IM  AUFBAU !

UNDER CONSTRUCTION!

TOD, BESTATTUNG UND TOTENFEIERN

DEATH, BURIAL, AND FUNERAL CELEBRATIONS

Aufarbeitung von Feldnotizen und Einzelinformationen

Abkürzungen
fn: Feldnotiz des Autors mit Jahreszahl und Karteinummer (gesammelt auf Randlochkarten)
F.K. (fk): Franz Kröger (Autor)
FB: Feldbuch mit originalen Aufzeichnungen vor Ort

 

1. EINLEITUNG

ZUR ERFORSCHUNG VON RITUALEN DES TODES

Als ich 1972-74 Material für meine PhD-Thesis über die “Übergangsriten der Bulsa” sammelte, bemerkte ich sofort, dass ich bei der Erforschung von “Tod und Bestattungen” starke Widerstände und Einschränkungen zu erwarten hatte. Die für Fremde eher zugänglichen Totenfeiern (Kumsa und Juka) kamen mir in ihrem Ablauf zuerst etwas chaotisch vor, und der Sinn einzelner Rituale war oft nur schwer erkennbar. Mir wurde bewusst, dass für eine intensive erfolgreiche Erforschung eine längere und mehrjährige Beschäftigung notwendig war. Daher habe ich eine eingehende Erforschung dieses Themas eingestellt, und auch in der Veröffentlichung meiner PhD-Thesis (1978) fehlt die Beschreibung und Analyse dieses außerordentlich wichtigen Übergangsrituals.
In den folgenden Forschungsaufenthalten bei den Bulsa (1978, 1981, 1984, 1986, 1988-89, 1994, 1997, 2001, 2002-3, 2005, 2006, 2008, 2011, 2012) standen meistens andere Themen im Zentrum meiner Feldforschungen (z.B. Ahnenverehrung, Divination, materielle Kultur, Mungo-Kult, Erdkult, Geschichte der Bulsa u.a.). Erst nachdem ich durch meine wiederholten Aufenthalte in dem Gehöft Anyenangdu Yeri (Wiaga-Badomsa) Vertrauen und eine große Offenheit in Bezug auf Informationen von allen Gehöftbewohnern, vor allem vom Gehöftherrn (yeri nyono) Anamogsi, gewonnen hatte, wagte ich mich an die schwierige Erforschung der mit der schmerzlichsten Lebenskrise verbundenen Rituale und Einstellungen.
Der Tod selbst ist ein Ereignis, das die nahen Verwandten in einen so starken Zustand der Betroffenheit versetzt, dass außenstehende Beobachter nicht gerade erwünscht sind. Wenn ich anfangs innerhalb einer mir irgendwie bekannten Familie um die Erlaubnis bat, an der Bestattung teilnehmen zu dürfen, so bekam ich entweder eine klare Absage oder man erklärte, dass die Beerdigung schon im Dunkel der Nacht durchgeführt worden war. So ist es nicht verwunderlich, dass die einzigen drei Bestattungen mit all ihren Ritualen, die ich in meinen sich über 40 Jahre erstreckenden Feldforschungen bei den Bulsa in all ihrer Vollständigkeit beobachten und durch Fotos dokumentieren konnte, mir in irgendeiner Weise durch den Gehöftherrn (yeri nyono), Erdherrn (teng nyono) und Elder (kpagi) Anamogsi ermöglicht wurden. Die Beisetzung seiner im Säuglingsalter verstorbenen Enkelin Akanchainfiik fand vor dem Gehöft Anyenangdu Yeri statt. Die Bestattung von Anamogsis Urenkelin Asiuklie in Wiaga-Yisobsa wurde mir außerdem durch Anamogsis Enkel Yaw (Asiuklies Vater) ermöglicht. Die Teilnahme an der “Beerdigung” eines in der Fremde verstorbenen Mannes ohne Leichnam war mir nur möglich, weil Anamogsi als Elder (kpagi) des Lineage-Segments des Trauerhauses wichtiger Mitveranstalter der Bestattung war und wir so keine Erlaubnis vom Gehöftherrn des Verstorbenen brauchten.
Im Gegensatz zu den im engeren Familienkreis stattfindenden Beerdigungen sind die erst in der nächsten Trockenzeit oder sogar Jahre später stattfindenden Totenfeiern (Kumsa und Juka) viel stärker eine öffentliche Angelegenheit. Die Elders im kusung-dok, dem geschlossenen Versammlungsraum vor dem Gehöft, versagen im Regelfall auch einem völlig fremden Besucher nicht die Teilnahme an der Feier, nachdem dieser sie mit einer Flasche akpeteshi (Palmbranntwein) begrüßt hat. Falls Bedenken gegen die Teilnahme eines Europäers geäußert werden, so gehen sie meistens von jüngeren Teilnehmern mit einer schulischen Bildung aus. Eine solche Opposition erlebte ich zweimal in Wiaga. Sie wurde jedoch mit großer Vehemenz von den Elders abgewehrt. In Wiaga-Mutuensa ließen mich die alten Männer sogar zu sich kommen, spendierten mir einen Drink und betonten, dass ich weiterhin bei dieser Feier sehr willkommen sei. In Wiaga-Chantiinsa war es ein sonst in Südghana wohnender Sohn des Verstorbenen, der Einwände gegen meine Teilnahme vorbrachte, aber sofort von den Elders zurückgewiesen wurde.
Bei allen anderen Teilnahmen wurde mir ein wohlwollendes Willkommen entgegengebracht. In Wiaga-Guuta kam nach der Begrüßung der Veranstalter (yeri nyono?) zu mir und sagte, dass dieses eigentlich eine kleinere Totenfeier sei. Durch meinen Besuch würde sie jedoch als eine große und bedeutende angesehen.
Für das Fotografieren einzelner Rituale können keine allgemeinen Regeln aufgestellt werden. Meistens fragte ich bei der Begrüßung, für welche Rituale und andere Aktivitäten ein Fotografieren nicht erwünscht sei. Die Antwort war meistens gleichlautend: Ich könne alles fotografieren, nur seien Aufnahmen der Witwen in Blättertracht, vor allem bei ihrem Bad, nicht erwünscht. Bei diesem Verbot spielen wohl weniger religiöse Gründe als allgemeinmenschliche Schicklichkeits- und Schamgefühle eine Rolle, wie es immer wieder vor allem von jungen Bulsa mit Schulbildung vorgebracht wird.
Bei dem Besuch einer Totenfeier in Gbedema wurde ich von einem jungen Mann mit guten Englischkenntnissen von allen Aktivitäten der Feier abgehalten, ohne dass ich wusste, ob dieses Verhalten von ihm persönlich ausging oder ob er von einer offiziellen Stelle dazu beauftragt worden war. Obwohl sich die erste Annahme als richtig herausstellte, verließ ich das Funeral ohne irgendetwas Bedeutendes gesehen zu haben. Berichte über diesen Vorfall verbreiteten sich in Gbedema und lösten bei einigen wichtigen Persönlichkeiten ein großes Missfallen über das Verhalten der jungen Person aus. Selbst der Chief ließ sich bei mir entschuldigen.
Trotz der Zusagen einer freien Beobachtung und fotografischen Dokumentation, treten im Ablauf der Feier mitunter noch Einschränkungen durch einzelne Personen oder Personengruppen auf (z.B. durch die Totengräber). Hier fiel mit auf, dass solche Behinderungen mehrfach bei den beiden in Sandema dokumentierten Totenfeiern auftraten, während ich sie in Wiaga fast gar nicht erlebte. Dieses mag daran liegen, dass ich in Wiaga besser bekannt bin und stets nur als der “Anamogsi Felika” (Anamogsis Weißer) betrachtet wurde. In Wiaga-Kalijiisa-Choabisa wurde ich vor der Ausführung der nang-foba Riten (mit der Tötung von zwei Rindern) in ein Nachbarhaus gebracht, und nach dem Fotografieren der Mattenverbrennung wurde ich von einem angetrunkenen Mann beschimpft. Bei der Totenfeier Awuliimbas (1989), des Vaters meines und Prof. Schotts langjährigen Freundes Rev. James Agalic, wurde uns am Anfang uneingeschränkte Freizügigkeit versprochen. Später verboten uns jedoch die Totengräber Fotos von der Einkleidung des Getreidespeichers, von der Tötung eines Esels u.a.
Auch ohne irgendwelche von anderen Akteuren und Teilnehmern verursachte Probleme ist die Dokumentation einer Totenfeier nicht einfach. Dies liegt vor allem an der Vielzahl der Schauplätze. Bei einer Totenfeier für verstorbene Frauen und Männer, finden die meisten Riten für die Frauen hinter dem Gehöft, die für Männer vor dem Gehöft statt. Gleichzeitig können die alten Männer im kusung-dok über wichtige Themen beraten, für die es sich lohnt, das Tonband einzuschalten, während im Inneren des Gehöft andere wichtige Riten vorbereitet werden. Eine Arbeit mit nur einer Kamera und ohne wenigstens einen tüchtigen Assistenten, der gut Buli versteht und mit einer Kamera umgehen kann, würde nur zu unvollkommenen Ergebnissen führen.

Ein Problem der Zusammenfassung all meiner Dokumentationen lag darin, dass ich zwar relativ viele Totenfeiern besucht habe, aber nur wenige in ihrer ganzen Vollständigkeit von 4 Tagen beobachten und dokumentieren konnte (siehe Liste aller besuchten Totenfeiern, Anhang Nr. 3). Wie oben schon angedeutet, ist hierfür vor allem mein Zeitplan verantwortlich, nach dem ich dem Besuch anderer Veranstaltungen den Vorzug gab. Hinzu kommt, dass ich eine größere Anzahl der besuchten Gehöfte vorher nicht besonders gut kannte und ich so etwa mit der sozialen und genealogischen Stellung vieler handelnder Personen nicht vollständig vertraut war.
So ist es vielleicht nicht gar so verwunderlich, dass ich die am besten durch Interviews der Beteiligten und Fotos dokumentierte Totenfeier gar nicht selbst besucht habe. Es ist die Feier von Anamogsis Vater Anyenangdu im Jahre 1991, in der sowohl mein deutscher Freund Martin Striewisch ungehindert Fotos machen und Informationen sammeln konnte als auch mein Mitarbeiter Danlardy Leander (auch von Wiaga Badomsa) mit seiner Kamera wichtige Rituale aufnehmen konnte, die zum Beispiel nachts unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzogen wurden. Noch wichtiger ist vielleicht die Tatsache, dass ich in meinen folgenden Aufenthalten jede benötigte Information (oft anhand der Fotos) über diese Totenfeier von meinem Freund Anamogsi erhielt.

 

2. DER TOD

(Ku-yogsik oder ku-palik (‘frischer’ oder ‘neuer Tod’)

 

2.1 Die positive Bewertung des irdischen Lebens

Für die Bulsa ist der Tod eines nahestehenden Menschen ein Ereignis, das Schrecken und großen Schmerz auslöst und den einzelnen mit Ereignissen und Gedanken konfrontiert, die vorher weitgehend aus dem Alltagsleben verdrängt waren. Assoziationen zum Tod oder zu den Totenfeiern werden im täglichen Leben möglichst gemieden oder sogar tabuisiert. Das Singen von Totenliedern (dirges, kum yiila, sing. kum yiili) oder die Mischung von Bohnen (tue) und Rundbohnen (suma) vor dem gemeinsamen Kochen, wie sie für ein Gericht am 3. Tag der Kumsa-Totenfeier vollzogen wird, ist außerhalb der Totenfeiern verboten. Auch im Gespräch über den Tod und das Sterben [Endnote 1;  Text der Endnoten am Ende dieser Datei] bedient man sich gerne euphemistisch klingender Formulierungen, zum Beispiel:

O vuusi. He has breathed (his last breath).
Wa duag, wa ngmain yiti-a. He is lying, he does not get up (any more).
Wa noai ale niigi. His mouth is tired (fed up, sick).
Wa tong ka nang. He shot into his leg, in the meaning: ‘He struggled before death’.
Wa taam ka nna diing. He has passed away peacefully.
Wa tog ka buketik. He kicked a bucket.
Fi liewa bo doku po. Your daughter is in the room (bei der Verkündung des Todes einer Frau bei Verwandten).
O basi teng zuk. He has left earth.
Wa sing ka kpilung. He descended into the realm of the dead.
Wa cheng ka ti koma tengka. He has gone to the land of our fathers.
Wa diag o koba nisima. He shakes (shook) hands with his fathers (ancestors).
Wa siek ka ngaasa. He agrees with the ancestors.

Für den Tod von Kindern wird das Normalwort für “sterben” (kpi) nicht gebraucht, sondern ngmain (zurückkehren, d.h. sie kehren in/von einer Wiedergeburt zurück).
Das Leben in einer “anderen Welt”, dem Totenreich (kpilung), gleicht zwar in vielem dem Leben auf Erden: Die Toten leben in Gehöften, Familien und weiteren Verwandtschaftsgruppen, aber dieses Leben ist keineswegs verlockend [Endnote 2].
Das drückt sich zum Beispiel in einer Buli-Redensart aus, die in verschiedenen sprachlichen Versionen auftritt. Eine Informantin aus Gbedema kennt folgende Formulierung:

Taa jo ka yaba teng zuk, kpilung ka ti miena teng.
We are enjoying market on earth, the land of the dead is the village (or land) of us all.

In Wiaga wurde mit folgende Version gegeben:

Ti boka yaba, yabanga dan nueri ti te kuli.
Wir leben auf dem Markt; wenn der Marktbetrieb schließt, gehen wir weg.

Bei S.A. Ekundayo (1977: 62) fand ich in einem Satznamen der Yoruba fast die gleiche Formulierung mit gleichem Inhalt:

The world is a marketplace, but heaven is the home; we are strangers on earth, heaven is our home.

In allen Versionen wird klar, dass das Leben auf Erden trotz der Arbeit und der Sorgen um die Existenz mit einem Markt assoziiert wird. Der alle drei Tage stattfindende Markt (yaba) ist nicht nur ein Ort, an dem überschüssige Agrarprodukte verkauft und nicht im eigenen Gehöft produzierte Waren eingekauft werden. Er ist vielmehr mit mannigfaltigen Vergnügungen und sozialen Kontakten verbunden. Diese können beginnen mit dem Genuss einer Schale Pito (daam) im Kreise von Freunden bis hin zu den Bestrebungen junger Menschen, hier einen geeigneten Heiratspartner zu finden (zumal ja eine solche Suche in der eigenen Sektion/lineage unter Verwandten ausgeschlossen ist). Das Leben im Jenseits entspricht dem Alltagsleben in einem Dorf.
Wenn das mit dem Markttreiben verglichene irdische Leben von den Bulsa so geschätzt wird, ist es nicht verwunderlich, dass Todessehnsucht und der Wunsch nach einem besseren Leben im Jenseits bei den Bulsa wenig Platz einzunehmen scheinen. Wenn das farbenfrohe Marktleben des irdischen Lebens ein Ende hat, beginnt für sie die lange Zeit des “Alltagslebens” im Jenseits.

2.2 Todesursachen

Jeder Tod kann, je nach den Ergebnissen einer Wahrsagersitzung, als natürlich oder unnatürlich eingestuft werden. Sehr alte Menschen, die schon längere Zeit kränkeln, sterben meistens eines natürlichen Todes. Sprachlich kann man den natürlichen Tod so ausdrücken, dass Gott (Naawen) den Verstorbenen geholt hat. Bei Jüngeren, die allgemein als gesund und stark galten, sucht man fast immer nach einer übernatürlichen Ursache in ihrer näheren Umgebung. Hierfür sollen im Folgenden einige Beispiele gegeben werden.
(Information durch Yaw Akumasi, fn 08,1a): Als Anamogsis Frau Akumlie erkrankte, fand ein Wahrsager als Grund für ihre Krankheit heraus, dass ihr christlicher Sohn Asuebisa ihr juik (Fell) fortgeworfen hatte. Als Asuebisa es nach anfänglicher Weigerung zurückholte, war es schon zu spät und Akumlie starb. Ihre Kumsa-Totenfeier wurde Ende 2006 abgehalten.
Danlardy Leander (fn 88, 167b) berichtet über den Tod seines Vaters Leander, dass dieser auf Anraten eines älteren klassifikatorischen Bruders (aus einem anderen Gehöft) einen schwarzen Hahn (am tanggbain?) geschlachtet hat. Dies führte zu seinem Tod. Ein Wahrsager fand heraus, dass Leander im Jenseits große Schmerzen erleidet. Der Nachfolger des ‟älteren Bruders‟ will zum Rückgängigmachen wieder einen schwarzen Hahn schlachten, aber Personen aus Leanders Familie und andere haben Angst.
Mein erster Assistent, Godfrey Achaw (fn 55a), berichtet, dass Ahnengötter ganz langsam töten, teng und tanggbain ganz plötzlich. Wenn der Tod allmählich kommt, erhält der Tote eine Totenfeier, wenn er plötzlich kommt, keine. Im letzteren Fall wird jedoch die Sterbematte am Sterbetag verbrannt, und die Person wird außerhalb des Hauses beerdigt.
Mord gilt als eine ganz außergewöhnliche, Furcht erregende Todesart.(fn 73,54a, G. Achaw). Auch wenn die Durchführung einer Rache vor dem normalen Begräbnis eines Mörders nicht erforderlich ist (und war), so gelten doch die Familie des Mörders und des Opfers seitdem als Feinde, d.h. sie dürfen zum Beispiel nicht zusammen essen oder untereinander heiraten. In einem Fall tötete ein Mann seine entlaufene Frau mit einer Axt. Der Mörder musste Reinigungszeremonien auf sich nehmen, aber keine Zahlungen leisten. Die traditionelle Strafe für einen Mörder war, dass ihn alle mieden, auch seine eigenen Brüder und er keinen um etwas bitten durfte. Oft führte dies zum Selbstmord des Mörders. Nach seinem Tod erhält er eine normale Totenfeier, denn sonst könnte man die Feier eines anderen Hausbewohners, der später gestorben ist, nicht abhalten.

2.3 Kum-biok, der böse Tod

Bestimmte äußere Umstände verleihen einem Tod die Bezeichnung kum-biok, böser Tod (ein Synonym ist kum-toak, ‘bitterer Tod’; einen normalen Tod nennt man kum-weeling).
Ein Sterben ohne die Anwesenheit naher Verwandter außerhalb eines Gehöftes gilt als schändlich und erhält diesen abwertenden Namen. Besonders die im folgenden aufgeführten Todesarten werden mit kum-biok assoziiert (Hauptinformant Yaw Akumasi, fn 01,14b)
Über die Frage, ob eine Person, die eines kum-biok stirbt, Ahne werden kann, gehen die Meinungen auseinander. Während James Agalic aus Sandema in seiner M.A. Dissertation schreibt, dass eine Person, die zum Beispiel Selbstmord, Hexerei oder Ehebruch begangen hat, auch Ahne wird, vertritt E. Atuick (2020: 36) aus Wiaga folgende Ansicht: ‟…people who die through accidents, premature or sudden death, leprocy, witchcraft, etc. are never regarded as ancestors…‟

2.3.1 Tod bei Jagdunfällen: Früher trat ein kum-biok häufiger bei tödlichen Jagdunfällen oder Kriegszügen auf, heute auch bei tödlichen Verkehrsunfällen, nach denen kein Verwandter den Kopf des Sterbenden halten kann.

