschiedener Mütter ausgegeben werden {65}.
ENDNOTEN (GEBURT)
1 Für ‘gebären’ verwendet man in Buli die Verben biagi oder vuugi. Letzteres hat auch die Bedeutung ‘to live, to survive’ Die Frage an einen Gatten “Fi poowa an diem vuug-ya?” (Hat deine Frau schon geboren?) ist nur erlaubt, wenn die Frau schon schwanger ist.
1a Eine Geburt, die nicht im gbanglong stattfindet, hat häufig einen Einfluss auf den Namen des neugeborenen Kindes. Vgl. Kapitel III B, 3b, S. {94f.}
1b Eine Frau, die besonders erfahren als Geburtshelferin ist, kann als poi-yigro (poi = Bauch; Schwangerschaft; yigro = “Fänger”; jemand, der etwas auffängt), weniger erfahrene Helferinnen können als maariba (sing. maaro; maari = helfen) oder tabriba (sing. tabro; tabri = vorsichtig behandeln) bezeichnet werden.
1c Die Texte der 1. Auflage wurde daher hier ausgelassen.
2 Tagebucheintragung vom 30. Dez. 1966.
3 Die Kusase, S. 81 f.
4 Vgl. Lageplan, Kap. V, S. {185}.
5 Koalima (Pl.) hat auch die Bedeutung “Güter, Ladung, Last.”
6 Vgl. E. Haaf, Die Kusase, S. 83 {352}.
7 Inf. G. Achaw aus Sandema-Kalijiisa.
7a Die nicht völlig in dem dunklen Raum erfassten Körperteile wurden nach anderen Salbungen im gleichen Gehöft ergänzt.
8 Vgl. hierzu Kapitel I,3, S. {40} und Kapitel I,5, S.{44}.
8a Die Bulsa unterscheiden sich hier von einigen Nachbarethnien, z.B. den Frafra, die die Nase aussaugen.
8b Bulsa Jungen und Mädchen im jungem Alter tragen unten offene Kleider, damit sie ihre Notdurft ungehindert verrichten können. Diese wird sofort von einem herbeigerufenen Hund verzehrt.
9 Inf. durch R. Schott, Unveröffentlichte Feldnotizen 1966/67, S. 224.
10 Man sagte mir, es seien genau vier Tage seit der Geburt der Tochter (am 8. August) vergangen (vier: weibliches Prinzip). Vier Tage entsprechen der Norm.
11 Pobsido ist nomen agentis von pobsi (Asche blasen); pobsika ist Verbalnomen von pobsi.
11a Vgl. D. Tait, The Konkomba of Northern Ghana (London, 196 1), S. 200. Eine Abbildung findet sich bei R.S. Rattray, The Tribes of the Ashanti Hinterland, Fig. 87 (nach S. 380).
12 Kikita sind Unholde mit übermenschlichen Kräften, die gewöhnlich in menschlicher Gestalt auftreten. Vgl. Schluss, 3, S. {329f.} dieser Arbeit und R. Schott, Aus Leben und Dichtung, S. 60ff. Von den beiden Sprachvarianten kikiruk und chichiruk wird kikiruk vor allem in Wiaga, Siniensi und in den südlichen Teilen des Bulsa-Landes gebraucht, chichiruk vor allem in Teilen Sandema und in Chuchuliga. Kikiruk soll angeblich das ursprüngliche Buli-Wort sein, chichiruk vielleicht eine Entlehnung. Mit kikiruk (Pl. kikita) darf nicht kikerik (Pl. kikerisa) verwechselt werden. Kikerik ist ein Geistwesen, das niemals menschliche Gestalt annimmt.
12a L. Fleischer (1977: 104) stellt für die Hausa die Vermutung an, dass die Ablehnung von Zwillingen darauf beruht, dass die Seniorität der beiden in Frage gestellt wird. Auch bei den Bulsa gelten Zwillinge mit unterschiedlichem Geschlecht als weniger gefährlich. Der zuerst Geborene gilt als der Jüngere, der von dem Älteren vorausgeschickt wurde.
13 Mein Informant, der teng-nyono von Wiaga-Sinyangsa, ist gleichzeitig yibsa-tebro und kikiruk paro.
13a Eine ausführlichere Beschreibung befindet sich in Kröger 2019: 83-85.