2.3.2 Tod außerhalb des Gehöfts (Fall) Auch der Tod eines jungen Mannes, der in der heißen Jahreszeit die Nacht im kusung (einem wandlosen Versammlungsraum) vor dem Gehöft verbringen wollte und dort vom Tod überrascht wurde, erhält diese abwertende Bezeichnung.

2.3.3 Tod während der Schwangerschaft: Der Tod einer schwangeren Frau gilt auch heute noch als verwerflich. Der Embryo wird von Totengräbern durch Pressen des Unterleibs aus der toten Frau entfernt und dann getrennt beigesetzt. Die Frau wird an der Außenmauer eines guuk (aufgegebenen Gehöfts) begraben. Die Schuld an dem Tod hat immer die Frau selbst, denn sie wollte das Kind nicht behalten (Yaw, fn 97,10a, Anamogsi, fn 02,16a).

2.3.4 Tod eines Leprakranken: Nach Danlardy Leander und Yaw ist auch der Tod eines Leprakranken ein kum-biok, denn es ist ein strenges Tabu, den Kopf eines sterbenden Leprakranken zu halten. Bei seinem Tod sind oft nur Kinder anwesend, nach seinem Tod wird er mit einem Blätterzweig des gaab-Baumes [Diospyros mespiliformis] mit Wasser besprenkelt. Dann werden Spezialisten für den Tod eines an Lepra (ning doma) Gestorbenen geholt, die ähnliche Rituale ausführen, wie sie unten für den Tod durch Blitzschlag beschrieben werden. Der Leichnam eines leprakranken Mannes mit Kindern wird durch den Haupteingang, der einer kinderlosen Frau über die Hintermauer aus dem Gehöft getragen. Falls diese zu hoch ist, kann ein Stück (bis auf den Boden) herausgeschlagen werden. Bestattet werden können Leprakranke nur durch einen alten, erfahrenen Totengräber (vayiak kpak).
Die Totenfeier eines Leprakranken darf nicht zusammen mit der anderer Verstorbener abgehalten werden. In dark Buli [Buli soblik] wird ein Leprakranker auch bolim (Feuer) genannt.

2.3.5 Sterben durch einen Fluch
Flüche können sowohl für den, der einen solchen ausspricht, als auch für den Verfluchten böse Folgen haben. Bei vielen tanggbana (Erdschreinen) gilt der Fluch als ausdrückliches Tabu für alle, die an diesem Erdschrein opfern. Ein Fluch ist für Außenstehende oft gar nicht als ein solcher zu erkennen. Der Flucher sagt zum Beispiel nur zu einem anderen, dass er sich die bösen Folgen seines Handelns selbst zuschreiben muss. Oder er stellt einem überirdischen Wesen an dessen Schrein frei, was mit der verfeindeten Person geschehen soll.
(Yaw, fn 11,8b): Anamogsis ältester Sohn As. wollte nicht, dass sein Sohn Ak. zum Süden Ghanas ging. Vor der Reise hatte Anamogsis Enkel gegen seinen Vater einen Fluch ausgestoßen, den beide nicht sehr ernst genommen hatten: “If I am going and if something happens to you it is your own [fault]. If you do not mind I am no longer your son”. Danach besuchte As. seinen Sohn im Süden, und dieser kaufte seinem Vater ein neues Fahrrad und gab ihm Geld. Aber es war zu spät. Einen Monat nach dem Besuch starb Ak. Ein Wahrsager bestätigte, dass er wegen des Fluches gestorben war. Daraufhin fuhr As. zum Süden “um das funeral zu holen”, d.h. er holte in einem Tuch etwas Erde, die später im Bulsaland begraben werden sollte (siehe ngarika, Kap. 3,8). Bei seiner Rückkehr wartete As. am Alonggaab (Sichaasa-tanggbain), aber sein Vater Anamogsi wollte ihn nicht abholen, bevor nicht der Fluch zurückgenommen war (Er war auch verärgert, dass As. ihm seine Reise zum Süden nicht angekündigt hatte). Anyik (Atinang Yeri) und andere überreden Anamogsi, seinen Sohn abzuholen. Die Erde wurde im Viehhof begraben.
Nach Auffassung meines Assistenten Danlardy (fn 94,91b) war Ak’s Tod kein kum biok.
(Alice Bawa Ani, fn 81,1a): Eine Frau ihres Hauses in Gbedema war doglie in Fumbisi und heiratete dort. Ihr Mann vernachlässigte sie und ihr Kind und erschien nicht zu Totenfeiern in Gbedema. Als sie immer dünner wurde, weil sie das ganze Essen ihrem Kinde gab, befahl ihr ihr Vater zurückzukommen. Als sie nicht einwilligte hat wohl ihr Vater auf dem Totenbett eine Art Fluch ausgesprochen und sie nach seinem Tode zu sich geholt, wie ein Wahrsager herausfand.

2.3.6 Selbstmord
Als Folge der im Sprichwort (S. 4, Kap VIII, 2,1) geäußerten Ansicht war wohl auch der selbst gewählte Tod (suicide) in der alten Gesellschaft äußerst selten und wurde allgemein als ein schändlicher Akt angesehen, der durch ausführliche Rituale gesühnt und neutralisiert werden musste. Ein großer Teil der mir bekannten Fälle von Selbstmord geschahen im Kreis der mehr oder weniger gebildeten Generation der Bulsa. Es waren Menschen, die mit der starken Spannung zwischen alter und neuer Gesellschaft nicht fertig wurden oder in der Schulausbildung oder im Berufsleben ihr eigenes Versagen zur Kenntnis genommen hatten.
Relativ häufig kommen Selbstmorde von Menschen vor, die von einem Gespenst (kok) berührt worden sind und einen nahen, qualvollen Tod erwarten (Beispiele in Kapitel 6.2. ,Gespenster)
Selbstmord in der alten Gesellschaft gab es vor allem in den folgenden drei Ausführungen (fn M53a):

1. nag zuk, den Kopf an eine harte Wand oder einen Fels schlagen
2. lu pein, sich mit einem vergifteten Pfeil stechen (Es kann auch ein Angelhaken sein)
3. bob miik, sich erhängen (dieser Ausdruck wird auch gebraucht, wenn die Todesart nicht bekannt ist)

(Marg., 1978ff, fn M8a): Ein Verwandter versuchte sich in einer Nacht an einem Dawa-dawa-Baum in der Nähe des Gehöfts zu erhängen. Als der morsche Ast brach, schrie er um Hilfe. Er kam, abgesehen von einem Beinbruch, mit dem Leben davon. Grund für den versuchten Selbstmord war, dass er zu den Ahnen wollte. Margarets Vater meinte, dass man keinen Selbstmörder hindern soll, aber er befürchtete, dass man ihm Vorwürfe machte. Es wurde auch gesagt, dass der Verwandte von Hexen getrieben wurde.
In Gbedema tötete sich ein Mann, indem er sich mit vergifteten Fischhaken an mehreren Körperstellen verletzte. Ein andere Mann versuchte, sich mit einem stumpfen Messer die Kehle durchzuschneiden. Er verletzte sich nur und schrie um Hilfe.

2.3.7 Der geschwollener Körper (nying fuusika) der/des Verstorbenen als Anzeichen eines kum-biok.
Als eine junge Frau (Name und Wohnung bekannt) in Wiaga starb, waren ihre Arme, Beine und ihr Bauch geschwollen. Die Schwellungen traten ein, nachdem sie ihren Ehemann verlassen hatte, und es bestand kein Zweifel, dass sie von ihrem Ehemann verursacht waren. Mehr als 10 Totengräber waren zur Bestattung bestellt. Die Verstorbene wurde, wie es für Frauen üblich ist, außerhalb des traditionellen Gehöfts bei den anderen Frauen begraben, aber ein Stück abseits von diesen. An dem anschließend durchgeführten vaam-soka Bad (s.u.) haben nicht nur die Totengräber teilgenommen, sondern auch alle Personen, die die Tote berührt hatten. Jeder der Badenden gab ein Huhn und zum Teil auch etwas Hirsemehl an den Leiter der Totengräber.

Vorratshaltung von tintankori-Steinen in Asebkame Yeri

2.3.8 Blitzschlag
(Yaw, fn 97,10a) Ein kum-biok durch Blitzschlag (ngmaruk oder ngmoruk) bedeutet, dass Gott (Naawen) die Person getötet hat und deshalb darf ihre Totenmatte nicht im gleichen Raum mit denen vorher verstorbener Personen aufgehängt werden. Nach dem Tod kommen in Wiaga Ritual-Spezialisten (ngmaruk-bisa) aus Angmaruk Yeri in Wiaga-Yimonsa.  Kein anderer darf den Toten berühren und alle Gehöftbewohner, die beim Tod außerhalb des Gehöftes waren, dürfen dieses nicht vor Eintreffen der Yimonsa-Männer betreten. Diese kommen mit Wasser und bestimmten Kräutern und besprenkeln (miisi) mit Hilfe eines sie-Besens den Toten sowie sein Zimmer und gehen dann einmal um das Gehöft. Alle beweglichen Dinge, die sie besprenkeln, gehören danach ihnen, zum Beispiel Kleidung, Sandalen, eine Bank usw. Danach wird von ihnen die Leiche begraben. Ein durch Blitz Getöteter darf nur wenig betrauert werden.
(Inf. und eigene Beobachtung, fn 88,121a) Das Gehöft Asebkame Yeri in Chiok besitzt eine Medizin gegen Blitz und Donner. Wenn ein Baum vom Blitz getroffen wird, darf ihn keiner berühren, bis die ngmaruk-Medizin darauf gesprenkelt wurde, und eine Person vom Blitz getötete Person darf nicht ohne Anwendung der Medizin begraben werden. Wenn die Spezialisten in ein betroffenes, fremdes Haus gehen, geben sie dessen Bewohnern einen runden Stein (als Teil der Medizin?). In Asebkame Yeri liegt rechts vom Eingang ein Haufen runder Steine (tintankoa). Es ist eine Vorratshaltung von Steinen, die man in einem Fluss gesammelt hat.

2.4 Eintreten des Todes

Wird ein Bulsa von einer schweren Krankheit befallen, von der man vermutet, dass sie zu seinem Tod führt, so können folgende Maßnahmen getroffen werden:

2.4.1 Ein Wahrsager (baano) soll den spirituellen Grund für die Krankheit herausfinden. Hat der Kranke sich gegen die Ahnen oder andere göttliche Mächte versündigt? Hat er wichtige Tabus gebrochen oder wichtige Pflichten unterlassen? Durch entsprechende Opfer versucht man, den Lauf der Dinge noch abzuändern.

2.4.2 Der Medizinmann (tebroa oder tiim nyono) wird um Rat und therapeutische Mittel befragt. Er verschreibt zum Beispiel den Genuss von Wurzelextrakten, verkohlten Pflanzenteilen oder das Einatmen bestimmter Dämpfe oder Rauch. Seine Anordnung können religiös-magische Elemente enthalten (zum Beispiel die Beschaffung eine Wurzel zu einer bestimmten Tageszeit an einer bestimmten Stelle oder die Beopferung der angefertigten Medizin). Ein Teil seiner verschriebenen Medikamente kann aber auch nach moderner medizinischer Erkenntnis eine heilende Wirkung haben.

2.4.3 Wenn die oben beschriebenen Therapien nicht halfen, wagte man früher als letzten Ausweg den Gang in eine Klinik oder ein Hospital. Heute wird dieser Schritt oft gleichzeitig mit den oben erwähnten Heilpraktiken verbunden.

Versammlung einer charismatischen Gemeinde in Sandema

2.4.4 Heilung durch charismatische Personen. In den letzten Jahrzehnten versprechen einige charismatisch-christliche Bewegungen Heilung fast aller Krankheiten [Endnote 3]. Die Leiter und ihre Helfer sprechen Gebete für den Patienten, geben ihm Verhaltensvorschriften und/oder verabreichen ihm ein Heilwasser. Solche Wunderheiler werden nicht nur von Mitgliedern fast aller christlichen Bekenntnisse, sondern auch in starkem Maße von Angehörigen der traditionellen Religion besucht.

2.4.5 Erweisen sich alle Heilmittel und Therapien als wirkungslos, und verschlechtert sich der Zustand des Todkranken weiterhin, so werden weitere Vorkehrungen für den erwarteten Tod getroffen. Hierzu gehört zum Beispiel, dass ein Sterbender, der in einem moderneren Haus im Zentrum eines Dorfes wohnt, bei Nacht von Familienangehörigen in sein angestammtes väterliches Gehöft gebracht wird. Die Sterbenden sprechen sich oft in Erwartung des Todes selbst für diesen Transport aus. Verheiratete Frauen wollen im Haus ihres Gatten (nicht etwa in ihrem Elternhaus) sterben.

2.4.6 In einem ausgesuchten Zimmer (dok, es kann auch der dayiik sein) des traditionellen Gehöfts wird der/die Tote auf eine Matte gelegt, die später als Totenmatte noch eine große Rolle spielen wird. Einige alte Frauen halten sich ständig in seiner Nähe auf. Sie versuchen, ihn verbal zu trösten (zum Beispiel: Naawen te fi nyingyogsa. ‘Gott gebe dir Gesundheit).
(Marg., fn M60a) Sie können zur Linderung seines Schmerzes seinen Körper mit Wasser besprenkeln oder weitere Medizin eingeben, vor allem aber ist es notwendig, dass sie seinen Kopf und Oberkörper hoch halten, sodass der Kranke fast eine sitzende Position einnimmt.(Marg. 1978ff, fn M60a): Als Timothy’s Großvater starb, sagten viele Besucher “Naawen te fu nyingyogsa”. Darauf sagte der Sterbende: “Aba, Naawen yeng ka le la”. (“Jetzt reichts! Dies ist derselbe Gott!” oder “Es gibt nur einen Gott”. Er fuhr fort: “Wa nya Ama
Fumbisi abe wa jam nya mi Gbedem ale ku baasa nying la” (He should see Ama in Fumbisi and then come and see me in Gbedema so that I will feel better). Es bedeutete, dass Gott nicht überall ist und nicht gleichzeitig Ama und ihm helfen kann.
(Yaw, fn 02,36a) Als in Wiaga Chiok ein etwa 70jähriger Mann im Sterben lag, legte man ihm sein Juik-Fell (sichtbares Objekt eines mit dem Mungo verbundenen Geistes) um den Hals [Endnote 4]. Hierdurch nahm er Abschied von einem Geist, der ausschließlich mit ihm selbst verbunden war. Nur bestimmte Personen durften es nach seinem Tod entfernen, um es draußen an einem Stock zur Schau zu stellen, bis es verrottete [Endnote 5].

2.4.7 Feststellung des Todes: Wird der eingetretene Tod etwa durch Aussetzen des Atems bemerkt, so kann dieses durch andere Maßnahmen überprüft werden, z.B. Abhorchen der Herztätigkeit oder man hält dem Toten einen Spiegel vor den geöffneten Mund, um so vielleicht doch noch ganz schwache Atemströme wahrzunehmen.

2.5 Kuub darika, die Verkündigung des Todes

Obwohl nach dem Tod die nahen Angehörigen von tiefem Schmerz erfüllt sind, dürfen sie diesen nicht nach außen zeigen, bevor nicht die offizielle Ankündigung (kuub darika) des Todes und das Ausschachten des Grabs begonnen hat.

2.5.1 Gründe für eine Aufschiebung
Während die kuub darika gewöhnlich gleich nach dem Tod durchgeführt wird, gibt es Gründe, sie aufzuschieben, wie einige Beispiele zeigen sollen:
• Eine kuub darika konnte in Badomsa nicht durchgeführt werden, weil eine Frau des Verstorbenen noch in Accra war (fn 2011,8a).
• (fn 2011,8a) Nach dem Tod eines alten Mannes vermutete man, dass eine seiner Frauen einen ungesühnten Ehebruch begangen hatte. Diese Frau weigerte sich jedoch, sich dem kabong-fobka Ritual zu unterziehen, bei dem ein weißes Hühnchen, das die Schuld der Beschuldigten auf sich genommen hat, nach Bestreichen des menschlichen Körpers durch Schlagen auf den Erdboden getötet wird [Endnote 6]. Erst als das kabong-fobka Ritual in einer allgemeinen Form durchgeführt worden war, gab ein Wahrsager die Auskunft, dass der Tod nun verkündet werden könne.
• (fn 94,17b) Als ein alter Wahrsager (baano) und Gehöftherr (yeri nyono) 1994 starb, durfte sein Tod nicht verkündet werden, da er selbst die kuub darika nach dem Tod seines Vaters ausgelassen hatte. Er wurde sofort ohne Trauerbezeugungen “wie ein Kleinkind ohne nachfolgende Geschwister” begraben. Auch im Jahre 2007 hatte die Bekanntgabe seines Todes noch nicht stattgefunden. Falls die Angelegenheit nicht durch nachträgliche Riten und Wiedergutmachungen bereinigt wird, werden auch alle Kinder des Wahrsagers ohne kuub darika begraben
• (Inf. Danlardy Leander) Als Gründe für eine Verschiebung der kuub darika gelten auch: Das Gehöft wird von einer schweren Krankheit heimgesucht, oder es herrscht ein großer Streit im Gehöft. Wenn kurz nach dem Tod eine weitere Person stirbt, so kann der zweite Tod erst verkündet werden, wenn die kuub-darika der ersten Person vollständig abgeschlossen ist.

2.5.2. Durchführung der kuub-darika
Die Verkündigung beginnt oft mit ersten Informationen durch junge Männer an die nächsten außerhalb des eigenen Gehöfts lebenden Verwandten, die allgemein als ko-bisa (wörtlich: Kinder eines Vaters) bezeichnet werden, in der Reihenfolge ihrer Seniorität. Bei dieser Gelegenheit auch in das Trauergehöft eingeladen [Endnote 7]. Nach den ko-bisa werden auch entferntere Verwandte informiert. Man sagt ihnen nur, dass NN gestorben ist, Einzelheiten über den Tod werden nicht erzählt.
Schwiegersöhne eines Verstorbenen erhalten die Todesnachricht gewöhnlich durch ihren san-yigma. Dieses ist ein Mann, der sowohl mit dem Schwiegersohn als auch mit dem Schwiegervater (z.B. matrilinear) verwandt ist und vor der Hochzeit eine Vermittlerrolle beim Zustandekommen der Ehe gespielt hat (vgl. Kröger 1978-274-75).
Mein Informant Ayomo (fn 81,47b) war san-yigma von Atanlas Frau (Abapik Yeri), die, wie Ayomos Mutter, aus Sandema-Abilyeri stammte. Als die Frau starb, musste Ayomo mit einer Hacke und einem Huhn als Geschenke den Tod im Elternhaus der Frau in Abilyeri anzeigen. Auch bei der Totenfeier spielt Ayomo eine große Rolle.
Einladungen zu einer Bestattung oder einem Trauerbesuch können auch abgelehnt werden. Nachdem Yaw und ich den Leichnam von Yaws Schwester in ihr traditionelles Elternhaus Apok Yeri gebracht hatten, bat man Yaw und mich, als Teil der offiziellen Verkündigung (kuub darika) weit entlegenen Gehöften von Verwandten mit unseren Fahrrädern aufzusuchen, den Tod zu verkünden und Einladungen zur Bestattung auszusprechen. Ein alter Gehöftherr, der Großvater (MuVa) Yaws, der selbst die Bestattung gerne durchgeführt hätte, lehnte die Einladung mit der Begründung ab, dass Yaw und seine Mutter seiner Einladung zur Totenfeier seines Vaters Anyenangdu auch nicht nachgekommen waren.
(fn 94,91a) Als Danlardys Stiefmutter Maami starb, informierte man zuerst die ko-bisa und andere Gehöfte von Danlardys Lineage (Adiak Yeri, Abakiak u.a.). Sie alle kamen in das Gehöft von Danlardys Vater (Leander) und informierten den san-yigma der Stiefmutter. Er informierte dann das Häuptlingshaus, das elterliche Gehöft der Verstorbenen, obwohl dessen Bewohner schon längst von dem Tod der Frau gehört hatten [Endnote 8].
(fn 01,8a) Kurze Zeit später kamen Leute aus dem Häuptlingsgehöft nach Asik Yeri (Badomsa), um sich nach der “Müdigkeit” (jianta) der Bewohner zu erkundigen [Endnote 9]. Sie erhielten dort nicht nur Getränke, sondern Danlardy und seine klassifikatorischen Geschwister Michael, Tenni, Francis, Oldman, Ayomo und Atongka, sowie seine Mütter und andere gaben auch Geld. Nach etwa einer Woche machten Bewohner von Asik Yeri (Ayomo, Atongka, Kenkenni, die Mütter und andere) einen Gegenbesuch im Gehöft des Häuptlings Sie erhielten dort Hirsewasser und alkoholische Getränke. Akantoganya, Kwame und andere gaben auch Geld. Wenn sie in Asik Yeri kein Geld erhalten hätten, hätten sie auch kein Geld gegeben. Sie spendierten so viel akpeteshi, dass Danlardys Verwandte es nicht ganz auftrinken konnten und eine halbe Flasche mit nach Hause nahmen. Danlardy nennet diesen Geschenkeaustausch “siinika” (vgl. Kap. 4.2.4.2.: Geschenkeverteilung bei der Kumsa-Totenfeier).
(Yaw, fn 01,11b): Wenn eine Ehefrau in ihrem elterlichen Gehöft stirbt (zum Beispiel während eines Besuches), so schickt ihr Gatte oder Sohn einen nakogla-Armreif zusammen mit Tabak, Kolanüssen und alkoholischen Getränken (für eine Libation) in ihr elterliches Gehöft. Den Armreif dürfen die Schwiegereltern behalten, falls die Totenfeier im Gehöft des Gatten abgehalten wird. Dies wird auch heute noch so gemacht.

2.6 Benachrichtigung des Erdherren (teng-nyono)

Diese ist oft notwendig. Im Interview mit den etwa 41 Erdherren von Wiaga stellte ich auch die Frage, ob die Hinterbliebenen zur Bestattung einer Verstorbenen seine Erlaubnis einholen müssen. Die Erdherren von Guuta, Zuedema, Bachinsa, Kubelinsa, Longsa, Dogbilinsa, Yisobsa-Yipaala, Bandem und Farinsa müssen zum Beispiel diese Erlaubnis geben. Die Erdherren von anderen Sektionen sagten, dass sie nur eine Information über den Tod verlangen. Wenn der/die Verstorbene ein(e) Hexe(r) (sakpak) war [Endnote 10] oder durch das tanggbain seines/ihres Erdherrn getötet wurde, so müssen die Angehörigen dem tanggbain eine “Säugetier” (dung) stellen. In vielen Fällen (z.B. bei den tanggbana von Bachinsa, Kubelinsa, Bandem) muss es ein Rind sein. Adama (aus Chiok) erklärt ganz allgemein, dass einem teng-nyono eine Kuh gegeben werden muss, wenn der Verstorbene vom tanggbain getötet wurde.
Wenn Erdherren die Erlaubnis zur Bestattung geben müssen, so muss diese auch vor einer Kumsa- und Juka-Totenfeier eingeholt werden. Einige Erdherren erklärten (ohne dass ich die Frage gestellt hatte), dass sie nach Möglichkeit an der Bestattung teilnehmen.

2.7 Trauer und Trauerbesuche

Trauer in Bachinsa

Vor der kuub-darika (s.o.) und dem Beginn des Grabschaufelns dürfen keine Trauerbesuche stattfinden oder Trauerbezeugungen geäußert werden. Auch nahe Verwandte müssen bis dahin ihren Schmerz zurückhalten. Zur Sicherheit schickt man mitunter einen Gehöftbewohner an den Hauptzufahrtsweg des Gehöftes, um bei ankommenden Gästen ein lautes Wehklagen zu verhindern.
Nach der Verkündigung des Todes setzen Traueräußerungen der Gehöftbewohner ein, und auswärtige Verwandte oder Freunde suchen das Gehöft hierzu auf (Achaw, fn 73,45). Auch wenn Töchter in weit entfernten Gehöften innerhalb des Bulsalandes verheiratet sind, müssen sie am gleichen Tage kommen. Dieses ist heutzutage auch mit einem Fahrrad oder Wagen möglich. Bevor eine Tochter des Toten das Haus ihres Gatten verlässt, bindet man ein langes Faserseil um ihren linken Arm. Man hält sie daran fest, wenn sie zu schnell zum Haus ihres verstorbenen Vaters laufen will. Durch das Seil will man auch angeblich einen Selbstmord der Tochter verhindern. Während entferntere Verwandte auch schon auf dem Weg trauern, weinen sie erst, wenn sie einige hundert Meter vor dem Hause sind. Wenn ein Vater stirbt, muss die age group eines Sohnes immer bei diesem sein (auch wenn er zur Toilette geht), “um einen Selbstmord zu verhindern”.
Die Größe der persönlichen Betroffenheit über den Tod hat keinen Einfluss auf den Ablauf der Trauerriten. Von außen eintreffende Trauergäste mögen noch 50 Meter vor dem Gehöft keine Anzeichen von Betroffenheit zeigen oder noch untereinander scherzen. Bei Annäherung and das Gehöft beginnen sie jedoch laut zu weinen und “Waasoi” oder andere Trauerausrufe unter Tränen auszustoßen.
Ein trauernder Mann wird bei seinem Gang von einem anderen Mann (chogsoroa oder yigdoa) gestützt (chogsi), eine trauernde Frau von mindestens zwei anderen Frauen, mitunter sogar von einer ganzen Reihe von Begleiterinnen (Inf. Yaw, fn 2006,35a).
Während weibliche Trauergruppen bis zum dalong mit dem aufgebahrten Toten (oder später seiner Totenmatte) ziehen, gehen Männer gewöhnlich nur einige Schritte durch den Haupteingang (nansiung) in den Viehhof (nangkpieng) und von dort zurück zum Abfallhaufen (tampoi) vor dem Gehöft. Ein solcher Trauerzug kann mehrere Male durchgeführt werden. Am tampoi reicht eine Frau oder ein Kind den Trauernden eine Kalebasse klaren Wassers, mit dem sie ihr Gesicht abwaschen. Danach ist das Trauerritual beendet, und es darf wieder gelacht werden.
Für Trauerbesuche gibt es kein Zeitlimit. Auch viele Jahre nach dem Tod treffen noch Trauernde ein. Nicht-verwandte Freunde des Toten sollten nach der Bestattung kommen, denn sie könnten sterben, wenn sie den Leichnam sehen. Sie laufen ständig Gefahr, von ihrem toten Freund mit ins Jenseits geholt zu werden. Nach dem Tod meines ersten Helfers und Freundes Leander Amoak und nach dem Tod Anamogsis, meines Freundes und Hauptinformanten, befürchtete man sogar eine Gefahr für mich, wenn ich noch nach Jahren deren Grab zu Gesicht bekäme [was trotzdem geschehen ist].

(fn 02/03,32b, Information Yaw) Nach dem Tod eines jungen Mannes sagte eine frühere Freundin, dass sie mit ihm sterben wolle. Danach musste sofort ein Ritual der “Rückgängigkeitsmachung” (piirika) ausgeführt werden. Die junge Frau sprach dabei: “Mi le biisa di la, di la le nna, ate n pursi bas” (wörtlich: ‘Was ich gesagt habe, es ist [gilt] dieses, dass ich es ausspucke.’ Frei übersetzt: ‘Meinen Ausspruch nehme ich hiermit zurück’). Danach wurde die Frau mit Asche vom Herd oder tampoi eingerieben, dass der Tote sie nicht erkennen konnte.
Trauerbesuche von sehr entfernten Verwandten oder sogar Europäern, zumal wenn sie nach Abschluss der Bestattungsriten stattfinden, haben einen anderen Charakter. Im Englischen gebrauchen Bulsa man für solche Besuche den Begriff “sympathising” (yika) und nicht “mourning” (kumsa).
1981 (fn 81,14b) besuchten Leander Amoak und ich das Gehöft Azubak Yeri in Bachinsa, um dort zu trauern. Mein Begleiter begann plötzlich in der Nähe des Gehöfts laut zu weinen und zu schreien (“yaa-soi”). Ein kleiner Junge kam aus dem Gehöft, um ihn zu stützen. Leander ging zum Innenhof, wo die Matte war bereits aufgehängt war. dann zum Aschenhaufen (tampoi), zurück zur Matte und dann zum kusung. Ein kleiner Junge brachte ihm eine große Kalebassenschale mit klarem Wasser, um sich damit die Augen zu waschen. Danach konnte wieder gelacht werden.
(Yaw, fn 06,35a): Als Aluesa, der Gehöftherr und (klassifikatorische) Schwiegervater meines Mitarbeiters Yaw, starb, war Yaw in Südghana. Eine Abordnung aus Yaws Wiaga-Gehöft Apok-Yeri zog daher ohne Yaw zum Hause des verstorbenen Aluesa in Wiaga-Sichaasa. Yaw braucht daher den Besuch nicht nachzuholen, aber auch wenn die Gruppe aus Apok-Yeri nicht nach Sichaasa gegangen wäre, hätte er es als Christ nicht getan. Später ging Yaws Frau Tenni mit der Ama (ersten Frau) und anderen Frauen von Apok Yeri nach Sichaasa zum Amadok (Hof der ersten Frau), um dort zu trauern. Dort begrüßte sie auch die anderen Frauen von Anduesa Yeri und dessen Nachbarghöften und gab ihnen Kolanüsse und Getränke für deren Dienste an ihrem Vater. Danach ging sie zu den Männern im kusung, denen sie alkoholische Getränke schenkte, weil sie die Kälte (ngoota) während der Bestattung ausgehalten hatten. Mehrere Schüsse wurden abgefeuert, um den Nachbarn anzuzeigen, dass ein Kind des Toten gekommen war. Hätte Tenni keinen Trauerbesuch abgestattet, so könnte sie auch nach dem Tode ihres leiblichen Vaaters nicht trauern.

Der Autor nach der Trauer und der Bemalung mit roter Erdfarbe

Erst nach der Trauer durfte der Autor das Grab seines Freundes Anamogsi sehen.

Trauern des Autors in Anyenangdu Yeri
Von einem Europäer, der mit dem oder der Toten befreundet war, erwartet man nicht, dass er die Bulsa Trauerriten detailgetreu ausführt und schon vor dem Gehöft anfängt, in ein lautes Weinen auszubrechen. Ein Trauerbesuch ist aber auch für ihn unbedingt notwendig, wenn er die Freundschaft des Gehöfts erhalten will. Für diesen Trauerbesuch wird oft das englische Wort “sympathizing” gebraucht.
Nach meinem Aufenthalt von 2005 im Gehöft Anyenangdu Yeri war dessen Vorsteher (yeri-nyono) Anamogsi verstorben. Als ich 2006 in das Gehöft zurückkehrte, erwartete man von mir einige offizielle Trauerbekundungen (fn 2006,1a; fn 2011,1a).
Zuerst besuchte ich die Männer im kusung. Obwohl ich alle schon vorher gesehen hatte, musste noch eine offizielle Begrüßung durchgeführt werden. Von dem mitgebrachten akpeteshi (Palmbranntwein) wurde vor dem Trunk von jedem Anwesenden (von mir zuerst) eine Libation durchgeführt, indem etwas Branntwein auf die Erde gegossen wurde. Hiernach ging ich mit meinem Helfer Yaw in den Innenhof der ältesten Frau des Verstorbenen. Auch hier tranken wir von dem mitgebrachten alkoholischen Getränk, die Libationen entfielen allerdings. Erst hiernach durfte ich das Grab sehen [Endnote 11].
Ein ähnlicher Ablauf des “Sympathising” hatte sich schon 2005 abgespielt, nachdem vor meinem Eintreffen in Ghana meine langjährige Köchin Agoalie, eine Frau Anamogsis, gestorben war [Endnote 12]. Einen Tag nach den Trauerriten, wie sie oben für Anamogsi beschrieben wurden, holte man mich in den Viehhof des Gehöfts. Am Eingang zu Agoalies Wohnquartier stand Ajadoklie, eine Schwiegertochter von Anamogsi. Ajadoklie hatte bei Agoalies Totenfeier die Rolle der Imitatorin (che-lie) gespielt und trug auch jetzt Agoalies Strohhut. In der Hand hielt sie eine Kalebasse mit in Wasser angerührter roter daluk-Erde. Ich wurde von ihr mit der roten Farbe an den folgenden Körperstellen bemalt:

1. senkrechte Striche an beiden Schienbeinen,
2. Striche an den Unterarmen,
3. ein waagerechter Strich auf der Stirn.

Ajadoklie erklärte mir, dass ich genau so während der Feier angemalt worden wäre, hätte ich teilnehmen können. Ein Geldgeschenk an Ajadoklie sollte sie für ihre Dienste als Imitatorin meiner Köchin entschädigen.

2.8 Mattengeschenke bei den Trauerbesuchen und später

Nach dem Tod eines Menschen bis hin zur Juka-Totenfeier werden dem Trauerhaus mehr oder weniger offiziell tiak-Schlafmatten von ausgeheirateten Töchtern und Schwiegersöhnen geschenkt. Die etwas verwirrenden Informationen über Mattengeschenke an das Trauerhaus, sollen der Übersicht halber hier zusammengestellt werden.

2.8.1. Geschenke bei Trauerbesuchen vor den Totenfeiern

(Danlardy, fn 88,305a: Vor dem Funeral einer verheirateten Frau kommen die Brüder der Toten, d.h. Männer aus ihrer Geburtssektion, mit einer Matte (tiak) in das Trauerhaus (d.h. in die Sektion ihres Mannes). Diese Matte bleibt zunächst im Viehhof, die Sterbematte im dabiak (Wohnhof). Später wird die Matte der Geburtssektion zusammen mit einer neuen Kalebasse in den Schlafraum der Toten gestellt. Wenn Töchter der Toten in ihr Elternhaus kommen, sollen sie darauf schlafen und aus der Kalebasse trinken. Dies wird aber heute nicht mehr von allen durchgeführt.
Nach anderer Information wird die Totenmatte später, aber noch vor dem ta-pili yika-Ritual durch die geschenkte Matte ausgetauscht, denn erstere ist durch die Berührung mit dem Toten und den Leichengeruch (piisim) gefährlich geworden. Man wird die ursprüngliche Totenmatte zu einem späteren Zeitpunkt vernichten, indem man sie zum Beispiel in einen Fluss wirft.
(Brief Danlardys, fn 97,63a): Die Matte, auf der der Tote gestorben ist, kann um eine geschenkte Matte, der lie kuub puusa [wörtlich: Tochter, Tod, Begrüßung], gewickelt und so im kpilima dok aufgehängt werden. Bei der Kumsa-Totenfeier wird die lie-kuub-puusa-Matte zusammen mit der Totenmatte verbrannt.
Beobachtung in Wiaga-Goansa (fn 97,47a): Im Zentrum Wiagas (bei Leanders steinernem Wohnhaus) beobachtete ich eine Gruppe mit einer Matte aus Wiaga-Farinsa (Akanko Yeri), dem Elternhaus von Leanders Frau Atoalinpok. Die musikalische Begleitung bestand aus 2 gungong-Trommeln, 1 gori-Trommel und 3 Flöten (wiisa). Sie machten ihren Trauerbesuch in Asik Yeri erst jetzt, 4 Jahre nach Atoalinpoks Tod, weil es Probleme in ihrem Gehöft gegeben hatte. An einem Baum von Goansa führten sie einen kleinen Rundtanz auf.

2.8.2 Mattengeschenke während der Totenfeiern
(fn 88,272a, fn 94,89a) Nach Danlardy Leander stellen bei einem Funeral von Männern oder Frauen die Ehefrauen der Söhne des/der Verstorbenen je eine Matte oder, falls sie es nicht können, eine Kalebasse, die am bui abgelegt wird. Die Matten werden am gbanta-dai an die che-lieba (Frauen, die z.B. als Imitatorinnen Aktivitäten verrichteten) verteilt. Wenn Matten übrig sind, erhalten auch leibliche Töchter des/der Toten je eine Matte. Diese Aussage Danlardys deckt sich mit Beobachtungen bei einer Totenfeier in Wiaga-Mutuensa (fn 88,272). Im Viehhof am Speicher standen dort acht Matten, die gleich nach der Beisetzung des Verstorbenen von dessen Frau und Töchtern angefertigt wurden. Sie wurden nach der Totenfeier verschenkt.
Bei einem Kumsa-Funeral in Guuta wurden, wie üblich, Matten aus dem Nachbargehöft Awusumkong Yeri von verstorbenen Personen geholt, deren Totenfeier gleichzeitig in die Haupttotenfeier eingeschlossen werden sollte. Diese Matten wurden von Totengräbern getragen. Fünf weitere Matten wurden gleichzeitig aus Awusumkong Yeri geholt, es waren aber keine Totenmatten, sondern Geschenksmatten und wurden daher auch nicht von Totengräbern getragen (weitere Beispiele siehe Kapitel 4.2.1.12: Totenmatten aus Nachbargehöften).

 

3. BESTATTUNGEN

3.1 Aktivitäten vor der Bestattung

(Weitere Details über solche Aktivitäten findet man im Kapitel 3.4.1, Bestattung in Yisobsa)
Nach dem Tod im Kreise der Familie wird zunächst der Gehöftherr unterrichtet (wenn er nicht selbst anwesend war). Dieser wird sich sogleich nach geeigneten Totengräbern (vayaasa, sing. vayiak) umsehen, die noch einmal den eingetretenen Tod bestätigen und den Toten/die Tote dann im dalong (kpilima dok, Ahnenraum) auf der Totenmatte (tiak) aufbahren. Wenn der Tod außerhalb des Gehöftes auftrat, muss noch eine gebrauchte Totenmatte für die Aufbahrung besorgt werden.
Kurz vor der Bestattung wird der Tote abgewaschen. Man zieht ihm die besten Kleidungsstücke an: Mütze und traditionelle Kleidung, die sonst nur auf Festen getragen wird. Ebenso geschieht es bei einer toten Frau. Europäische Kleidung und eine Kopfbedeckung für die Frau sind nicht erlaubt. Ebenso sind rote Kleidungsstücke oder rote Muster oder Streifen in der Kleidung tabu.
She Bae [aka Dorisday] Abiak Ambagwie, eine Teilnehmerin an den Diskussionen in der Facebook-Gruppe Buluk Kaniak, konnte an der Bestattung ihres Vaters nicht teilnehmen, aber sie sah später den Video-Film, der von diesem Ereignis gedreht wurde. Sie berichtet in Facebook über die Kleidung ihres Vaters und ihre eigenen Eindrücke (27.1. 2019

… I think every house [has its way] how they bury their dead, because in my [house] they bury naked. They only dress you with the golung [triangle cloth] and when they get to the grave yard they remove it. I am saying this because when my father died I was not around, but when I got to the house they took a video of him how they laid him and it was [on?] one side, then they used his hands to close his ears. I was angry that it was around March. The sun and the ground was very hot. At least they shouldn’t have removed the smock and they explained that we don’t bury with dress and I don’t know whether that is how everybody does.