14 Ein solcher Mond aus Eisenblech soll stets ein Band zum Aufhängen besitzen, und auch auf dem Markt kann man ihn nur mit einer Faserschnur kaufen. Man glaubt, dass der Mond am Himmel aufgehängt ist, und darum soll auch sein Abbild stets ein Band zum Aufhängen haben. Vgl. Abb. 2.
15 Vgl. Kapitel III,1, S. {68} und Kröger 1984: 149-151.
16 Vgl. auch E. Haaf, Die Kusase, S. 90 und F.Kröger1984: 149-151. Ein Ascheblasen (Buli pobsika) mit dem Mond, wie es Prinzessin Marie Louise schildert (1926: 116), ist den Bulsa nicht bekannt (s. auch Kapitel II,4,a).
16a Gemäß dem 1960 Population Census of Ghana (S. 313) ist die Kindersterblichkeit bei den Bulsa in den ersten vier Lebensjahren besonders hoch. In einem Zeitraum von 12 Monaten starben Kinder (absolute Zahlen): unter 1 Jahr: 520; 1-4 Jahre: 300; 5-14 Jahre: 80; 15 Jahre und älter: 20.
17 Unveröffentlichte Feldnotizen 1966/67, S. 185.
18 Ibd., S. 225.
18a Von L. Amoak erhielt ich kurz vor Abschluss dieser Arbeit (1978) brieflich folgende Mitteilung: Das erste Kind, das einer Mutter in sehr jungem {353} Alter (unter 1 Jahr) stirbt und Kinder, die im embryonalen, nicht lebensfähigen Zustand geboren werden, begräbt man im tampoi. Weitere lebendgeborene Kinder werden am Fußpfad zum Elternhaus der Mutter des Kindes beigesetzt. Hinter der Küche (gbanglong) werden Kinder nie begraben, jedoch wird an dem Tage, an dem die Nachgeburt eines Kindes im tampoi begraben wird, ein Loch hinter dem gbanglong gegraben, das später wieder zugeschaufelt wird, ohne dass man darin etwas begraben hat. Meinem Informanten L. Amoak starben selbst zwei Söhne in jungem Alter. Die erste war schon über ein Jahr alt und wurde am Fußpfad beerdigt, “da er für den tampoi schon zu alt war.” Der zweite Sohn starb kurz nach der Geburt und wurde auch am Fußpfad begraben.
19 Unveröffentlichte Feldnotizen 1966/67, S. 185.
20 Von L. Amoak mit “middle-man” übersetzt; deutsch vielleicht “Vermittler”; “sin/san”: Kurzform von sunsung = Mitte, inmitten, zwischen.
21 Vgl. Kapitel IIIB,3h S. {105f.}
22 Vgl. Kapitel IV,5i, S.{128 ff.}
23 Vgl. die Körperverstümmelungen in einem solchen Fall bei den Kusasi (E. Haaf, Die Kusase, S. 90) und bei den “Dagaba” (R.S. Rattray, The Tribes of the Ashanti Hinterland, S. 423).
24 Vgl. Kapitel IV,9, S. {136ff.}
25 Diese Maßnahme soll vielleicht eine Wiedergeburt bewirken. Vgl. auch Kapitel I,1, S. {61f.}
26 Vgl. den Bericht der Schulabsolventin, Kapitel I,1, S. {37}.
27 Kapitel I,4; S. {41f.} und Kapitel II,3? S. {50f.}
28 Das Health Centre in Sandema ist eine öffentliche Krankenstation, in der einige ausgebildete Krankenpfleger (1974 noch ohne Arzt!) die Betreuung der Kranken übernommen haben.
29 Da es in meinem Wohngehöft Anyenangdu Yeri bekannt war, dass ich in einem Census auch alle Geburten, Hochzeiten, Todesfälle usw. registriert hatte, erhielt ich auch Jahre nach meinem letzten Aufenthalt (2011) noch Briefe, und später auch Messages einer Bulsa Facebook Group, in denen die inzwischen Erwachsenen, damaligen Kinder, ihr Geburtsdatum erfragten. Sie brauchten es für Bewerbungsschreiben und andere Formulare.
- Titel, Vorwort, Inhalt, Einleitung
- Schwangerschaft und Geburt
- Namensgebung und Namen
- Skarifizierungen
- Wen-Riten
- Beschneidungen
- Brautwerbung und Ehe
- Tod, Trauer und Bestattung (1. Teil)
- Tod und Bestattung (2.Teil)
- Die Kumsa Totenfeier
- Die Juka Totenfeier
- Schluss
- Anhang
- Literaturverzeichnis
- Gesamtedition der Übergangsriten