3.2 Ort der Bestattung

Der Ort eines Grabes ist von der verwandtschaftlichen Stellung und dem Geschlecht der Toten abhängig. Es scheint kleinere Unterschiede zwischen den verschiedenen Bulsa-Dörfern zu geben. Die folgende Aufstellung bezieht sich vor allem auf Wiaga.
3.2.1. In einen bewohnten Innenhof werden bedeutende alte Männer und oft auch Gehöfsherren, seltener auch Frauen, begraben. In einem mir bekannten Fall wurde die Mutter eines jüngeren Sohns des Gehöftherren im Innenhof dieses Sohnes begraben, da sie die Ehefrau des Gehöftgründers war. Gehöftherren selbst werden meistens im Innenhof der ersten Frau (Amadok), d.h. in der Nähe des Ahnenhauses (kpilima dok) bestattet.
In Wiaga-Sinyangsa war die Bestattung eines Gehöftherrn (yeri nyono) außerhalb des Gehöfts und nicht im Hauptinnenenhof für lange Zeit Gegenstand erregter Diskussionen. Nach dem Tode eines Gehöftherrn ließ ihn sein ältester Sohn außerhalb des Gehöfts begraben. Die genauen Gründe hierfür sind mir nicht bekannt, aber der zweitälteste Sohn (mein Informant) nannte diese Tat eine Schurkerei (villainy). Sie hatte zur Folge, dass auch der älteste Sohn und später mein Informant (beide waren Gehöftherren) außerhalb des Gehöftes begraben werden mussten. Einige Jahrzehnte später beriet man noch darüber, ob man die toten Gehöftherren nicht in den Amadok des Gehöftes überführen und dort neu bestatten sollte.

3.2.2. Im Viehhof (nangkpieng) werden zum Beispiel junge, kinderlose Männer und Frauen (der eigenen Lineage?) begraben.
Auch Fremde aus einer anderen Sektion, die in einem Gehöft ihrer Wohnsektionen sterben, werden, wie es mir in einem Fall aus Wiaga-Badomsa bekannt ist, im Viehhof, nahe ihrem Wohnquartier, begraben (fn 88,231a).
Nach Godfrey Achaw (fn 73,46) begräbt man in Sandema Männer im Viehhof, Frauen außerhalb des Gehöfts am Weg, der zu ihrem Dorf führt. Der Grund ist, dass Männer zum Haus gehören, Frauen sollen schnell zu ihrem Dorf gehen können.
Nach Margaret Arnheim begräbt man in Akanwari Yeri (Gbedema-Gbinaansa) Tote im Viehhof oder im dabiak (Innenhof). Im Viehhof deckt man einen Stein über die Grabstelle, wenn die Grabschale durch Vieh zerbrochen wurde. Eine Bestattung von Erwachsenen außerhalb des Gehöftes ist ungewöhnlich (fn M1978, 52b)

3.2.3. Außerhalb des Gehöfts, nicht weit von der Umfassungsmauer (parik) entfernt, werden vor allem Frauen (Ehefrauen aus einer anderen Lineage, mitunter auch unverheiratete Frauen der eigenen Lineage) begraben. Einige Gehöfte achten darauf, dass ihr Grab an einem Fußpfad liegt, der zu dem Elternhaus der verstorbenen Frau führt.
Margaret Arnheim berichtet von dem ganz außergewöhnlichen Fall, dass in Gbedema ein kleiner Junge außerhalb der Gehöftmauer begraben wurde (fn M46b). Als die Informantin in der Sandema Boarding School war (F1 oder F2) starb in Gbedema ein etwa gleichaltriger Junge. Nach seiner Erkrankung wollte man ihn zur Klinik nach Wiaga bringen, aber er hatte einen Unfall auf dem Weg. Als er im Gehöft starb, sagte ein Wahrsager, die Ahnen wollten nicht, dass er in eine Klinik kommt. Da die Eltern streng katholisch waren, sprachen Katechisten Gebete am Grab. Sein Grab liegt an einer Seite außerhalb des Gehöfts. Dahinter befindet sich ein länglicher Steinhaufen mit vielen Medizintöpfen, Schädelknochen usw. Es sind Ahnen-bogluta. Kein Ahne dieser Familie ist beim Gehöft begraben (alle in Südghana). Die Ahnen wünschten daher das Grab des Jungen dort. Der Gehöftherr von Akanwari Yeri sagte, dass ein Grab in dieser Lage für einen so kleinen Jungen ungewöhnlich ist.

3.2.4. Im oder am Aschenhaufen (tampoi) werden Kleinkinder, die noch keine jüngeren Geschwister haben, beigesetzt.
Margaret Arnheim (fn M61a) berichtet von einem Ereignis in Akanwari Yeri (Gbedema-Gbinaansa): Nachdem man Erde vom tampoi als Dünger für die Felder gebraucht hatte, trat ein starker Regenschauer ein. Im kusung hörte man einen Einsturz am tampoi. Die alten Männer konnten sich nicht erinnern, dass man dort jemals Menschen begraben hatte. Vielleicht war es das Grab eines Pferdes (mit Luftraum). Kinder werden hier meistens hinter dem Gehöft oder hinter dem tampoi beigesetzt.
Adama aus Wiaga-Chiok zeigte mir am tampoi seines Hauses Gräber von kinderlosen Frauen, die woanders gelebt hatten. Anders als bei Kleinkindern wird ihr Leichnam dort in normaler Tiefe begraben (fn 88,180a).

3.2.5. Kinder mit jüngeren Geschwistern bestattet man an dem Fußpfad, der zum Gehöft ihrer Mutter führt. Sebastian Adaanur aus Sandema Yongsa (fn 79,26a) berichtet, dass Erstgeburten einer Frau am Fußpfad und spätere Geburten im tampoi beigesetzt werden. Die von mir in Wiaga beobachtete Beerdigung von Akanchainfiik, die mehrere lebende Geschwister der gleichen Mutter hatte, im tampoi, spricht (für Wiaga) gegen die Aussage von Sebastian.
3.2.6. Kinder, die als kikita, d.h. von einem bösartigen Geist besessene Unholde (und hierzu gehören auch bösartige Zwillinge) werden weitab vom Gehöft im “Busch” (sagi), mitunter sogar in einem anderen Dorf in einem Ameisenhügel beerdigt (siehe auch Kapitel 3.7. Tod und Bestattung eines kikiruk).
3.2.7. Schwangere Ehefrauen werden (nach Entfernung des Foetus) abseits vom Gehöft (aber nicht in einem Ameisenhügel), mitunter auch in einem guuk (einem aufgegebenem Gehöft) begraben.
3.2.8. Eine Bestattung in alten Gräbern, wie es zum Beispiel bei den sprachlich sehr verwandten Koma geschieht, gibt es bei den Bulsa nicht.
3.2.9 Diskussion in der Bulsa Facebook Gruppe Buluk Kaniak über “health” und “treating dead bodies” (initiiert von Augustine Atano, 4. Juli 2020)

John Akanvariyuei Agandin: …when a corpse is sent to the village in a coffin, they will remove the body and bury it separately and then burn the coffin.
Abakisi Akangagnang Lawrence: …You know our palace is a very old house but keeps expanding and men by Buli custom are buried in the nankpieng. But because of the longevity of the house and population increases, burying in the nankpieng became extremely difficult. Then progressive elements within the house including my late father (May he rest well), advocated for a family cemetery but there was resistance from conservatives, sighting serious consequences of such a move. Fortunately, we had a father, our late king [Azantilow] who would give ear to every opinion. To cut matters short, a soothsayer was brought who okayed the burying in coffin and family cemetery. We became pacesetters in that regard and today, almost everyone is buried in coffin and the family cemeteries. Other families have since followed suit and it is catching up in Buluk. Also, family members who have died with diseases, that people are not supposed to touch the body… such persons are not given the usual cultural treatment like bathing and massaging but are kept in coffin and buried.

Die Tatsache, dass jemand eines bösen Todes (kum biok) gestorben ist, hat keinen größeren Einfluss auf die allgemeine Lage des Grabes. Wie bereits gesagt, werden Frauen, die eines kum biok starben, jedoch in einer gewissen Entfernung von den anderen Frauengräbern bestattet.

Wenn auch die örtliche Lage eines Grabes durch die Tradition festgelegt ist, so kommt es doch nach dem Tod zu Diskussionen, wo in dem speziellen Fall das Grab geschaufelt werden soll. Diese Unsicherheit ist oft noch größer, wenn es darum geht, in welchem Gehöft ein Toter begraben werden soll. Vor allem der Ort der Beerdigung einer Frau, die nicht im Hause ihres Gatten starb, ist mitunter Grund für starke Kontroversen zwischen Bewohnern ihres Elternhauses und denen ihres Gatten, von denen beide die Beerdigung und damit meistens auch die späteren Totengedenkfeiern durchführen wollen. Ähnlich verhält es sich beim Tod von Kindern, die dem Elternhaus ihrer Mutter einen Besuch abstatten und dort sterben.
Ein verheirateter Mann mit Frau und Kindern hatte im Streit sein elterliches Gehöft verlassen und ein neues Gehöft gebaut. Nach seinem Tod kam auch mit der Witwe keine Versöhnung zustande. Falls sie stirbt, werden Verwandte aus ihrem Heimatdorf ihre Leiche holen und bei ihrem elterlichen Gehöft bestatten. Falls ein Kind (zu Lebzeiten der Mutter) stirbt, wird es beim neuen Gehöft begraben (Yaw, 2008, fn 08,1).

3.3 Die Totengräber und ihre vayaam Medizin

Die Übersetzungen “Totengräber” oder “grave digger” sind für Buli vayiak (Pl. vayaasa) nicht sehr geeignet, denn das Graben eines Grabschachtes ist nur eine von seinen vielen Aktivitäten, die sich auch auf viele rituelle Angelegenheiten erstrecken.
Vor dem Beginn ihrer Arbeit bereiten sich Totengräber noch in ihrem eigenen Gehöft auf ihre nicht ungefährliche Tätigkeit vor (Ansoateng 1994, fn 4b).

Ansoatengs vayaam Medizin am Abfallhaufen

Medizin in Ansoatengs Zimmer

3.3.1 Der Totengräber Ansoateng: Medizin, Berufung und Tätigkeit
Ansoateng aus Wiaga-Badomsa erhält durch seine vayaam-Medizin ein Zeichen, dass jemand gestorben ist. Wenn er zum Beispiel eine sehr unruhige Nacht hatte, geht er am nächsten Morgen zu seiner vayaam-Medizin, die in seinem Fall in einem Tontopf am Abfallhaufen (tampoi) steht. Wenn der Deckel des Medizintopfes schräg aufliegt, weiß er dass jemand gestorben ist. Ansoateng füllt dann den Topf wieder mit Wasser auf, trinkt etwas von der Medizin, steckt seine Hand hinein und reibt seinen ganzen Körper ein, um sich so vor allem gegen den gefährlichen piisim-Geruch der Leiche, der zu Erbrechen führen kann, zu schützen [Endnote 14].
Anschließend verschließt er den Topf nicht wieder. Nach der Bestattung schaut er in das Gefäß. Wenn die einzelnen Wurzelstücke (tinangsa) parallel zueinander liegen, kann er das Gefäß wieder schließen. Wenn wenigstens eine Wurzel quer liegt, gibt es in naher Zukunft eine weitere Bestattung, und er lässt den Topf offen.
Es gibt nach Ansoateng vier Arten von vayaam-Medizin, die alle aus Baumwurzeln hergestellt werden:

1. aus den Wurzeln des nicht identifizierten kpagluk-Baumes, die in einer Krokodilhöhle an einem Fluss gewonnen werden. Dies ist die stärkste Medizin. Der Totengräber kriecht in die Höhle und verschließt sie dann mit Dornen, um sich vor dem vielleicht zurückkehrenden Krokodil zu schützen. Dann schneidet er Wurzelstücke des kpagluk-Baumes ab.
2. aus sich kreuzenden Wurzeln des sehr seltenen und nicht identifizierten yik-Baumes
3. aus den Wurzeln eines gaab-Baumes (Diospyros mespiliformis), der nie Früchte trägt
4. aus den Wurzeln des waaung-duob-pok-Baumes (waaung duob = Prosopis africana?)

Alle diese Medizin-Arten bewahrt Ansoateng in seinem Topf am Abfallhaufen auf. Auch Kinder und sehr alte Frauen können von der vayaam-Medizin trinken, wenn sie von dem piisim-Geruch angefallen wurden, aber niemals gebärfähige Frauen. Diese trinken von einer “weißen” Medizin, die nicht am tampoi steht, sondern in Ansoatengs Zimmer im Gehöft. Frauen, die den Toten berühren müssen, können auch mit einer Mischung aus Eselskot und ngmanyak-Gras (nicht identifiziert) baden.
Gleich nach dem Eintreten des Todes übernehmen die “Totengräber” viele wichtige rituellen Handlungen, denn unter allen Anwesenden kennen sie sich am besten aus, was in dieser Situation zu tun ist. Ethnologen, die meinen, dass die Zustimmung des Gehöftherrn und der nahen Angehörigen des Toten ausreicht, um den Ablauf der postmortem Riten zu beobachten und zu fotografieren, können eine große Enttäuschung erleben, wenn das Veto des ersten Totengräbers ihre Arbeit blockiert.
Die einzelnen Totengräber haben verschiedene Funktionen und Befugnisse. Einige dürfen nur graben, andere graben und beerdigen den Toten, oder sie dürfen nur junge Tote bestatten (fn 03.32b). Bei der Ausschachtung eines Grabes und den folgenden Tätigkeiten in einem Gehöft, liegt die Führung bei einem älteren, erfahreneren Mann. Er wird vom elder (kpagi, Vorsteher) der lineage des Toten bestimmt, die die Bewohner von etwa 3-4 Nachbargehöfte (s.o.: kobisa) umfasst. Der offiziell leitende Totengräber ist oft aber an den körperlichen Arbeiten gar nicht beteiligt. Er sitzt zum Beispiel mit den elders des Gehöfts im kusung, fällt von dort aus wichtige Entscheidungen und führt selbst Handlungen in Bezug auf den aufgebahrten Leichnam aus. Auch die körperlich arbeitenden Totengräber haben noch einmal eine Führungsperson, die neben den Grabarbeiten auch andere Tätigkeiten ausführt (s.u.).

Ansoatengs Berufung und Tätigkeit (fn 88,99ff, 14.11.88): Vor 18 Jahren (Bezug: 1988) starben in Badomsa viele Menschen, auch in Ansoatengs Haus. Die Totengräber waren zur Empörung der Nachbarn nicht bereit, alle zu beerdigen. Daher half Ansoateng bei dem Bestattungen. Dann wurde er selbst für lange Zeit sehr krank: Er hatte Gliederschmerzen, und Gesicht und Körper waren geschwollen. Der Grund hierfür war, dass er Leute ohne vayaam-Medizin beerdigt hatte. Er musste sich bestimmte Halme und schwarze Kräuter und Wurzeln (tinangsa) beschaffen, um vayaam herzustellen (s.o.). Auf jedes einzelne Wurzelstück musste er ein Huhn opfern. Wenn nach jedem Opfer das Wurzelstück in die Höhe springt und auf einem bestimmten Platz neben der Opferstelle landet, ist es ein Zeichen, dass der Aspirant Totengräber werden muss.
Es wurde Hirsebrei zubereitet, in ein Loch im tampoi geschüttet und dann mit Hilfe des Fußes mit Kehricht und Steinen vermischt, bis er ganz dunkel geworden war. Statt eines Rührstocks besorgte man sich einen menschlichen Schulterknochen aus einem Grab, der auch als Schöpflöffel gebraucht wurde. Der Brei wurde auf Ansoatengs Bein gelegt und er aß dreimal je einen Bissen davon, indem er ihn mit der linken Hand zum Mund führte. Den Rest schüttete man wieder auf den tampoi, wo er plötzlich verschwand.
Je nach den Eigenschaften und Todesarten der Verstorbenen werden verschiedene vayaam: Medizinen angewendet.

1) für Leprakranke. Ohne diese Medizin ist eine Bestattung nicht möglich.
2) für eine schwangere Frau
3) für einen sakpak (Hexe, Hexer)
4) für einen sakpak-yiik (schlimmere Art eines Hexers)
5) für einen Verstorbenen, dessen Tod mehr als zwei Tage zurückliegt (d.h. mit einsetzender Verwesung)
6) Für Tote, die als kokta noch herumwandeln, wird die dundum Medizin, ein grober rot-brauner Sand, der auch gegessen wird, verwandt.

Meine Frage an Ansoateng, ob er als Totengräber krupaani (oder kurupaani) hat, wurde von Ansoateng mit einem eindeutigen “ja” beantwortet. Ohne krupaani könnte er seine Tätigkeit nicht ausüben. Die kurupaarisa sind in ihm. Wenn er eine kranke Person sieht, weiß er durch diese, ob die Person sterben wird (zur Definition von krupaani siehe auch Kapitel 3.4.2, Fußnote 28).
Wenn Ansoateng in das Zimmer mit den verschiedenen Medizinen geht und er sieht, dass ein Teil der Schwangeren-vayaam aus dem Behälter herausgefallen ist, weiß er, dass eine Schwangere gestorben ist.
Die Bestattung von Babies ist schwieriger als die von einer verwesenden Person, denn es dürfen keine Fehler auftreten (siehe auch Kapitel 3.5.1: Bestattung Akanchainfiiks) Wenn ein Kind als sakpak stirbt, bricht Ansoateng vor der Grablegung seine Hände und Beine, dass es nicht aus dem Grab heraussteigen kann.
Er weiß vor der Bestattung, ob ein Toter ein Hexer (eine Hexe) war. Er kneift den Toten in den Arm. Wenn der Tote zurück kneift, ist er ganz sicher, dass der Verstorbene ein Gespenst (kok) werden wird, und er versucht die passende Medizin zu finden. Einige Totengräber schneiden einer Hexe die Hand, die Ohren, Nase oder Fingernägel auf. Wenn ein solcher Toter einem Lebenden ins Bein beißt, wird dieser ohne Behandlung nach 3 bzw. 4 Tagen sterben. Der Gebissene sucht einen vayiak auf, der dem Toten in seinem Aufbahrungsraum einen Zahn ausschlägt. Er legt den Zahn ins Feuer bis er schwarz wird. Dann mahlt er ihn, fügt etwas Öl hinzu und reibt ihn in die Bisswunde (am Bein) bis die Wunde geheilt ist.
Meine (nochmalige) Frage, in welcher Richtung Tote begraben werden, beantwortet er so. Der Kopf der Männer weist nach Süden, ihr Gesicht nach Osten; der Kopf der Frauen weist nach Norden und ihr Gesicht nach Westen (F.K.: So wurde auch Akanchainfiik begraben, siehe Kapitel 3.5.1).
Wenn Ansoateng beim Ausschachten eines Grabes auf eine Wurzel stößt, so schneidet er sie an beiden Seiten ab und legt sie in seinen Topf mit vayaam Medizin. Wenn er dieses nicht tut, kann jemand sterben.
Ansoateng zeigte mir auch die dundum-Medizin, einen groben rot-braunen Sand (eisenhaltig?), von dem er etwas aß. Die meisten anderen Medizinen müssen erst verbrannt oder angekohlt werden, bevor sie gegessen werden können (fn 88, 100b).
Nach dem Interview zeigte mir Ansoateng zwei helle Kreuze (wie aus Silberbronze) am Fenster seines Zimmers und eine runde, schwarze Scherbe an der Wand beim Gehöfteingang, ein anderes Schutzmittel für den Totengräber.

Totengräber von Mutuensa am Abfallhaufen

3.3.2 Vayaam Rituale in Angaung Yeri, Mutuensa  (fn 88,236b)
Am 19.3.89 wurde ein Leprakranker von den vayaasa des Gehöfts und auswärtigen Totengräbern, einschließlich Ansoatengs, bestattet. Allen Totengräbern wurde der Kopf kahl geschoren. Eine Medizin setzte man in einem bimbili an und platzierte sie auf dem tampoi. Der vayaam-bogluk wurde aus dem Raum des Gehöftherrn auf den tampoi gesetzt und erhielt dort das Opfer eines Huhns und eines Schafes. Alle Totengräber und andere nahmen unbekleidet ein Bad, bei dem alle Körperteile mit der Medizin abgewaschen wurden.
Am folgenden Tag (20.3.89) konnte ich selbst von Leuten aus Angaung Yeri weitere Informationen erfahren und einige rituelle Tätigkeiten beobachten. Im Innenhof des Gehöftsherrn wurde das gekochte Fleisch des Schafes an alle aufgeteilt. Viele Frauen aus dem Haus und Nachbarhaus gingen zum tampoi, entblößten den Oberkörper und wuschen Kopf, Arme und Beine. Wegen des Tageslichtes entkleideten sie sich nicht völlig und wünschten kein Foto. Ein kahlgeschorener Totengräber demonstrierte für mich das Bad auf dem tampoi. Dort lagen Blätterbüschel, mit denen er sich abwusch und abschlug, nachdem er sie in das Medizinwasser getaucht hatte. Ein solches Bad schützt auch gegen viele andere Krankheiten.

Das samoaning-Gefäß auf dem Drei-Steine-Herd

Der vayaam-Schrein, eine Kalebasse mit Opferspruren (Mitte)

3.3.3 Ein vayaam Ritual in Anduensa Yeri, Wiaga-Chiok
Als ich nach dem Tode von Akanchainfiik (s.u.) deren Leiche berührt hatte und solche Berührungen auch in Zukunft stattfinden konnten, riet man mir, mich dem vayaam-Ritual zu unterziehen. Es würde mich nicht nur vor den schlechten Folgen des Leichengeruchs (piisim) schützen, sondern auch ein vorbeugendes Mittel gegen Gespenster sein.
Adaapiim, der Vater meines Mitarbeiters Adama, erklärte sich bereit, das vayaam-Ritual für mich und meinen Assistenten Danlardy in seinem Gehöft in Wiaga-Chiok durchzuführen.
Wir selbst hatten folgende Dinge hierfür zu besorgen: 1 weißes Huhn (kpiak), 1 neues Hackenblatt (kui), 1 Glas Schibutter (kpaam), Hirsemehl (zaa), Salz (yesa) und 1 Ziegenbock (bu-duk), dessen Hoden und Penis für die  Medizin und Herstellung eines Medizinbeutels benötigt wurden (Ich konnten die Ziege für 3500 Cedis im Gehöft kaufen). Die notwendigen pflanzliche Teile (zum größten Teil wohl Wurzeln) werden Leute aus Adaapiims Familie selbst im Busch besorgen [Endnote 15].

Ein Huhn wird der flüssigen Medizin geopfert.

Bei unserer Ankunft im Gehöft befanden sich schon mehrere der gesmmelten Medizinarten in einem samoaning-Tongefäß. Von zehn Arten konnte man uns die Namen nennen, drei müssten geheim bleiben. Nach Zugabe von Wasser wurde dieses Gefäß um 17.30 Uhr auf ein Feuer gestellt. Der Gehöftherr holte den vayaam-bogluk, eine geschlossene Kalebasse mit fester, verkohlter Medizin aus dem Gehöft und stellte sie neben das Feuer. Das Hackenblatt lag nun auf dem Tontopf und nahm das Blut der Opfertiere auf. Um 18.30 Uhr wurde ein braunes Huhn (vom Gehöft gestellt) und mein weißes Huhn den beiden Schreinen geopfert.

Medizin auf dem Hackenblatt

Ein Problem ergab sich, als mein weißes Huhn nach dem ersten Schnitt nicht aufflattern wollte. Das hätte geheißen, dass mein Opfer nicht angenommen worden wäre. Aber nach einem Nachschnitt an der Kehle flatterte es doch noch auf. Nach Reden (Gebete) vom Gehöftherrn und von mir wurde die Ziege vor den Schreinen über einer kleinen bimbili-Schale, in der das Blut floss, getötet. Dann ließ Adaapiim einige Blutstropfen der noch blutende Ziege auf die beiden bogluta tropfen. Die Ziege wurde daraufhin sofort zerlegt. Ein junger Totengräber nahm nun zwei kleine Holzkohlenstückchen aus dem kleinen vayaam-bogluk, zerrieb getrennt einen Teil von ihnen mit einem Stein auf dem Hackenblatt und einer keramischen Reibschale zu einem schwarzen Pulver, dem er Salz zufügte.

Danlardy und der Autor erhalten ein Bad mit heißem Medizinwasse

Danlardy und ich wurden nun zu unserer Badestelle hinter dem tampoi (Abfallhaufen) geführt. Hier hatten gerade schon zwei unbekleidete jüngere Totengräber ihr Bad genommen. Nach dem Entkleiden (ich durfte meine Unterhose anbehalten) und dem Einnehmen einer

Einnahme der Medizin

Hockstellung wurde uns abwechselnd sehr heißes und kaltes Medizin-Wasser von einem hinter uns stehenden Totengräber aus einer Kalebassenschale über den Kopf geschüttet. Man hatte uns vorher gesagt, dass man hierzu das kochende Wasser aus dem samoaning-Topf nehme, aber wir brauchten keine Angst zu haben. Wenn wir nicht mit böser Absicht hierher gekommen wären, würden wir keine Verbrennungen erleiden. Als das heiße (kochende?) Wasser geschüttet wurde, wagte ich einen Blick nach hinten. Gleichzeitig mit dem heißen Wasser schüttete ein anderer Totengräber kaltes Wasser, das sich in der Luft und auf dem Körper mit dem heißen Wasser mischte.

Hirsebrei und Medizin am Rührstab

Hiernach massierte ein Mann meine Brust und schlug mit einem Laubzweig ziemlich feste auf meine Beine, meinen Kopf und, etwas sanfter, meinen Rücken.
Dann wurden wir wieder zurück zur Herdstelle mit dem Medizintopf geführt. Die geriebene und gesalzene Holzkohlenmedizin hatte man inzwischen mit Schibutter vermischt, und wir mussten dreimal (männliches Prinzip) mit dem Zeigefinger in zwei verschiedene Medizinen tippen und die Medizin zu uns nehmen. Diese Medizin darf nur von Erwachsenen eingenommen werden, die sich auch dem vayaam-Bad unterzogen haben.
Zwischen dem tampoi und kusung hatten inzwischen einige Männer einen “Männer”-Hirsebrei (sa-gaang) ohne Fermentierung zubereitet. Ein unbekleideter Mann strich auf den Rührstab etwas Hirsebrei, darüber flüssige Schibutter und das schwarze Pulver. Der Medizintopf auf dem Feuer und der vayaam-bogluk erhielten nun durch den Gehöftherrn nach einem Gebet folgende Opfer:

1. klares Wasser
2. Hirsebrei aus einer Schüssel
3. öligen Hirsebrei vom Rührstab
4. Blutsuppe (von der getöteten Ziege)
5. zwei Fleischarten (von den beiden Hühnern?)
6. klares Wasser (Medizinwasser wird nie geopfert)

Danlardy und ich erhielten je ein Bein und einen Flügel eines Huhns und ein Vorderbein der Ziege.
Am Essplatz nahe dem kusung-dok aßen wir nun vom Rührstock einen Teil des Hirsebreis, der durch Beimischung des Medizinpulvers eine dunkle Färbung angenommen hatte. Währenddessen badeten mehrere Frauen, erzwungenermaßen auch Adamas kleiner Sohn, am Badeplatz mit der vayaam-Medizin.
Adamas Vater Adaapiim rief Danlardy und mich nun in den kusung und reichte uns dort in einer Kalebassenschale eine rötliche, heiße Medizin aus dem samoaning. Er gab uns ein Stückchen von der verkohlten Medizin zum Mitnehmen und unterrichtete uns über ihren Gebrauch und ihre Wirkung. Wir sollen sie auf einem Hackenblatt zu einem Pulver zerreiben und mit Salz und Schibutter mischen. Sie müsste im Hause aufbewahrt werden und nur vor gefährlichen (nächtlichen) Unternehmungen eingenommen werden, keineswegs aber zu Totenfeiern oder Besuchen mitgenommen werden. Wir bräuchten jetzt keine Angst mehr vor Gespenstern (kokta) zu haben, dürften allerdings keinem erzählen, wenn wir ein Gespenst gesehen hätten. Die Medizin dürfe kein andere essen.
Kleine Stückchen der verkohlte vayaam-Medizin können auch in einem eisernen Armreifen mit einem röhrenförmigen Mittelteil am Körper getragen werden. Ein offener Schlitz in diesem Teil lässt die Medizin ungehindert ihre Wirkung ausüben.
Am 2.4.89 erhielten Danlardy und ich in Chiok unser zweites Bad durch dreimaliges Überschütten mit diesmal lauwarmem Medizinwasser. Von der Medizin mussten wir wieder dreimal trinken.
Am 3.4.89 ging ich alleine im Hellen nach Chiok. Ich konnte mich dort selbst mit dem Wasser durch Überschütten waschen und trank wieder dreimal von der Medizin.
Zwei Stiefmütter von Danlardy wünschten die Gelegenheit zu nutzen und unterzogen sich auch in Chiok dem vayaam-Ritual mit demselben Wasser aus dem samoaning-Topf. Als Frauen mussten sie jedoch viermal (weibliches Prinzip) kommen. Jede von ihnen ließ ein mitgebrachtes Perlhuhn (kpong) und ein Huhn (kpiak) an die beiden Schreine opfern, das Bad nahmen sie durch Überschütten mit dem Medizinwasser. Sie waren nicht vollständig unbekleidet, sondern trugen die alte, traditionelle Blätterkleidung. Es wurde “Männer”-Hirsebrei (sa-gaang) wie bei uns bereitet, aber am Rührstab befand sich diesmal eine Mischung aus Hirsebrei und zerriebener Medizin, die nicht geopfert wurde.
Nach Abschluss unserer rituellen Behandlung fertigte Adaapiim aus der Haut eines Hoden der von mir gestifteten Ziege einen kleinen Beutel. Er reinigte ihn innen mit Sand und füllte ihn dann mit flüssiger vayaam-Medizin. Es ist ein Reservebehälter, der ebenso wie der kleine vayaam-bogluk, im Ahnenraum (dalong) aufbewahrt wird. Adaapiim nimmt ihn mit, wenn er nachts das Haus verlassen muss. Bei einem Besuch des Gehöfts am 24.4.19 stand der große Medizintopf (samoaning) noch immer am tampoi.
Auf Nachfrage erklärte mir Adama, dass der kleine vayaam-bogluk auch segi (Schutzgeist) bei einer segrika-Feier (Schutzgeistverleihung und Namensgebung) werden kann. Die Kinder heißen dann Avayaam, Avayaampok, Avayaamlie oder Atiim (fn 88,252).

3.3.4 Weitere Einzelinformationen zur vayaam-Medizin
Information durch den Totengräber Akperibasi, Sohn Ayomo Ayualis (fn 88, 188b): Die vayaam-Medizin steht auf dem tampoi seines Gehöfts zwischen Sträuchern. Wenn für die Medizin neue Wurzeln gekocht werden, kommen viele Nachbarn und trinken von der Medizin. Sie hilft auch gegen Brechreiz oder gegen die Folgen des Genusses verdorbener Nahrung. Wenn der Totengräber einen verfaulten Leichnam begraben muss, trinkt er von dieser Medizin und wäscht sich damit Hände und Füße.

Hühnerfüße an Ayomos Ahnenraum

Information durch den Totengräber Ayomo Ayuali (20.11.88, fn 88,110a). Am kusung steht Ayomos dachoruk (Spaten), der zum Grabschaufeln, aber auch zum Ausheben der Pfostenlöcher verwandt wird. (fn 88, 173b) Ayomo und sein ältester Sohn dürfen als Totengräber nicht einen dachoruk selbst herstellen.
An der Außenwand von Ayomos kpilima-dok hängen außen einige Hühnerfüße. Sie stammen von einem nang fobka Ritual (s.u.) in Sichaasa. Ein Tierschwanz wird bei einem männlichen Toten dreimal, bei weiblichem viermal um die Totenmatte bewegt. Dann wird ein Huhn auf dem Boden totgeschlagen. Das Huhn erhielt Ayomo als Führer der Totengräber. Die Füße wird er für seine vayaam-Medizin verwenden. Eines Tages wird dieser Medizin auf dem tampoi ein Ziegenbock (bu-dok-tiik) und ein rotes Huhn (kpa-moaning) geopfert. Eine schwarze Hackenklinge, die nicht zum Anreiben von Medizin verwandt wird, wird dazugelegt. Allen, die an dem Ritual teilnehmen wollen, werden Kopfhaare mit einer losen Rasierklinge geschoren. Nach der Rasur wird Wasser mit Medizin (tinang) gekocht, und allen Teilnehmern gießt man das heiße Wasser über den geschorenen Kopf, in die Achselhöhlen, Gesäß und Kniekehlen, wobei die Haut verbrennen kann. Dann wird ein Hühnerfuß (s.o.) verkohlt (charred), gemahlen und man fügt Öl und glühende Holzkohle hinzu, sodass Rauch entsteht, den alle Teilnehmer einatmen, und außerdem Ellbogen, Knie und Füße in den Rauch halten. Anschließend essen sie die verkohlte, gemahlene Medizin.
Wenn die Medizin des Toten stärker als seine eigene ist, wird Ayomo sterben (fn 88,238a).

Information Adama, Chiok (fn 88,241a): Es gibt zwei Arten von Bädern: 1. um verschiedene (z.B. schon verweste) Leichen begraben zu können. 2. um der Begegnung mit Geistern vorzubeugen.

Information Akanming (fn 88,136a): Wenn ein Unbefugter den vayaam-Schrein angefasst hat, muss er ein Huhn opfern.

Information tiim-nyono von Yisobsa (fn 94,23a): Er stellt die vayaam-Medizin aus den Wurzeln der beli-cham und vayaam-tengnang (tinang?) Bäume her, indem er die Wurzeln ausgräbt und sie in kaltem Wasser einweicht. Wer unter den Folgen von piisim leidet, zum Beispiel geschwollene Glieder hat, badet in diesem Extrakt. Einige Wurzeln können auch verkohlt gegessen werden.

3.4 Bestattung von erwachsenen Personen

3.4.1 Tod einer verheirateten Frau (Fallbeispiel aus Wiaga-Yisobsa)

Ama mit der Totenmatte

Nur einmal konnte ich die Gesamtheit der an einem Verstorbenen vollzogen Riten in allen Einzelheiten beobachten und dokumentieren, nämlich im Gehöft meines Assistenten Yaw (Apok Yeri, Wiaga Yisobsa, fn 02/3,31a-35b). Dieses lag wohl daran, dass einmal mein Assistent Yaw in Vertretung seines in Südghana wohnenden Vaters der “chief mourner” (kumu nyono, wörtlich „Eigentümer der Totenfeier‟) war, und dass Agyenta, der Vater meines langjährigen Freundes Alfred (jetzt katholischer Bischof der Diozöse Bolgatanga/Navrongo), der Leiter der vayaasa war.

3.4.1.1 Behandlung der toten Frau und Rituale vor der Grablegung
Yaws Schwester Asiuklie war in der Nacht vom 3.- 4. Januar 2003 im Krankenhaus von Sandema verstorben, und Yaw und ich hatten ihren Leichnam auf einem Pickup nach Apok Yeri in Wiaga gebracht. Wäre Asiuklie in Sandema bestattet worden, so wäre ihr Tod als ein Tod in der Fremde (sagi, wörtlich “Busch”) angesehen worden, da sie Apok Yeri vor ihrer Rückkehr aus Südghana noch nicht besucht hatte. Man hätte etwas Erde von ihrem Grab genommen und diese in einer ngarika-Bestattung (siehe unten) in Apok Yeri beigesetzt (fn 02/3,35b).
Nach unserer Ankunft in Apok Yeri wollte man den Leichnam im dalong zuerst nur auf einem Tuch aufbahren, aber der Einspruch eines Mannes aus Apok Yeri hatte Erfolg, und sie wurde auf ein Strohmatte (tiak) gelegt, die eine Bewohnerin (die Ama des Gehöfts) zur Verfügung stellte [Endnote 16]. Als die ausgesuchten Totengräber (vayaasa) den Raum der Toten zum ersten Mal betraten, räusperten sie sich, um ihre Ankunft der Toten mitzuteilen, und sie klopften mit der flachen Hand vier Mal (bei einem männlichen Toten 3 Mal) auf den Boden. Hiernach durften sie die Tote berühren.

Die Tote wird auf die Matte gelegt.

Einige ältere Frauen zogen die Tote aus und legten ihr eine einfarbige, dunkle Hüftschnur um, in die auch Blätter eingehängt worden wären [Endnote 17], wenn man ihr nicht später einen Webstreifen (garuk-pali) als Tuchkleidung um ihre Hüften gelegt hätte. Ihre alte Kleidung wurde gewaschen und später bei ihrer Totenfeier am Getreidespeicher (bui) mit anderen Dingen aus ihrem Besitz ausgestellt. Danach könnte sie zum Beispiel von ihrer jüngeren Schwester getragen werden, aber viele Frauen haben Angst, die Kleidung einer Toten anzuziehen.
Als nächstes wischten die Frauen den Körper der Toten mit einem nassen Lappen ab. Die Rasur von Asiuklies Kopfhaaren brachte Probleme mit sich, da alle Aufgeforderten aus Angst diese Tätigkeit ablehnten. Schließlich führte Yaw (entgegen allen Traditionen) diese Arbeit selbst aus (fn 02/3,33a).
Die Massage des Leichnams, die den Körper für die Grablegung durch einen engen Schacht geschmeidig halten sollte, hätte eigentlich von älteren Frauen durchgeführt werden müssen. Da diese sich jedoch vor dieser Aufgabe fürchteten, führten die Totengräber Agyenta und Agbong [Endnote 18] diese Tätigkeit aus (fn 02/3,33a).

3.4.1.2 Suurika (fn 02/3,31b) und andere Riten
Einige weitere Riten mussten noch vor der Grablegung durchgeführt werden. Gegen 13.40 Uhr trank Yaw eine Schale rötlichen Hirsewassers (zamonta-zom) neben der Toten, und eine Frau sprach einige Worte dazu, in denen sie erwähnte, dieses sei ein Begrüßungstrank für Asiuklie, die aus dem Süden Ghanas als eine “Fremde” zurückgekehrt war und vor ihrem Tod das Gehöft noch nicht besucht hatte. Yaw trank das Hirsewasser an Stelle seiner Schwester. Das Ritual wird suurika (rinsing the mouth), tugka (receiving [a drink]) oder tutok moangka (wetting the throat) genannt.
Vor der Grablegung stellte man im kusung die Frage, ob alle die Tote betreffenden Probleme gelöst seien. Yaws Mutter berichtete, dass Yaw in Sandema einen Streit mit seiner Schwester hatte. Nach anfänglichem Sträuben unterzog sich Yaw einem Reinigungsritual, bei dem er und ein Gehöftbewohner ein sehr kleines, hellbraunes Hühnchen hielten, das dann in dieser Stellung in zwei Teile geschnitten wurde (kpiak gebika, fn 02/3,32a+33a; siehe auch ngarika Bestattung, Kapitel 3.7.2.1, mit Foto). Mir wurde die Teilnahme an diesem Ritual erlaubt. Da ich wusste, dass Fotos wahrscheinlich unerwünscht waren, habe ich auf diese verzichtet.

Böllerschüsse

Yaw wünschte andererseits, dass vor der Grablegung Böllerschüsse (dagoong naka) abgefeuert wurden, während der älteste Nachbar (Asiidem) dieses völlig ausschloss, da bei den vorangegangenen Bestattungen älterer Männer auch keine Schüsse abgefeuert wurden. Ein Kompromiss wurde gefunden, indem man zwei Schüsse abfeuerte: den ersten für jüngst verstorbenen Personen, einen zweiten für Asiuklie. Nur die Namen von zwei verstorbenen Männern und einer älteren Frau wurden vor dem Abfeuern des ersten Schusses erwähnt, aber andere waren eingeschlossen.
Unmittelbar vor der Grablegung füllten zwei Frauen an einer Stelle zwischen Grab und Gehöfteingang ein großes liik-Gefäß virtuell mit Wasser. Obwohl sie mit einer Kalebassenschale die Bewegungen des Auffüllens machten, war die Schale leer. Das “Wasser” sollte den Durst Asiuklies stillen. In anderen Gehöften kann das Gefäß auch mit realem Wasser gefüllt werden. Nach Information Ansoatengs (Badomsa) wird das Wasser (auch?) zum Anrühren eines Lehmmörtels für den Putz der Grabschale benutzt.

Das liik-Gefäß, die Kalebassenschale und der dachoruk

Das liik-Gefäß mit der Kalebasse blieb bis zum Aufhängen der Matte (ta-pili yikka) oder auch noch längere Zeit danach beim Grab liegen und wurden dann in den dalong gebracht. Nach einer Information wird in diesem liik bei der Totenfeier Wasser zur Speisenzubereitung geholt. Am Ende der Totenfeier erhält ihn die Frau, die das Witwenbad organisiert hat, als Geschenk.

3.4.1.3 Bekanntmachung des Todes (kuub darika) und Beileidsbesuche
Die kuub-darika bestand vor allem in der Benachrichtigung von Asiidem, des elders (kpagi) der ko-bisa von Apok Yeri, der in einem Nachbarhaus wohnte. Asiidem seinerseits benachrichtigte die meisten anderen Verwandten.
Nach dem Beginn des kuub-darika und dem Beginn des Grabschaufelns setzten in Apok Yeri Traueräußerungen der Gehöftbewohner ein, und auswärtige Verwandte oder Freunde suchten das Gehöft hierzu auf.
Der Ablauf der Trauerriten in Apok Yeri verlief so, wie er oben (Kapitel 2.7) in allgemeiner Form beschrieben wurde.

3.4.1.4. Die Ausschachtung des Grabes und die Beisetzung
Da die tote Asiuklie in Apok Yeri als kinderlose Tochter des Hauses (yeri-lie) galt, musste sie außerhalb des Gehöftes begraben werden (fn 02/3,31a). An dem Platz, an dem Tote ihr Grab bekommen sollte, stellt man gewöhnlich eine große, umgestülpte Kalebassenschale und wirft einen beliebigen Stein dagegen. Ich beobachtete auch, dass bei der Beerdigung eines Mannes drei Steine gegen die Kalebasse geworfen wurden (bei einer Frau wären es vier gewesen). Der erste, missglückte Versuch, einen Schacht für Asiuklies Grab auszuheben, wurde auch darauf zurückgeführt, dass man dieses kurze Ritual ausgelassen hatte.
Die Schachtarbeiten in Apok Yeri wurden mit folgenden Werkzeugen ausgeführt:

1. zwei Beilklingen, die mit einem geraden Griff einen dachoruk-Grabspaten ergaben.
2. ein gerader, geschälter Ast des Nim-trees, der den Stiel des dachoruk-Spatens abgab.
3. zwei Kalebassenschalen zum Ausschaufeln der vorher mit dem Spaten gelösten Erde.
4. eine Hacke.

Begnnende Ausschachtung mit dem dachoruk

Eine Schale Hirsewasser für die TotengräberDie Arbeit begann damit, dass die Hirsestoppeln der letzten Ernte entfernt und der Boden an der Stelle des geplanten Grabes eingeebnet wurden. Um die Grabstelle errichtete man aus aneinander gestellten Hirsehalmen eine kegelförmige Hütte (vorib noai kusung). Sie diente weniger dazu, den Arbeitern Schatten zu spenden, sondern war eher ein Sichtschutz, der sie vor den neugierigen Blicken Unbeteiligter schützen sollte. Diese “Hütte” durften nur die fünf Totengräber und Verwandte der Toten betreten. Ein anderes Tabu (kisuk) bestand darin, dass in der Nähe des Grabstelle kein Name eines Lebenden genannt werden durfte. Er würde sonst sterben.
Um 13.30 Uhr entstand mit Hilfe des dachoruk das erste kleine Loch im Boden, das dann entsprechend dem Umfang der später aufgesetzten keramischen Grabschale erweitert wurde. Anfangs wurde lose Erde mit den Händen entfernt, später mit einer Kalebasse. Nach etwa 20 cm stießen die Arbeiter auf anstehenden Fels, und die Arbeit ging nur noch langsam voran, obwohl ein Totengräber eine stärkere Eisenklinge aus seinem Gehöft geholt hatte.
Dann legte ein Arbeiter den dachoruk-Spaten über das offene Grabloch. Der Hausherr schenkte den Totengräbern ein braunes Huhn (vorub kpiak), das diese durch Schlagen auf den dachoruk-Griff unblutig töteten.

Eine Schale Hirsewasser für die Totengräber

Nach Informationen aus Badomsa soll das Huhn vorher bei einem männlichen Toten dreimal, bei einer weiblichen Toten vier mal kreisförmig über dem Grabloch bewegt werden (yulimka). Ist es nicht sofort tot, tötet man es durch einen Fußtritt. Keineswegs darf es vor dem Sterben aufflattern. Später grillten es sich die Männer über einem offenen Feuer und verzehrten es gemeinsam. Eine Schale Hirsewasser, auch ein obligatorisches Geschenk, tranken sie sofort. Zusätzlich, aber nicht obligatorisch, erhielten sie ein Schale Erdnüsse, akpeteshi, von dem eine Libation auf die Erde geschüttet wurde, Hirsebier und Tabak. Mitunter gibt man Totengräbern auch eine Ziege oder, beim Grab eines Gehöftsherrn, ein Schaf, anstelle des Huhns.
Nach dieser Unterbrechung der Ausschachtungen schüttete man das unvollendete Grabloch mit Erde zu und begann mit dem Grabarbeiten an einer anderen Stelle. Als der Grabschacht eine Tiefe von ca. einem Meter erreicht hatte [Endnote 19], wurde er von seinem unteren Boden aus nach allen Richtungen erweitert, sodass dort eine enge, kreisrunde Grabkammer entstand, die etwa doppelt so groß war wie die Eingangsöffnung (fast ein Meter). Ein Totengräber stieg hinab um auszuprobieren, ob sie groß genug war und auch um mir die Körperstellung der Toten zu demonstrieren. Die/der Tote nimmt eine gehockte Embryostellung ein, beide Hände liegen vor den Ohren, wodurch nach einer Information von anderer Seite das Eindringen von Sand verhindert werden soll. Bei alten Männern wird dieses erreicht, indem man je ein Hackenblatt auf die Ohren legt [Endnote 20]. Der Kopf einer bestatteten Frau weist nach Norden ihr Gesicht nach Westen, der Kopf eine Mannes nach Süden, sein Gesicht nach Osten (Info Sandema Kalijiisa, Wiaga-Badomsa u.a.). Frauen liegen auf der linken Seite, Männer auf der rechten (so informiert auch Danlardy Leander, fn 94,86).

Der Leichnam wird zum Grab getragen.

Vor der Grablegung

Der Leichnam Asiuklies wurde nun in ihrer Matte von den Totengräbern zum Grab getragen und dort in der Grabkammer beigesetzt (guuka: Beerdigung). Anschließend füllten die Totengräber das Grab ganz mit Erde (sika: Auffüllen) und stampften diese mit dem hölzernen Ende des dachoruk fest, damit sie später nicht einfallen kann. Als oberen Grabverschluss diente eine keramische chari-Schale, die jedoch als Grabverschluss boosuk genannt wird. Sie kann alt oder neu, braun oder schwarz sein, darf aber keinen Sprung haben. In der Nähe des Grabes stach (vuri) Agbong ein kleines Loch in den oberen Teil der Schale, damit die Seele (chiik) der Toten bis zur ersten Totenfeier ungehindert aus- und eintreten konnte. Überwiegend hält sich die Seele bei ihrer Totenmatte im dalong auf, kann aber das Grab und den Leichnam kurzfristig besuchen.
Bevor Agbong die Schale auf den nun gefüllten Schacht setzte, führte er mit der Schale einige kreisende Bewegungen aus (yulimka). Beim Aufsetzen musste er darauf zu achten, dass das kleine Schalenloch in die richtige Richtung zeigt. Während viele Informationen und Beobachtungen an Gräbern belegen, dass das Loch in der Schale einer Frau nach Westen zeigt, das eines Mannes nach Osten, behauptete man in Apok Yeri das Gegenteil (Quelle: Yaw).
Die Totenmatte wurde nach der Grablegung wieder zusammengerollt und in den dalong zurückgebracht.
Bei einem Besuch in Apok Yeri am 9. Januar 2003 (5 Tage nach der Bestattung) lagen am Grab noch der Hackengriff, der hölzerne dachoruk-Griff und der liik-Topf. Über der Grabschale war eine Schicht Erde (ohne Verputz!) aufgetragen worden. Darüber hatte man Dornzweige gelegt, um ihre Zerstörung durch Haustiere zu verhindern.
Falls man die hölzernen Griffe später noch gebrauchen will, müssen sie dem nyiinka Reinigungsritual unterzogen werden. Meistens bleiben sie am Grab liegen bis sie verrotten oder Kinder sie wegholen und als Spielzeug benutzen.
Wie beschrieben hatten Frauen das liik-Gefäß und die Kalebasse nur scheinbar mit Wasser gefüllt, das als Trank für die Tote dienen sollte. Aus einem anderen leeren Gefäß markierten sie nun ein Wasserschütten, ohne dass Wasser floss [Endnote 21].
Die beiden Schaufelkalebassen lagen für kurze Zeit am Haupteingang des Gehöfts, dann legte man sie auf das Dach des kusung. Sie werden nach Yaw angeblich bei der Juka-Totenfeier zusammen mit anderen Kalebassen und Tontöpfen rituell zerbrochen (siehe unten), falls sie dann noch vorhanden sind. Die Eisenklingen des dachoruk und die Kalebassen lagen am Gehöfteingang, sie wurden erst nach dem Aufhängen der Matte (tapili yikka) in den dalong gebracht, die Totenmatte Asiuklies stand vor dem dalong, neben ihr eine Holzkiste, in der sich die persönlichen Dinge (Kleidung, Schmuck usw.) der Verstorbenen befanden.

3.4.1.5 Ta-pili yikka (Aufhängen der Totenmatte),

vgl. Kapitel Ngarika, 3.7.1.5

AlleTotenmatten von Verstorbenen werden bis zur ersten Totenfeier (Kumsa) auf einer Lattenvorrichtung unter der Decke des dalong aufbewahrt. Hier können sich mitunter bis zu einem Dutzend Totenmatten ansammeln. Die erste Frau des Gehöftherren (Ama) muss genau wissen, welche Matte zu welchem Toten gehört.
Nach der Bestattung des Toten wird die Matte in der Mitte mit einem Tuch umwickelt und im Innenhof der ersten Frau (vor dem dalong) senkrecht aufgestellt. Wenn nach drei Tagen das Datum für eine zeitnahe Totenfeier noch nicht feststeht, wird sie unter der Decke des dalong gelagert. Ansonsten bleibt sie im Innenhof aufrecht stehen [Endnote 22], das heißt, man möchte die Totenriten ohne Unterbrechung, oder, wie Aduedem (2019:13) es ausdrückt: „…they should just continue with the funeral rite‟ (ba deri siak yiili, lit. ‘they should just sing the song’)
Das Ritual der Mattenaufhängung (ta-pili yikka) wird gewöhnlich bald nach der Bestattung durchgeführt, nach einer Information aus Badomsa drei Tage nach der Beerdigung eines Mannes, vier Tage nach der Bestattung einer Frau [Endnote 23]. Die Totengräber erhalten hierfür Hirsewasser, Hirsebier und akpeteshi, aber keine Hühner.

 

Vorbereitungen für die Mattenaufhängung; rechts die Totenmatte mit Tuch

In  Apok Yeri fand das tapili-yika Ritual am 10. Januar 2003, also 6 Tage nach der Beerdigung, statt. Agbong, ein Totengräber (vayiak), und ein Mann aus dem Nachbargehöft Achumbe Yeri führten es aus. Beide hatten einen entblößten Oberkörper und trugen kein Schuhwerk. Sie holten nun die mit einem Tuch umwickelte Matte Asiuklies aus dem dalong, entfernten das Tuch, breiteten die Matte im Innenhof aus und fügten vor dem Zusammenrollen eine sehr einfache Nackenstütze (zu-kpagluk oder dafieluk) ein. Diese Nackenstütze bestand aus einem etwa 30 cm langem Aststück, das in der Mitte mit einem Dechsel etwas verjüngt worden war. Agbong hatte diesen Gegenstand bereits am 4. Januar hergestellt, und er hatte während der Aufbahrung unter Asiuklies Kopf gelegen.

Verschnüren der Matte

 

Die Totenmatte am dalong-Eingang

Die Totenmatte Asiuklies und anderen unter der Decke des dalong

Die beiden Männer umwickelten die eingerollte Matte an drei Stellen mit der weißen Faser (bog-pieluk). Mit einer gedrillten Schnur (miik) hängten sie sie unter die Decke des dalong. Beide bedauerten, dass sie hierfür keinen Draht oder keine Nylonschnurhatten, denn Termiten können die Faserschnur zerstören, und ein Herunterfallen der Matte wäre ein schlechtes Zeichen gewesen.

3.4.1.6 Diskussionen in Apok Yeri über die noai-boka und gaasika Rituale
(fn 02/03 34a + 35b) Am 10. Januar 2003, gegen 17.15 Uhr hatten sich mehrere ältere und jüngere Männer im kusung versammelt und diskutierten den Ablauf der rituellen Tätigkeiten und Maßnahmen. Hierzu gehörte die Frage, ob die noai-boka, eine Rite mit der Totenmatte zur Ermittlung des am Tode Schuldigen, durchgeführt werden sollte. Wichtigste Argumente gegen diese Durchführung war, dass dieses Ritual für zwei vorher verstorbenen Frauen mit ähnlichen sozialen und genealogischen Positionen, deren Matten auch im dalong hingen, früher nicht durchgeführt wurde und auch dass die Mutter einer dieser Frauen in Südghana lebte und nur sehr schwer für eine Nachholung des Rituals zu erreichen war (zur Ausführung des noai-boka-Rituals, siehe auch Kapitel 3.7.1 und 3.8).
Auch die Durchführung des gaasika-Rituals, das verhindern sollte, dass weitere Kinder von Yaws Mutter Akawai starben, führte – nicht nur in dieser Besprechung – zu einer polemischen Diskussion. Yaw und seine Mutter waren als Christen streng dagegen und konnten sich auch durchsetzen. Sonst hätte dieses Ritual in Ayinyam Yeri, dem Gehöft von Akawais san-yigma (Heiratsvermittler) stattgefunden. Die Frauen dieses Gehöfts hätten Hirsebrei (saab) mit jum-soblik (mudfish, Clarias sp.) und Sauce zubereitet. Im Haupt-Innenhof (der ersten Frau) hätte Akawai etwas von diesem Brei in ihrer rechten Hand [Endnote 24] gehalten, um es dann wegzuwerfen mit den Worten: “Mi piilim bia-kaasung ale nna. Kaasung toaling jam-ya. Fi me ngoa cheng ngang vuutinga. Kan ngman nya kaasima.” (Dies war meine erste Fehlgeburt. Das Verderben [der Tod] ist schon gekommen. Du solltest die Lebenden verlassen [in Ruhe lassen]. Das Verderben [den Tod] sollte man nicht wieder sehen). Dies wäre dreimal geschehen. Beim vierten Mal hätte Akawai die Speisen essen können. Danach hätte man ihr Kopfhaar geschoren und sie wäre wieder nach Apok Yeri gebracht worden. Am nächsten Tag hätte Akawai einen abschließenden Besuch in Anyiyam Yeri gemacht [Endnote 25].
Durch das Auslassen der gaasika glaubten die Befürworter, dass die etwa sechzigjährige Akawai weitere “Fehlgeburten” haben könnte, d.h. dass ihr weitere kinderlose Söhne und Töchter sterben könnten – es sei denn, dass die gaasika doch noch zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt wird. Falls Akawais junge Tochter Rosemon eine Fehlgeburt hat, kann man vielleicht das gaasika-Ritual an ihr in der Fremde durchführen, jedoch nicht in Apok-Yeri.
Akawais Weigerung bedeutet auch, dass dieses Ritual fortan für Kinder von ihr, die selbst schon wieder lebende Kinder ohne vorausgehende Fehlgeburten hatten, wie es in Yaws Familie der Fall ist, tabu ist.

3.4.1.7 Weitere Einzelinformationen zur gaasika
Inf. Danlardy Leander (fn 02/3, 53a): Die gaasika (mit Haarschur) von Danlardys “Schwägerin” (Va Br So Frau) mit mehreren Kindern wurde in ihrem elterlichen Haus durchgeführt “weil sie die einzige Tochter war”. Das Gehöft ihres Gatten gab den Ausführenden ein Perlhuhn (kpong).
Inf. Margaret Arnheim (fn M1978ff. 52a): Wenn die Frau, der der Kopf rasiert werden soll, zum Beispiel im öffentlichen Dienst steht und sie daher keinen Kahlschnitt wünscht, so kann man den Haarschnitt mit dem gleichen Messer auch nur andeuten.

3.4.1.8 Nyiinika (Reinigung durch Rauch)
Das nyiinika-Ritual soll schlechte Einflüsse durch die bei den vorhergehenden Totenritualen verwendeten Werkzeuge verhindern. Es findet stets nach dem Aufhängen der Matte, nicht weit vom Gehöfteingang statt.
In Apok Yeri (fn 02/03, 35a) wurde durch Verbrennen von reinem Hühnerk

Das Mattentuch wird durch Rauch gereinigt.

ot (dem in einigen anderen Gehöften ngmanjek-Gras beigemischt wird), ein Rauch erzeugt, dem man eine reinigende Wirkung zuschreibt und der den Totengeruch von gebrauchten Objekten nimmt. Agbong, der erste der aktiven Totengräber, hielt folgende Gegenstände über den Rauch:

1. die liak-Klinge des dachoruk-Spatens,
2. das Hackenblatt (kunkuri),
3. dagunta: die Eisenrohre, aus denen Böllerschüsse abgefeuert wurden,
4. das Messer (gebik), mit dem dem Hühnchen im kpiak gebika Ritual die Kehle durchschnitten wurde,
5. die Kalebasse, mit der der liik-Topf scheinbar gefüllt wurde,
6. der liik-Topf,
7. Asiuklies Kleidung und das große Tuch, mit dem sie auf der Matte bedeckt war und das später um die eingerollte Matte gewickelt wurde.
8. Einige Personen hielten auch ihre Hände über den Rauch.

Nach der nyiinika wuschen sich die Totengräber mit Wasser die Hände. Zwei Böllerschüsse zeigten die Beendigung aller rituellen Tätigkeiten an.
Vor der Verabschiedung wurden die anwesenden Totengräber mit zwei Flaschen akpeteshi und Hirsewasser bewirtet.

3.4.1.9 Exkurs: Daungta suurika: Reinigung durch Rauch und Wasser (wörtlich “Abwaschen von Schmutz”)
(Eigene Beobachtung und Information durch Danlardy, fn 88,91a).
Eine ähnliche Funktion wie das nyiinika Ritual hatte wohl das daungta suurika oder auch daungta nyiinika genannte Ritual, das ich in Anyenangdu Yeri am 6.11.1988 beobachten konnte.
Mein Helfer Danlardy Leander war mit einer Tochter des Kadema Chiefs verlobt, als diese am 5.11.88 in der Wiaga-Klinik verstarb.
Nach einer Libation auf den Boden (piika) vor dem Traktor fuhr Anamogsis Sohn den Leichnam um 1 Uhr nachts in ihr Elternhaus nach Kadema. Das Mädchen lag auf einem Camping-Bett der Klinik. Neben ihr klagten und trauerten Verwandte während der ganzen Fahrt. Anamogsi musste danach alle mit dem Traktor geplanten kommerziellen Fahrten absagen. Der Kadema-chief schickte ihm sofort ein Schaf.
Am 6.11.88, nachmittags um 17 Uhr, fuhr ein Sohn Anamogsis den Traktor zum Damm, um ihn dort gründlich zu waschen. Gegen 18.15 Uhr musste auf dem Vorplatz (pielim) des Gehöfts Anyenangdu Yeri noch das Reinigungsritual daungta suurika durchgeführt werden, denn an dem Traktor klebte noch trotz des Waschens ein spiritueller Schmutz (daung). Jemand holte eine Scherbe mit einer stark rauchenden Asche [Endnote 26] aus dem Haus und stellte sie neben den Traktor, während Anamogsi eine kurze Ansprache (Gebet?) hielt. Danach wurde die Scherbe mit der rauchenden Asche auf den Anhänger gestellt.
Es folgten Opfer an Anamogsis Vaters Vater Aluechari: zuerst Hirsewasser, dann das Blut eines dunklen Huhns. Das geschenkte Schaf wurde zuerst an den Schrein (bogluk) geführt und sein Kopf darauf gehalten, bevor es neben dem Schrein getötet wurde. Sein Blut floss in einen cheng-Topf. Der junge Opferer (Atoa) nahm einen Hirsehalm, taucht ihn in das Blut, band ihn zusammen und legte ihn auf den Schrein (F.K.: Er sollte wohl das Halsband des Schafes darstellen). Das Schaf wurde sofort enthäutet und sein Fleisch aufgeteilt. Die zu opfernden Eingeweide wurden von Kindern an einem offenen Feuer geröstet: Hühnerleber, Hühnerfleisch, Schafsleber, Schafsfleisch. Dann teilte man das Schaf auf: 1 Hinterbein an Anamogsi und Atinang (ko-bisa), ein Hinterbein ging an Atuiri und Angoong Yeri (ko-bisa), ein Vorderbein an den Traktorfahrer Alhassan aus Wiaga-Goansa, ein Vorderbein und der Großteil der nach dem Opfer verbleibenden Leber an mich (Ich galt als der älteste Sohn Anamogsis). Die Brust (kusiri) wurde an alle Haushalte Anyenangdu Yeris verteilt. Die Hüfte (chiak) und die Innereien schenkte man den Kindern des Hauses. Den Kopf erhielt Atoa als Opferer, die Haut Anamogsis Sohn Akaayaabisa, der das Schaf enthäutet hatte und gerade auch ein Fell für einen neuen Hüftschurz (tangkalung) brauchte.
Anamogsi gab folgende Erklärung über die Notwendigkeit des beschriebenen Rituals ab (fn 88,98a):

Ba nyeem ni (=le) ween soka la, ba nye nganta bala, a nye te logni, di kan ngman kaasi wara. Ba dan kan so di, ku a fe ma (= kama) te di ngman ko nuru de me ya nye dila. Nganta bala, ba boa ween bala ween bala a nyese ti-baasa la, krupaani, se tiiba asa la… se krupaani.
They used to talk about washing [cleaning the tractor], they used these things not to let the lorry spoil anything again. If they do not clean it, it will necessarily kill somebody again. That is how it is. These things, they say, these things resemble evil trees. [Bad trees have] krupaani; like evil trees, like krupaani [Endnote 27].

Daungta suurika in Aniok Yeri
(Anamogsi, fn 88,239a) Atiim (Name geändert), der Leiter der Badomsa-Instrumentalgruppe hatte nach einer Heimfahrt aus Sandema einen tödlichen Traktor-Unfall [Endnote 28]. Sofort nach dem Begräbnis Atiims, um ca. 8 Uhr, wurde in Aniok Yeri über dem Motor des Traktors ein frisches Hühnerei zerbrochen und akpeteshi geschüttet, um den Motor zu reinigen. Am Abend fand in Anyenangdu Yeri eine ähnliche suurika statt, wie nach dem Tod des Kadema-Mädchens. Geopfert wurde aber nur ein Huhn (Riten nicht von F.K. beobachtet)

3.4.2 Tod Apunglies (fn 94,21a)
Apunglie, eine alte Frau, die Schwester Atinangs [Endnote 29], starb in der Nacht zum 16.7.94 in Atinang Yeri, Badomsa. Um 10.20 Uhr wurde ihr Tod durch drei Böllerschüsse angezeigt. Um 10.40 Uhr holten mich Amaami und Azakopo (Söhne Anamogsis) nach Atinang Yeri. Dort saßen die jüngeren Leute im kusung, die alten Männer (Ayomo, Anamogsi, Angmarisi, Atinang) im kusung-dok.

Der Grabschacht wurde am Boden erweitert.

Um 11 Uhr beendeten die Totengräber (Ansoateng, Ayomo Ayuali, Ayogsi aus Anue Yeri, Atongka, Asiame Amoabil, Abanyub, Ayoma Anyiik, Aparimoak) das Grabschaufeln im Viehhof. Über dem Grab hatten sie ein Dach gedeckt mit einer Plastikplane und wu-panung-Gras errichtet. Das Grab war etwa 1 Meter tief, die Ausbuchtungen am Boden hatten nicht die volle Körperlänge. Als Werkzeuge dienten ein dachoruk mit sehr breiter Klinge, eine Hacke, eine Kalebasse und ein liik-Gefäß.

Über dem Schacht wurde ein Lehmhügel errichtet.

Es trafen laufend neue, laut weinende Trauergäste ein. Ich beobachtete vom kusung aus, wie Apunglie in einer Matte aus ihrem Innenhof getragen wurde. Ihr Kopf war kahl geschoren (?). Nicht nur Totengräber trugen die Matte mit dem Leichnam, man hatte auch einige junge Männer aus dem kusung aufgefordert zu helfen.

Ansoateng steckt ein Stöckchen in das Luftloch.

Nach der Grablegung wurden wieder Böllerschüsse abgefeuert. Aus großer Nähe konnte ich das Zuschütten des Grabes, die Errichtung eines Lehmhügels darüber und das Aufsetzen der boosuk-Schale auf den Lehmhügel beobachten. Die Schale war von einer Frau des Hauses zum kusung gebracht worden, ein Mann trug sie zum Grab. Der Schacht (vorub) wurde zuerst mit der ausgehobenen, gelben Erde, dann auch mit abgebrochenen Mauerstücken gefüllt. Ansoateng stampfte die Erde mit einem Fuß fest, die Mauerstücke auch mit einem Balken aus dem Schattendach, das damit teilweise abgerissen wurde. Dann steckte er ein Stöckchen in das kleine Luftloch der aufgesetzten boosuk-Schale und trug eine etwa 20 cm dicke Erdschicht auf, die mit der Hand verstrichen wurde.

Der Lehmputz des Grabhügels wird mit den Händen verstrichen.

Aparimoak (der erste Totengräber?) und ein anderer Totengräber (beide kenne ich nicht persönlich) waren mit meinen Aufnahmen nicht einverstanden. Ayomo Ayuali, der nur ab und zu Hand anlegte, sein Sohn Akperibasi, eine Mutuensa Mann und Ansoateng verteidigten mich (Atongka schwieg). Alle Totengräber wuschen sich gemeinsam über dem Grab die Hände (und ihr Gesicht?). Dann berichtete Aparimoak den Männern im kusungdok, dass die Arbeit getan war.Am 20.7.94, das heißt am 4. Tag nach dem Tod (wie es bei der Bestattung einer Frau üblich ist), fand morgens das noai-boka Ritual statt, nachmittags die Aufhängung der Matte (ta-pili yika). Alles wurde mit Böllerschüssen abgeschlossen (Dies war der Zeitpunkt, zu dem ich hinzu kam). Im kusung saßen: Atinang, Angmarisi, Ansoateng, Anamogsi, John Akanming, Asuebisa, Atoa, Anyik, Akabre und 2 weitere junge Männer. Die Stimmung war diesmal gelöster, nur Apunglies Bruder Atinang war sehr schweigsam.

Die Totengräber waschen sich die Hände über dem Grab.

Wenn ich nicht an allen rituellen Handlungen an einer Frau aus dem Nachbargehöft, die ich persönlich gekannt hatte, teilnehmen durfte, so lag diese nicht an dem Gehöftherrn Atinang, sondern allein an dem leitenden Totengräber Aparimoak, den ich nicht persönlich kannte und den ich mit meinen Geschenken vielleicht nicht hinreichend bedacht hatte. Fast alle anderen Totengräber befürworteten meine Teilnahme und gaben mir später bereitwillig Informationen.

3.4.3 Einzelergänzungen anderer Informanten und Autoren zu Bestattungen Erwachsener

3.4.3.1 Ergänzungen J. Aduedems (Sandema-Bilinsa-Pungsa)
Im Jahre 2019 beschäftigte sich der Seminarist Joseph Aduedem mit der Frage, ob katholische Christen traditionelle Bestattungen und Totenfeiern durchführen und an diesen teilnehmen dürfen. Hierzu fertigte er auch eine (bisher zum Teil unveröffentlichte) ausgiebige Beschreibung der Bulsa Bestattungen und “Funerals” an. Wichtigster (einziger?) Informant war sein Großvater (VaVa) Aduedem Alanjo, der nach meiner Ansicht ein fundiertes und exaktes Wissen über die genannten Themen besaß. Die Forschungsergebnisse Joseph Aduedems bilden in vieler Hinsicht eine wichtige Ergänzung zu meinen eigenen Forschungen, einmal weil alles aus der Perspektive Sandemas gesehen wird, während die Schwerpunkte meiner Arbeit vor allem in Wiaga lagen. Außerdem beschreibt er auch, auf dem Insider-Wissen seines Großvaters basierend, Phänomene, die für den Besucher einer Bestattung oder Totenfeier nicht ohne weiteres einsehbar sind. Hier liegen zudem Schwerpunkte auf Riten und Veranstaltungen (z.B. die Juka-Totenfeiern), die von mir nur weniger stark dokumentiert werden konnten. Daher sollen im Folgenden einige wichtige Beschreibungen und Ergebnisse Aduedems über die Bestattungen von Erwachsenen, vor allem so weit sie nicht in ähnlicher Form von mir behandelt wurden, auszugsweise dargestellt werden.

Auszüge aus seinem unveröffentlichten Manuskript (2019: 7ff.) zu Bestattungen in Sandema-Bilinsa-Pungsa

p.7f: The general mourning: When the noai-boka is over, the mat is carried back to the dalong and the general mourning starts [Endnote 30]. Mourning involves wailing, while the women cry from outside and move into the courtyard (dabiak) towards the entrance of the dalong, the men stop at the kraal and move back. Each mourner is usually held by age mates called vaang-chaab. These colleagues would be around the bereaved person until the funeral is over. After this formal mourning ritual, they wash their faces with clear water [Endnote 31].

p.8: …The gravediggers come to the kusung dok to tell the elders that they want to get a place for the deceased
p. 8f: At a point they [the gravediggers] will stop [the digging] and go to inform the elders that “the grave does not go down” and zo-nyiam (millet water), daam (akpeteshi), groundnuts (if there are any) and tobacco are sent to the grave side as gifts for the gravediggers [Endnote 32]. One of the gravedigger burns the tobacco and its smoke is blown into the grave to drive away any living soul that might have entered [Endnote 33]. Later, a fowl and a livestock (goat or sheep) are also sent for sacrifice [Endnote 34].
The digging then continues, the opening is round, about eighteen inches in diameter, but at the depth of about a foot it increases in size and becomes semi-circular, running north and south and reaching a depth of about four feet [Endnote 35].
p. 10: [the burial proper] After the ritual in the dalong the burial proper begins. The mat containing the corpse dressed in burial clothes (i.e. golung, kurukoluk, garigeli and zutok), is carried by two gravediggers on their left shoulders to the tomb, the one with the head side being in front [Endnote 36]. …One of the gravediggers climbs down and receives the corpse, feet first this time, and places it on its side, facing east or west according to whether it is a man or woman respectively [Endnote 37]… If it [the deceased] is a man, the last born is called for the bogta nari ritual [Endnote 38]. In this ritual, women take shea butter in a chinbili (small calabash, ordinarily used either for sowing or serving sheabutter), and another closes the eyes of the last born and he is led to the grave. Over there, the gravediggers take his hands and that of the corpse and rub them together lubricated by the bogta (Hyptissuaveolens Labiatae [Endnote 39]), indicating that that is his (the deceased) last achievement in terms of procreation. After that, the first born comes to bury the father by placing the father well, and when this is done, he throws soil into the tomb three times [Endnote 40].
p.11: After that [finishing the digging] the gravediggers come to the entrance of the kusung and inform the elders that “he (the deceased) said he can no longer live with us and so we have looked for a place for him [Endnote 41].” They are thanked and the sons get refreshment (zo-nyiam, groundnuts, and akpeteshi – daam in Buli) for the elders, women and the gravediggers.
p. 11: The sons can ask the elders to continue with the final funeral rites if they will want to. If they will continue, the ta-pili yika is omitted, if not, the rites follow as below.

3.4.3.2  Ergänzungen durch Leander Amoak (Wiaga-Badomsa)
Ausführliche Informationen gaben mir mein langjähriger Mitarbeiter Leander Amoak und nach seinem Tode (1983) sein Sohn Danlardy Leander.
(fn 81,31b) Wie oben berichtet, wird der oder die Tote in der Matte zum Grab getragen. Voran geht jemand mit der boosuk-Schale. Darin befindet sich mit Wasser vermischte Erde. Mit diesem Mörtel wird der boosuk auf der Erde befestigt. Wenn Leander selbst stirbt, werden wohl Adiak und Ayomo Ayuali die Bestatter sein.
(fn 81,10b) Das kleine Loch in der Grabschale wird in etwa 3/4 der Höhe angebracht. Die Seele des Toten (chiik), die sich gewöhnlich in einem Lumpen in der Totenmatte befindet, kann hier aus- und eintreten. Das Loch dient auch zum Atmen und zur Lüftung [F.K.: Dieses kann nur sinnbildlich gemeint sein, denn über der Leiche liegt eine etwa 1 m dicke, festgestampfte Erdschicht]. Nach der letzten Totenfeier, wenn die Seele ins Totenreich (z.B. Ajiira) gezogen ist, wird das Schalenloch durch den Lehm- oder Zementüberzug der Schale verschlossen. Das Verputzen könnte durch eine Frau oder Tochter Leanders ausgeführt werden. In Leanders traditionellem Gehöft wird dieses jedoch stets von der Witwe seines älteren Bruders Atiim ausgeführt.
(fn 81,31a) Wenn ein Grabdeckel zerstört ist oder einen Sprung hat, muss ein “Tier” (dung) geschlachtet werden. Diese Tötung ist kein Opfer. Das Fleisch wird unter den anwesenden Gästen verteilt.
Leander Amoak hat als elder eine lineage-Segmentes (Ayarik-bisa) an zahlreichen Beerdigungen teilgenommen. Die Unterschiede im Ablauf scheinen von der Bedeutung der verstorbenen Person abzuhängen.
Als Asage, der ältestes Mann von Badomsa und Vorsteher eines Badomsa-Lineage-Segmentes (Ayok-bisa) starb, fand eine Beerdigung statt, die in ihrem Aufwand weit über die gewöhnlicher Bestattungen hinausging.
(fn 81,52a): Es war ein großes Fest mit Trommlern, Tänzen, Kriegstänzen, Gewehrschüssen usw. Grabschaufler waren: Ayomo Ayuali, Asaaluk, Adok, Akpiedem, Alaata, Ajiak und Amoak (Asages ältester Sohn). Asage wurde im Innenhof seiner Mutter begraben. Er trug folgende Kleidungsstücke: die Dreieckshose golung, ein weißes Gewand (tagurik), eine Mütze (zu-tok). Zwei Hackenklingen wurden auf seine Ohren gelegt. Geopfert wurden [F.K.: an wen?] 1 Huhn, 1 Schaf und Hirsewasser. Obwohl Asage sich voll zur traditionellen Religion bekannte, wurde in der katholischen Kirche von Wiaga eine Messer für ihn gelesen.
Leander wies darauf hin, dass auch in dem Ablauf von Bestattungen größere regionale Unterschiede zwischen den einzelnen Sektionen bestehen. Die Gräber in Wiaga-Guuta werden zum Beispiel gewöhnlich mit Lesesteinen zugedeckt, sodass die Tonschalen nicht mehr zu sehen sind (fn 78,1b).
(fn 81,12a): Akadiri, der Begründer des Yimonsa-Häuptlingstums, befahl seinen Leuten ihn lebendig ins Grab zu legen. Man ließ jedoch ein Loch zum Atmen. Die Leute redeten und reden auch heute noch mit ihm durch dieses Loch. Seine Totenfeier ist bis heute noch nicht abgehalten worden. Kein Fremder (auch nicht Bulsa einer anderen Sektion) darf dieses Gehöft betreten.

3.4.3.3 Einzelinformationen durch Danlardy Leander (nach dem Tode seines Vaters Leander Amoak, 1983)
(fn 84,14a und fn 94,20b) Nach dem Tod Leanders kamen viele Leute in Leanders traditionelles Gehöft Asik Yeri. Alle nahmen an der Beerdigung teil (auch Kleinkinder). Totengräber waren die beiden Nachbarn Ayomo Ayuali und Asaaluk (die auch später die Mattenträger bei der noai-boka waren), ein Besucher aus Akais Haus und andere. Man begann mit dem Grabschaufeln nach Dunkelwerden. Bei Sonnenaufgang wurde Leander begraben. Er trug im Grab einen blauweißen smock (garuk) mit Mütze, aber ohne Sandalen. Aller Armbänder und Amulette wurden ihm abgenommen.
In seiner schriftlichen Arbeit für das Lehrerexamen fasst Danlardy den Ablauf der Bestattungstätigkeiten zusammen [Endnote 42]:
(fn 86,12a): Der Kopf der Toten wird geschoren, ihr Körper gebadet, Ältere Männer tragen ein Lendentuch (golung). Wenn der älteste Sohn es wünscht, wird sein Vater mit golung begraben, sonst auch vollkommen nackend. Einer toten Frau wird auch der Kopf rasiert, sie trägt keine Tuchkleidung, nur eine Hüftschnur (pak), Blätter oder Fasern (vaata). Im kusung beraten die alten Männer, wer den Tod verkünden soll. Vor der Bestattung einer Frau werden Böllerschüsse [aus dagoong-Rohren] zur Explosion gebracht. Man schickt einen Boten an ihr Elternhaus und fragt, ob sie ihre Tochter noch einmal sehen wollen.
Danlardy in einem Telefongespräch und Ergänzungen durch das Internet: Der Sandemnaab starb am 14.11.06. Sofort nach seinem Tod brachten seine Söhne den Leichnam in ihren eigenen Autos nach Bolgatanga, wo er in dem Kühlraum einer Leichenhalle aufbewahrt wurde. Am Abend des 26. Januar 2007 brachten dieselben Söhne den Leichnam nach Sandema, wo er gegen 2 Uhr (27.1.07) heimlich begraben wurde. Bei Tagesanbruch kamen sehr viele Leute und man feuerte auch Böllerschüsse ab. Zur gleichen Zeit wie der Häuptling starb auch in Accra eine Schwiegertochter des Häuptlings. Wegen der Ereignisse in Sandema durfte sie erst am 17.2.07 beerdigt werden.

3.4.3.4 Ergänzungen durch Godfrey Achaw (Sandema-Kalijiisa)
(fn 73,46): Am Bestattungstag wird ein rundes Loch von gewöhnlich mehr als zwei Totengräbern gegraben. Es ist ca. 6 ft tief, bei hartem Boden 3ft. Unten werden nach Norden und Süden in Körpergröße Ausbuchtungen gegraben.
Pro Grab wird nur eine Person bestattet. Godfrey ist sich nicht sicher, ob zwei Brüder in einem Grab bestattet werden können. Der älteste Sohn des Verstorbenen achtet darauf, dass alles ordnungsgemäß ausgeführt wird.
Der Tote wird in zwei übereinander zusammengerollten Matten von zwei männlichen Trägern (Grabschauflern) zum Grab gebracht. Wenn er über eine Mauer transportiert werden muss, können andere helfen. Eine der beiden Matten wird zur Abschirmung senkrecht um das Grab gestellt. Verwandte dürfen den Raum innerhalb der Matte betreten. Der Tote, der noch auf der anderen Matte liegt, wird mit den Füßen zuerst hinabgelassen und von einem Totengräber unten im Grab zurechtgelegt. Das Grab wird mit Erde zugeschüttet und eine Tonschale auf das Grabloch gesetzt. Über der Schale bringt man feuchte Erde so an, dass die halbkugelige Form erhalten bleibt. Dann wird die Matte entfernt [F.K.: das heißt wohl, sie wird wieder ins Haus gebracht].
Opfer über einem Grab gibt es nur bei Totenfeiern. Gräber sollen von Unkraut freigehalten werden.

3.4.3.5 Ergänzungen durch Anamogsi (Badomsa)
(fn 97,13a): Wenn eine verheiratete Frau, die kein Kind geboren hat, stirbt, schlägt man in der Außenmauer ein Loch (von oben bis zum Boden). Durch diese “Lücke” wird der Leichnam der Frau aus dem Gehöft zum Grab getragen. Beim Tode einer schwangeren Frau wird das gleiche Ritual durchgeführt, im ersteren Fall handelt es sich aber nicht um einen bösen Tod (kum-biok).

3.4.3.6 Ergänzungen durch Margaret Arnheim (Gbedema)
(fn M52a): Wenn ein Wahrsager kurz nach dem Tod eines Menschen feststellt, dass der/die Tote(r) ein(e) Hexe(r) war, werden diesen kurz vor der Grablegung Beine und Arme in den Gelenken gebrochen. Wer von den Totengräbern es tut, muss geheim bleiben und die nahen Angehörigen (Frauen, Kinder) erfahren es auch nicht. Die Grabschale solcher Menschen erhält (kurz vor ihrer Aufstellung auf dem Grab) kein Loch. Damit die Hexenkunst des Toten geheim bleibt, wird über die lochlose Schale eine weitere mit einem Loch gesetzt. Die Angehörigen erkennen den Bruch der Knochen daran, dass der Geist (kok) der Hexe nicht kommt und hingestelltes Essen verzehrt. Bei der Beerdigung einer Hexe wird Essen auf die Grabschale gelegt.
(fn M30a): Die Grabschalen werden nur im Innenhof mit Lehm verschmiert, vor dem Gehöft sieht man die unverputzte Tonschale. Gräber sinken oft ab. Im Innenhof schlafen Menschen zwischen den Gräbern, vor dem Besuch eines Friedhofs haben aber viele Angst.

3.4.3.7 Information Sebastian Adaanur und eigene Beobachtung
(fn 81,39a): Tod in Awaanka Yeri (Sandema-Yongsa): Am 16.8.1981 starb in Awaanka Yeri eine etwa 55 jährige Frau, die hinter dem Haus bestattet wurde. Am 18.8. befand sich dort ein einfacher Grabhügel mit unverputztem Lehm, wahrscheinlich über einer boosuk-Schale. Daneben lag ein größerer liik-Topf, in dem Wasser transportiert worden war, um Lehm für die Grabdecke anzumischen, außerdem eine Kalebasse, mit der man Wasser geschöpft hatte, ein Grabstock ohne Klinge und ein Hackengriff ohne Eisenblatt (die beiden Eisenteile lagen am Hauseingang). Als ich das Grab sehen wollte, musste ich Geld (F.K. 10 Cedis) auf den Grabhügel legen (Azanggbabil sammelte es sofort ein).

3.4.3.8 Einzelbeobachtungen Franz Kröger

Tod in Abakisi Yeri (fn 73,246a): In der Nacht vom 11. zum 12, August 1974 war eine Frau Abakisis gestorben. Am nächsten Morgen wurde sie beerdigt (12.8.74). Am 13.8. kam ich zu einer Nachfeier. Im großen Kusung saßen die männlichen, patrilinearen Verwandten Abakisis (Abakisi, Asekabta und andere Nachkommen Atebas aus Seitenlinien). Unter zwei Schattenbäumen hatten sich die Verwandten der verstorbenen Frau niedergelassen. Am tampoi waren vier Eisenrohre für Böller schräg in die Erde gesteckt, es wurde aber auch aus alten Gewehren geschossen. Zwölf Frauen mit großen Kalebassen auf dem Kopf kamen im Gänsemarsch aus dem Gehöft. Sie gaben Hirsewasser an die Gäste aus Wiaga (zu denen ich gehörte), später auch Hirsebier, das aus schwarzen Tontöpfen serviert wurde. Eine Frau zog weinend an den anderen Gästen vorbei. Dann begab sich die Wiaga-Gruppe vom Schattenbaum aus singend im Schrittanz ins Haus. Hiermit war die letzte Handlung vorüber. Asekabta und andere verabschiedeten sich.
(fn 73,110a): Grab und Trauer in Bachinsa: Am 15.8.73 war ein matrilinearer Onkel Leanders in Bachinsa gestorben, der am gleichen Tag im Viehhof beerdigt wurde. Am 16.8. gegen 9 Uhr besuchten Leander und ich das Gehöft. Vom Grab sah man nur einen Erdhaufen (Foto). In einem Hof saßen weinend die Frau (Tochter?) des Verstorbenen und 5-6 Trauergäste. Es wurde aber auch gelacht. Wenn die Ehefrau ging, wurde sie von zwei Frauen gehalten. Hinter der Frau an der Wand stand die Totenmatte. Als ich sie fotografieren wollte, bat man mich zu warten, bis man ihr in der Mitte ein Tuch umgelegt hatte, wie es bei Totenmatten eigentlich immer sein sollte. – Etwas später stattete auch Leanders Frau dem Haus einen Trauerbesuch ab.

Grab des Verstorbenen

Die hinterbliebene Tochter und Gäste

Gräber in Zamsa, Avarisi Yeri (fn 78, 3b): Zwischen der Straße und dem jetzigen Haus liegt ein guuk, der nur aus einem flachen Hügel besteht. Dort befinden sich zwei bogluk-ähnliche, steinlose Gräber von Avarisik und seiner ersten Frau, die früher im Inneren des heutigen guuk errichtet worden waren.

Zwei Gräber in Zamsa

 

ENDNOTEN  (TOD) 1-42

1 Das eigentliche Verb für ‘sterben’ ist kpi, für Tod “kum“.

2 Vgl. Kapitel 6.4 (Totenreiche)

3 Siehe BULUK Nr 4 (2005): 59-61

4 S. Kröger 2013

5 (Akanming, fn 88,274a): Nach dem Tod und der Bestattung eines juik-Besitzters legen die Totengräber das Fell auf das Grab. Angehörige und Freunde dürfen nicht weinen, bevor das Fell nicht vom Grab genommen und weggeworfen wird. Das juik erhält keine weiteren Opfer mehr (vgl. Kröger 2013).

6 Vgl. Schott 1973/74: 290 und Kröger 1978: 285-87.

7 In meinem Wohngehöft Anyenangdu Yeri in Wiaga-Sinyangsa-Badomsa werden gewöhnlich vier nahegelegene Gehöfte als kobisa bezeichnet, deren Gehöftherren (1988) von einem Vater abstammen, nach dessen Tod sie ihre eigenen Gehöfte gründeten.

8 Yaw, fn 06,32b: Eine solche offizielle Verkündigung des Todes durch den san-yigma heißt tenglori.

9 Name des Besuchs ist paaka oder paarika, ‘Ankommen’, d.h. Erkundigung, ob die Gruppe nach ihrem Besuch in Asik Yeri wieder gut zu Hause angekommen ist. Der jianta-Besuch, bei dem man sich nach der “Müdigkeit” (jianta) nach dem Heimweg erkundigt, ist kein reiner Höflichkeitsbesuch. Für den Tod eineer alten Frau in Wiaga-Badomsa wurde mir gesagt, dass eine Abordnung ihrer Vatersektion Kubelinsa bei der Bestattung anwesend war. Als sie abzogen, nahmen sie die Seele (chiik) dere Toten mit nach Kubelinsa. Erst nach dem Gegenbesuch (jianta) zog ihre Seele wieder mit den Besuchern zurück nach Badomsa, wo sie sich danach im kpilima dok in oder bei ihrer Totenmatte aufhielt. Dieser Glaube besteht nach Danlardy Leander im ganzen Bulsaland (fn 06,4b).

10 Hexen (sakpaksa) erhalten später eine normale Totenfeier und ziehen auch in das Totenreich ein. Meine Informanten sind sich völlig uneins oder sie bekennen ein Nichtwissen in der Frage, ob böse Taten nach dem Tode irgendwie bestraft werden. “Es ist noch niemand zurückgekommen”, sagte mir ein Gehöftherr. Nach Godfrey Achaw (fn 73,54b) erhalten nur böse Hexen, die von einem tanggbain getötet wurden, keine Totenfeier. Gute Hexen, d.h. Menschen mit der Veranlagung zur Hexerei, erhalten eine Totenfeier. Man findet die ausgeübte Hexentätigkeit zum Beispiel durch das noai-boka Mattenordal heraus (s.u.).

11 Bei einem Trauerbesuch vor der Bestattung wäre es wohl der Leichnam des Toten auf der Matte gewesen.

12 Weitere Einzelheiten zu Agoalies Tod, Bestattung und Totenfeier siehe Kapitel 3.7.3.

13 (Yaw, fn 94, 42b): Bei einer Bestattung im Viehhof darf keiner von einem Flachdach aus zuschauen.

14 Nach Danlardy Leander (fn 88,204b) geht piisim auch von anderen Objekten aus, selbst dann wenn man nichts riechen kann: von menschlichem Kot, von toten Tieren (z.B. den nang-foba Tieren auf dem tampoi, s.u.), und von Kleidung, die während des Einsetzens des Todes getragen wurden. Auch wenn ein keramischer Grabdeckel (boosuk) zerbricht, steigt piisim auf, obwohl der Schacht mit Erde angefüllt wurde. Ein Totengräber muss dann eine neue Schale aufsetzen. Durch Einatmen von piisim kann der Körper anschwellen.

15 (fn 88,241a) Als Adaapiim zu einem echten Totengräber initiiert wurde, der auch schon verwesende Menschen begraben kann, musste er folgende Dinge selbst mitbringen: 1 Schaf, 1 Ziege, 6 Hühner, 5 Perlhühner, Salz und Fett (kpaam). Alle Tiere wurden der neuen vayaam-Medizin geopfert. – Das Initialritual heißt vaam deka (Essen der vayaam Medizin).

16 Diese Matte, an der sehr stark der Totengeruch (piisim) klebte, wurde vor der Kumsa-Totenfeier gegen eine andere ausgetauscht.

17 Dieses war in früheren Zeiten die traditionelle Bekleidung, die vaata (‘Blätter’) genannt wurde. Heute wird sie nur noch bei rituellen Anlässen getragen, z.B. bei Totengedenkfeiern. Auch einige Erdschreine (tanggbana) verlangen von Frauen diese Kleidung, während der männliche Opferer völlig unbekleidet ist.

18 Agbong, ein jüngerer Mann aus Wiaga-Longsa, war der leitende aktive Totengräber, der Anweisungen an die jüngeren Totengräber gab, selbst bei vielen körperliche Arbeiten (z.B. Ausschachten des Grabes) mithalf und wichtige rituelle Aufgaben übernahm, während der alte Agyenta (aus Yisobsa) die meiste Zeit im Kusung bei den Elders saß und wichtige Entscheidungen mittrug.

19 Grabschächte alter Männer erreichen eine Tiefe bis zu 2 Metern. Trotzdem gibt es in neuerer Zeit Kritik an der Bulsa Praxis, Tote in Gehöftnähe außerhalb von Friedhöfen zu begraben. Ein generelles Verbot wird zwar mitunter diskutiert, ist aber wohl kaum durchführbar. Auf dem Höhepunkt der Regenzeit 1988 soll ein Toter, bzw. sein Knochengerippe aus einem Grab ausgespült und von den Fluten davongetragen worden sein, bis es in einem Baum hängenblieb.

20 Information durch Anamogsi (fn 02,16b). Anamogsi wusste nicht genau, ob der männliche Toten die Hackenblätter für den Ackerbau im Jenseits gebrauchen kann. Alte Männer werden nach Anamogsi in ihrem Smock (garuk) begraben.

21 Dieses Wasser wird kpilima nyiam (Ahnenwasser) genannt. Kpilima soll hier weniger direkt auf die Ahnen hinweisen, sondern hat auch in anderen Wortzusammensetzungen die Bedeutung “scheinbar, vorgetäuscht, virtuell”, z.B. in kpilima puuk (Schein-Schwangerschaft), kpilima wie (Cellulitis) und kpilima noai (untere Einkerbung am Blasloch einer Holzflöte, die nicht benutzt wird).

22 Leander Amoak, fn 81,14b; Atuick (2013, Buluk 7)

23 Die ausgebreitete Schlafmatte wird tiak genannt, die aufgerollte ta-pili. Die Grundbedeutung von yigi ist ‘ergreifen’.

24 Nach einer anderen Information nimmt die Rituandin die Speisen in den Mund und spuckt sie dreimal wieder aus.

25 Das gaasika-Ritual fand auch später nicht statt, zumal Abasimi (yeri-nyono eines verwandten Nachbarhauses), der es als ritueller Leiter ausführen sollte, kurz nach der hier beschriebenen Bestattung starb. Eine ausführliche Beschreibung der gaasika und ponika-Riten finden sich bei Kröger 1978: 221-225. Das dem gaasika der Bulsa ähnlichen Ritual gaasing wurde für die Koma beschrieben und durch Fotos illustriert in Kröger und Baluri 2010: 375-79, 393-95.

26 Es wurden Hühnerkot und die Blätter einer Pflanze, die Anamogsi hier ti-baasa (schlechte Medizin) nannte, verbrannt. Den wirklichen Namen der Medizin durfte er mir nicht sagen.

27 Nach Danlardy ist krupaani eine gute und/oder schlechte Komponente der menschlichen Persönlichkeit. Krupaani “acts in a human being”. Ein Totengräber, der kein krupaani hat, kann keinen Toten begraben. Andererseits: Wenn jemand von krupaani besessen ist, wird er aggressiv und zerstört alles.

28 Siehe auch Kapitel 3.8.1.1.

29 Siehe Genealogie Abadomgbana-bisa, Anhang 2.

30 Ibid.

31 Ibid.

32 Aduedem Alanjo, (Sandema-Pungsa), 08/02/2019).

33 [Aduedems Fußnote] Kröger, “Returning Home as a Dead Man”, 2016.

34 [Aduedem, Fußnote 22] The sacrifices involve pouring the zo-nyiam in front of the grave and afterwards the gravediggers drink the rest of the zo-nyiam, then the fowl is moved three times (for a man, four times for a woman) over the grave hole, and then killed by knocking it against the dachoruk-spade and stepping on it with the bare feet. A gravedigger opens three groundnuts and places the seed on the ground near the grave together with a small portion of tobacco. Another kills the goat which is immediately cut into pieces on a bundle of millet straw. The remainder of the food and drink that had not been sacrificed are given to the gravediggers. (cf Kröger, Returning Home as a Dead Man, 2016).

35 [Aduedems Fußnote] Cardinall, The Natives of the Northern Territories of the Gold Coast, 108.

36 Aduedem, 2019.

37 Cardinall, The Natives of the Northern Territories of the Gold Coast, 108.

38 [Aduedems Fußnote] It shows physical separation of the dead person from the living and the last born is his stop in terms of generative processes (birth). [F.K.: bogta < bogluta, shrines; nari = waschen].

39 [Aduedems Fußnote] Franz Kröger, Buli―English Dictionary… 1992.

40 Aduedem, 2019.

41 Aduedem, 2019.

42 Ich habe die Examensarbeit in Wiaga gelesen und konnte mir Auszüge abschreiben, besitze aber kein eigenes Exemplar (F.K.).

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